Mittlerweile lebt das Paar in China. „Dana leistet dort eine Menge Aufklärungsarbeit“, sagt Sebastiano Russos Schwester Romina Lais. Eine heikle Situation, ist China doch aktuell einer der wenigen Verbündeten Russlands. Über die sozialen Medien poste ihre Schwägerin regelmäßig Videos, Informationen und Fotos von der Familie in der Ukraine, um auf die Realität mitten im Krieg aufmerksam zu machen. Denn die Möglichkeiten an unabhängige Informationen zu kommen sind in China ähnlich dürftig, wie in Russland. Seit Kriegsbeginn hat Dana von China aus zudem Spendenaktionen initiiert und verschiedene Hilfsaktionen ins Leben gerufen. Mittlerweile wird die junge Frau von der ukrainischen Botschaft in Peking unterstützt, um vor Ort eine offizielle Hilfsorganisation gründen zu können.
In China muss das Paar durchaus aufpassen, was es sagt
Das Paar lebt vielleicht nicht in ständiger Angst, aber „aufpassen müssen sie schon“, sagt Romina Lais. Aus diesem Grund möchte Dana auch nicht, dass ihr Nachname oder die Namen ihrer Eltern öffentlich erscheinen. „Allerdings gibt es auch in Peking viele Ausländer und Chinesen, die helfen wollen“, sagt die Schwägerin. Und dafür kann und will Dana Kanäle schaffen.
Danas Eltern halten dagegen nach wie vor in ihrem Heimatland die Stellung. „Die Eltern sind beide Ärzte und sehen es als ihre moralische Pflicht, dortzubleiben und zu helfen“, erzählt Romina Lais. „Die Ukrainer haben jahrelang für eine bessere Zukunft und den Frieden gekämpft und viel dafür geopfert, deshalb wollen sie jetzt für ihre Unabhängigkeit einstehen.“
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Die Stadt Lubny, in der die Schwieger-Familie der Russos lebt, befindet sich in der Zentralukraine und wurde bislang von Bombenanschlägen verschont. Noch. Die Gemeinde der Stadt Lubny sammelt und verteilt derzeit humanitäre Hilfspakete und liefert sie an Brennpunkte. Sämtliche Freiwilligen, die Schutzausrüstungen brauchen, müssten diese allerdings selbst finanzieren und beschaffen, da die Regierung in erster Linie das Militär in den Brennpunkten des Krieges beliefere. Unterstützt werden sie von privaten Helfern oder der Gemeinde, berichtet Romina Lais.„Das ist ein großes Problem dort“, sagt sie. Alles ist kompliziert, kaum einer hat noch einen Überblick, aber „es ist der Eindruck entstanden, dass große internationale Organisationen, zum Beispiel das Rote Kreuz, in dieser komplexen Realität versagen”, berichtet Danas Schwägerin.
Hoffnung auf eine freie Ukraine
Um die Stadt und die Zivilsten zu unterstützen, hat das Eiscafé Angelo vor einigen Wochen eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Wer ein Eis kauft, kann ein beliebiges Trinkgeld in eine Spendenbox einwerfen. Der Erlös geht dann an die Gemeinde von Danas Herkunftsstadt Lubny. Bislang wurden etwa 600 Euro eingenommen, die bald ihren Weg in die Ukraine finden sollen. Danach wird die Spendenaktion weiterlaufen.
Auch sonst ist es den Russos eine Herzensangelegenheit, die Ukraine zu unterstützen, wo sie können: Eine Konditorin aus der Ukraine könnte sie vielleicht bald bei der Eisproduktion in Aidlingen unterstützen. „Außerdem haben wir Danas Familie und Freunden angeboten, bei uns zu wohnen und zu arbeiten“, sagt Romina Lais. Allerdings hätten alle dankend abgelehnt. „Dort herrscht ein wahnsinniges Gemeinschaftsgefühl – so viele sind bereit, ganz selbstverständlich alles zu geben. Ohne Zögern, aber wohl wissend, wie es ausgehen kann.“
Danke für jede Art der Unterstützung aus Deutschland
Dana und Sebastiano wünschen sich nur eins: Dass der Krieg endlich endet und die Ukraine unabhängig und frei ist. Dafür erhoffen sie sich in Zukunft auch ein bisschen Bestimmtheit von der deutschen Politik. „Für uns ist es mit das Schlimmste, dass der Luftraum nicht gesperrt wird und dass noch gezögert wird, Kampfjets an die Ukraine zu liefern“, sagen die beiden.
Auch beim Thema Gas wünschen sie sich mehr Mut. Jeden Tag müssen sie aus der Ferne dabei zusehen, wie Familien auseinandergerissen, Kinder getötet und Städte zerstört werden. „Wir möchten auch die Menschen in Deutschland dringend motivieren, ihre Meinung zu sagen, damit die Politiker aufhören, diesen Krieg wegen des Gases mitzufinanzieren“, so Danas und Sebastianos Appell. Trotzdem wolle sie sich im Namen der Ukrainer für alle in Deutschland bedanken, die zur Ukraine stehen. Sie sagt: „Diese Unterstützung wird jetzt mehr denn je gebraucht.“