Ein paar Kilometer südlich von Rotterdam hat der Zufall eine Schatzgrube an alten Autos zutage gefördert. Der Eigentümer kann nicht mehr selbst über die Oldtimer verfügen. Was fängt man nun mit den mehr als 200 hochkarätigen Modellen an?

Korrespondenten: Helmut Hetzel (htz)

Er heißt Ad Palmen. Er ist ein Eigenbrötler. Alleinstehend. Er lebte abgeschieden in einem kleinen Reihenhaus im niederländischen Dordrecht. Er ist steinreich. Er war ein Autohändler und Autoliebhaber – und ein außergewöhnlicher Autosammler. Nun aber leidet der achtzigjährige Palmen an Demenz und wird in einem Altenheim in Rotterdam gepflegt. Zeit seines Lebens sammelte er alte Autos. Seine Oldtimersammlung ist eine Schatzgrube – und diese wurde kürzlich entdeckt.

 

230 Oldtimer stehen in einer riesigen Halle in Dordrecht südlich von Rotterdam, darunter zahlreiche interessante Modelle: alte Ferrari, Bugatti, Lincoln, Chevrolet, Mercedes, BMW, Audi, Lamborghini. Die Autos sind von unschätzbarem Wert. Sie sollen demnächst versteigert werden. Sie wurden zufällig entdeckt, weil in der Halle, in der die Oldtimer stehen, ein Feuer ausgebrochen war. Dieses wiederum wurde glücklicherweise rechtzeitig gelöscht, sodass die alten Autos nicht in Flammen aufgingen.

„Ein seltsamer Mensch“

Palmen lebte offenbar sehr zurückgezogen. „Er war ein seltsamer Mensch, ich habe nicht einmal seinen Vornamen gekannt“, berichtet eine Frau aus seiner Nachbarschaft. Sie habe mehrmals versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen. „Das war nicht leicht. Manchmal öffnete er nur das Fenster, wenn man mit ihm reden wollte. Die Tür blieb immer zu. Einmal erzählte er mir, dass er sehr reich sei.“

Vermutet wird, dass Palmen ein Vermögen von seinen Eltern geerbt hatte, denn diese besaßen einen großen Bauernhof bei Rotterdam. Das Land des Hofs wurde einst vom niederländischen Staat aufgekauft, weil es für den Bau einer neuen Autobahn benötigt wurde. Die Haager Regierung soll Millionen für den Hof der Familie Palmen bezahlt haben – und mit diesem Vermögen im Hintergrund war Palmen wohl in der Lage, die Oldtimer zu kaufen.

Weil Palmen nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, haben Kuratoren die Verantwortung für die Oldtimersammlung übernommen und sie verkauft. Der neue Besitzer ist Carlo te Lintelo von der Gallery Aaldering, die sich auf den Kauf und Verkauf von Oldtimern spezialisiert hat.

Te Lintelo ist außer sich vor Freude, als er durch die Autosammlung von Ad Palmen läuft. „Das ist unglaublich. Ich kann kaum glauben, was ich hier sehe. Hier ein Ferrari 365, hier die Monica, ein französisches Auto, von dem nur 13 Exemplare gebaut wurden, dort ein, zwei, drei Bugattis. Einfach toll“, schwärmt te Lintelo, und er fügt hinzu: „Was mir auffällt: Der Herr Palmen hatte ein Faible für Autos mit Schiebedach und für Oldtimer, die noch das originale niederländische Kfz-Kennzeichen haben.“ Und weiter: „Dass ich diese Sammlung kaufen konnte, ist das Sahnehäubchen auf meiner Arbeit.“

Das zuletzt angekaufte Auto von Herrn Palmen sei eine Chevrolet Corvette. „Leider können wir ihn nicht mehr fragen, wo er alle diese Oldtimer eingekauft und was er dafür bezahlt hat.“

Die Sammlung soll – fast – im Ganzen versteigert werden

„Aus Respekt vor Herrn Palmen“, so te Lintelo, sollen nicht Einzelstücke verkauft, sondern soll die Sammlung als Ganzes versteigert werden. Das Interesse sei jetzt schon überwältigend, weil die Medien groß darüber berichteten. Den ein oder anderen Oldtimer aus der Palmen-Kollektion wolle er dann aber doch für sich und seine eigene Sammlung behalten, sagte te Lintelo. Welche? Antwort: „Das verrate ich nicht.“

Großes Interesse an der Kollektion dürfte das Louwman-Automobil-Museum in Den Haag haben. Das Museum verfügt über eine private Sammlung von Oldtimern, zu denen Modelle der Fabrikate Bugatti, Isotta Fraschini, Hispano-Suiza und Duesenberg gehören. Das Louwman-Museum zeigt derzeit 300 Exponate und könnte mit dem Erwerb der Palmen-Oldtimer seinen Besitz an alten Autos mit einem Schlag fast verdoppeln.

Autolegenden im Louwman-Museum

Museum
 Louwman zeigt beispielsweise Modelle der niederländischen Marke Spyker, darunter auch den Spyker 60 H.P. von 1903, das erste allradgetriebene Automobil mit einem Verbrennungsmotor, sowie einen Aston Martin, den James Bond im Film „Goldfinger“ fährt. Auch die legendären Silberpfeile von Mercedes waren im Louwman-Museum schon zu sehen – erstmals überhaupt außerhalb Deutschlands.

Eigentümer
Die Louwman-Oldtimersammlung wurde von dem Autohändler Pieter Louwman zusammengestellt. Er kaufte 1914 seinen ersten Dodge in den USA. Der heutige Eigentümer der sehenswerten Louwman-Sammlung ist Pieters Sohn Evert Louwman. Er ist der niederländische Importeur von Marken wie Lexus, Toyota, Chrysler und Suzuki.