Manfred Schaible ist am Ziel: Das Besucherbergwerk im Wald bei Spiegelberg-Jux soll am Sonntag, 30.  September, eröffnet werden.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Spiegelberg - Die Jahre des Suchens, des Buddelns und Graben sind vorbei. Das Landesamt für Geologie hat die Sache jetzt offiziell genehmigt. Am Sonntag, 30.  September, wird das Besucherbergweg bei Spiegelberg-Jux eröffnet.

 

Ohne Manfred Schaible wäre der alte Wetzsteinstollen an der Verbindungsstraße von Oberstenfeld im Kreis Ludwigsburg hinauf in das Dorf Jux vermutlich nie gefunden worden. Der Pädagoge, Gemeinderat, passionierte Heimatforscher und Tüftler mit einem Faible für das Eisenbahnwesen hatte immer wieder von seinem Plan erzählt, den alten Stollen aufzuspüren. Manche Leute haben den Mann, der stellvertretender Bürgermeister in Spiegelberg ist, belächelt, andere haben ihm viele Glück gewünscht. Schaible erinnert sich an viele Gespräche: Oft habe er „fünf Juxer gefragt, sieben Antworten bekommen, und alle waren falsch“.

Vor gut zwölf Jahren hat er dann tatsächlich einen damals 82-jährigen Mann aus Neulautern ausfindig machen können, der sich erinnerte. Sein Vater habe einst in dem Wetzsteinstollen gearbeitet, so der alte Mann. Er führte Schaible zu dem Ort, an den anno 1881 der sogenannte Neue Bruch eröffnet worden war. Schaible und ein paar Helfer machten sich sofort an die Arbeit, sie wühlten sich mit Spaten und mit einem Bagger durch den Waldboden. Nach ein paar Tagen stießen die Höhlensucher auf die rechte obere Ecke des Stollenmunds. Die Höhle war zunächst kaum mehr zu erkennen, denn die Sohle war meterhoch mit Gesteinsbrocken und Matsch bedeckt.

In den vergangenen Jahren haben Schaible und zwei, drei andere Ehrenamtliche unermüdlich geschuftet, ungezählte Samstage haben sie geschaufelt. Jetzt ist der vermutlich rund 200 Meter tiefe Stollen zu immerhin rund 45 Metern freigelegt und fachmännisch abgestützt worden. Das Projekt hat laut Auskunft des Spiegelberger Bürgermeisters Uwe Bossert rund 45 000 Euro gekostet. Die Kommune trage rund die Hälfte des Betrags, man habe einige Zuschüsse und diverse Spenden erhalten.

An diesem warmen Augustnachmittag stehen Bossert und Schaible vor dem mit einem Eisengitter verriegelten Zugang zum Bergwerk. Die beiden Männer strahlen wie zwei Buben, die dem Besucher endlich ihr Lieblingsspielzeug präsentieren dürfen. Willkommen im Besucherbergwerk Jux, das „aus einer Not heraus“ entstanden sein dürfte, referiert Manfred Schaible. In Jux seien bereits Anfang des 19. Jahrhunderts Wetzsteine hergestellt worden. Als die Brüche nicht mehr ergiebig waren, habe man sich entschieden, einer Gesteinschicht in den Berg hinein zu folgen. Es blieb ihnen gar keine andere Wahl: Die Juxer mussten sich in den Hang hinein graben. Bald wurde eine unterirdische Rollbahn gebaut, um die Steinbrocken an das Tageslicht zu befördern.

Ein Toter bei einem schweren Unfall

In alten Dokumenten heißt es, der Stollen führte im Jahr 1899 bereits 150 Meter weit waagerecht ins Erdreich hinein. 1903 wurde von der Sparkasse ein Darlehen von 230 Mark gewährt zur Erneuerung des hölzernen Ausbaus des Bergwerks. 1911 bewirkte ein Gutachten des Gewerbeamts, dass die Wetzsteinproduktion in Jux eingestellt werden musste. Der Stolleneingang wurde mit Erde verfüllt. Drei Jahre später pachtete der Spiegelberger Geschäftsmann Johannes Weinmann den Stollen, ließ ihn wieder freigraben und nahm die Produktion wieder auf. 1922 wurde der Stollen erneut geschlossen, der Eingang verfüllt.

Schaible steht im rund zehn Grad kühlen Stollen, der von elektrischen Lampen beleuchtet wird. Er erzählt von anno dazumal – eine unterirdische Geschichtsstunde. Der Gymnasiallehrer, der seit Anfang August im (Un)Ruhestand ist, berichtet, dass sich im Stollen im letzten Produktionsjahr ein schwerer Unfall ereignet habe. „Die Juxer waren keine Bergleute, es wurde aber mit Dynamit gearbeitet.“ Bei dem Unfall sei ein Arbeiter getötet, ein anderer sei schwer verletzt worden. Der im Gesicht gezeichnete Mann sei im Raum Spiegelberg fortan als der „schwarze Karle“ bekannt gewesen.

Jetzt ist also rund ein Viertel des alten Bergwerks freigelegt, der Stollen ist so gut ausgebaut, dass er gefahrlos betreten werden kann. Alle 80 Zentimeter sind Stahlträger installiert. Ob eines Tages weiter gegraben wird, ist unsicher. Uwe Bossert sagt, es wäre wohl zu aufwendig. Manfred Schaible indes erzählt mit einem Funkeln in den Augen, dass es ihn schon arg interessieren würde, wie der verschüttete Stollen weiter hinten aussieht. In einem Bericht von 1899 habe der damalige Obersteiger Röhle protokolliert, dass „nur die ersten 60 Meter problematisch“ seien. Der Hobbyausgräber vermutet, dass das Bergwerk nach diesen 60 Metern noch im Originalzustand erhalten sein könnte, dass der Stollen im hinteren Bereich möglicherweise in massiven Stein gehauen worden sein könnte und deshalb vielleicht gar nicht hatte abgestützt werden müssen. Der Schultes guckt seinen Stellvertreter an und sagt: „Wenn es ein paar Leuten langweilig werden sollte, dann können sie ja eines Tages weitergraben.“