Die Corona-Not macht erfinderisch: Eine private Initiative in Stuttgart redet nicht nur von Solidarität mit Künstlern, sondern zahlt ihnen auch Geld aus. Ohne Auftritte geraten viele in Existenznot. Eine große Spendenaktion hat begonnen.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Der Terminkalender bleibt in der Corona-Krise über Wochen leer. Keiner weiß, wann es zurück auf die Bühne geht. Viele Künstler und Künstlerinnen fürchten um ihre Existenz, ebenso Beleuchter, Kostümbildner, Tontechniker. Wie staatliche Stellen auf die verhängnisvolle Lage reagieren, ob und wann Geld fließt, ist unklar. In Stuttgart hat sich nun eine private Initiative gegründet, die schnell und unbürokratisch Soforthilfen auszahlt. Jetzt beweist sich, wie solidarisch Menschen sind, die bisher Kultur genossen haben und nun etwas zurückgeben wollen an Kulturschaffende, die nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen können.

 

Vier Freunde haben die Künstleroffensive gestartet

Der Appell lautet: Wer mehr hat und dank einer Festanstellung mit einem sicheren Einkommen rechnen kann, sollte etwas abgeben. Jetzt wird sich beweisen, wie das menschliche Miteinander in dieser Stadt funktioniert. Gründer der Künstleroffensive sind vier Freunde: der Autor Joe Bauer, der Stadtrat Tom Adler, der Fernsehjournalist Goggo Gensch und Peter Jakobeit, der frühere Geschäftsführer der Stuttgarter Kulturgemeinschaft.

„Wir wollen unkonventionell was machen“, sagt Bauer, „daher haben wir den Aufruf mit privatem Geld als Grundstock gestartet.“ In kurzer Zeit kamen 15 000 Euro zusammen. Zu den ersten größeren Spendern zählen Schauspieler Walter Sittler, Jazzopen-Veranstalter Jürgen Schlensog, Theaterhaus-Chef Werner Schretzmeier sowie die vier Gründer der Initiative selbst. Je 300 Euro wurden bereits mehrfach als Soforthilfe ausgezahlt.

Auch Veranstaltungstechniker werden unterstützt

„Etwas Geld abzudrücken betrachte ich nicht als einen Almosen-Akt oder als gute Tat“, erklärt Stadtflaneur Joe Bauer, „kulturelle Arbeit ist für das Klima unserer Gesellschaft unverzichtbar.“ Wenn jetzt alle cool vom „Shutdown“ redeten, müsse das nicht heißen, dass auch der Showdown begonnen habe. „Die Corona-Not kennt zwar mehr als ein Gebot, macht aber auch erfinderisch“, sagt Bauer. Viele Künstler haben bisher nicht allein von der Kunst leben können. Etliche Musiker jobbten nebenher in Kneipen und Bars, die jetzt auch geschlossen sind – so brechen sämtliche Einnahmen weg.

Den Begriff „Künstler“ sieht die Initiative nicht eng, vielmehr gehe es um Unterstützung für Kultur im weitesten Sinn: Auch Veranstaltungstechniker und andere gehören zu dem Kreis, der unterstützt wird.

Gesammelt wird über den gemeinnützigen Verein „Kulturimpuls Grundeinkommen e.V.“, der sein Konto bei der GLS Bank (IBAN DE21 4306 0967 7005 4549 00) hat. Empfänger: Kulti e.V., Verwendungszweck: Künstlersoforthilfe. Anfragen per E-Mail an: kuenstlersoforthilfe@posteo.de. Die Nummer des Kontakttelefons lautet: 01 52 01 32 62 86.