„Hilfe für den Nachbarn“, die Spendenaktion der Stuttgarter Zeitung, unterstützt den Verein Kinderhelden: Dieser leistet mit seinem Engagement für mehr Chancengleichheit von benachteiligten Kindern gerade in Coronazeiten besonders wertvolle Arbeit.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Die zehnjährige Vin ist eine Leseratte – ein Buch pro Woche, das ist ihr Minimum und vorzugsweise Pferdegeschichten müssen es sein. Schuld daran ist ihre Kinderhelden-Mentorin Christine Böhmer. Vor genau drei Jahren wurden die beiden gematcht, so heißt das im Fachjargon des Vereins, der sich zur Aufgabe gemacht hat, benachteiligte Kinder durch Lerntandems zu fördern.

 

Als Vin und Christine Böhmer sich zum ersten Mal trafen, besuchte das Mädchen aus einer syrischen Flüchtlingsfamilie noch die Vorbereitungsklasse. Heute spricht sie astrein Deutsch und berichtet begeistert von den Ausflügen mit Christine: „Kürzlich waren wir Riesenrad fahren. Aber wir gehen auch ins Kino, wenn kein Corona ist, oder ins Freibad oder wir grillen. Wir machen viel draußen.“ Und dann sind da die regelmäßigen Besuche in der Stadtteilbibliothek, wo sich Vin mit neuem Lesestoff versorgt. Natürlich werden auch Hausaufgaben zusammen gemacht, aber das Kinderheldenprojekt will erklärtermaßen auch die Persönlichkeit der Kinder stärken, dann geht das Lernen oft von selbst besser. „Vin hat eine wahnsinnige Entwicklung gemacht“, freut sich die Mentorin. Sie arbeitet Vollzeit bei Bosch in Heilbronn, und der Freitagnachmittag gehört für zwei bis drei Stunden Vin.

478 Stuttgarter Kinder werden unterstützt

Der Verein Kinderhelden ist seit sechs Jahren aktiv und unterstützt in Stuttgart 478 Kinder, meist Grundschüler. Weil seiner Arbeit in den vielen Wochen der geschlossenen Klassenzimmer und des vielfach mehr schlecht als recht funktionierenden Online-Unterrichts eine ganz besondere große Bedeutung zukam, hat „Hilfe für den Nachbarn“ die Kinderhelden für ihr Lernförderungsprogramm „Ich kann’s“ mit einem namhaften Betrag unterstützt.

Denn auch ehrenamtliche Mentoren müssen geschult und betreut werden, es müssen Lernmaterialien gekauft und die Aktivitäten koordiniert werden. Jeder Mentor und jede Mentorin schreibt ein Tagebuch, das monatlich an das Kinderhelden-Büro geht. Der Verein seinerseits erkundigt sich bei den Kindern und den Lehrern, wie die Zusammenarbeit klappt. In Stuttgart ist er 2014 gestartet und ist heute bundesweit tätig: In Heidelberg, Mannheim, Wilhelmshaven, in Hannover und Hamburg und seit Kurzem auch in München. Bundesweit werden 1117 Kinder betreut. In Stuttgart kooperiert der Verein mit 13 Grundschulen und einem Gymnasium mit dem Projekt „Übergang sichern.“ Die Tandem-Kinder kommen aus bildungsfernen oder bedürftigen Familien oder haben einen Migrationshintergrund so wie Vin. Ihre Mutter ist verwitwet und mit ihren Kindern aus Syrien geflüchtet.

Die Zehnjährige hilft jetzt im Deutschkurs

„Ich habe mich während meines Soziologie-Studiums eingehend mit sozialer Ungleichheit beschäftigt. Dieses Thema hat mich schon immer umgetrieben“, erzählt Geschäftsführer Ralph Benz. Zusammen mit Lynn Schöllhorn und Ingeborg Gerber hat er den Verein gegründet – und damit sind sie überaus erfolgreich. Etliche Preise hat der Verein erhalten, auch von der Stadt Stuttgart, die ein wichtiger Partner ist, betont Benz. Ebenso die Firma Bosch, die verlässlich um Ehrenamtliche wirbt.

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Auch Christine Böhmer kam so dazu. „Die Mentoren sind in der Regel 20 bis 45 Jahre alt, meist haben sie noch keine eigenen Kinder. Der kleinere Teil ist über 55 Jahre alt, und da sind die Kinder bereits aus dem Haus“, erklärt Benz. „Ich habe einen privilegierten Status und dachte, dass ich in Deutsch und der Leseförderung etwas bewirken kann“, sagt Christine Böhmer. Das hat seine Wirkung nicht verfehlt, denn Vin ist eine gute Schülerin und hilft den Teilnehmerinnen im Deutschkurs ihrer Mutter bei den Aufgaben.

Bloß kein Lockdown für die Schule

Ihr größter Wunsch ist, dass die Schulen offen bleiben. Während der Schulschließungen war ihre Mentorin besonders wichtig. Vin hatte von ihrer Schule zwar ein Tablet bekommen, aber die täglichen Videotelefonate mit Christine Böhmer waren notwendig, um dem Unterricht zu folgen. „Vin hat die Arbeitsblätter mit dem Handy fotografiert und mir geschickt. Dann haben wir sie über Videotelefonie gelöst“, berichtet sie. Inzwischen ist Vins Familie umgezogen, und sie besucht keine Kooperationsschule mehr. Aber an ihrem Tandem halten die beiden fest. Schließlich wollen sie als Nächstes nicht nur die Pferde aus den Mädchenbüchern kennenlernen, sondern auch Ausflüge zu leibhaftigen Stuten und Hengsten machen. Und demnächst nimmt Vin am Vorlesewettbewerb ihrer Schule teil: mit guten Aussichten auf einen Preis.

Der Verein sucht ehrenamtliche Mentoren und Mentorinnen. Nähere Informationen unter www.kinderhelden.info.

Hilfe für den Nachbarn

Das Spendenkonto:
IBAN DE53 6005 0101 0002 2262 22
BIC SOLADEST600
Kennwort: „Hilfe für den Nachbarn“

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