Die neue Spielkonsole Switch des Super-Mario-Konzerns zeigt im Praxistext, was sie zu bieten hat.
Stuttgart - Großer Bildschirm oder Jackentasche. Zu Hause vor dem Fernseher oder unterwegs. Stationäres und mobiles Gaming, das waren bisher zwei Welten. Mit seiner neuen Spielkonsole Switch hebt Nintendo diese Trennung nun auf. Wo und wie man spielt, solo oder mit Freunden, auf dem 6,2-Zoll-Touchscreen oder einem Full-HD-Fernseher, das soll allein von der Lust und Laune des Spielers abhängig sein. Die flexible Hardware macht es möglich, nahtlos zwischen den vielfältigen Möglichkeiten zu wechseln.
Die Hardware
Dass Nintendo sich mal wieder anschickt, die Gesetze der Spielewelt auf den Kopf zu stellen, wird einem schon beim Controller klar. Aus einem Eingabegerät macht Nintendo kurzerhand zwei. Joy-Cons heißen die beiden kleinen, überraschend präzisen Steuerungseinheiten. Man kann den einen in die linke, den anderen in die rechte Hand nehmen, sie mit einem kleinen Aufsatz zu zwei Minicontrollern umwandeln, Tasten oder Bewegungssteuerung benutzen – wie es eben am besten passt. Hier hat der Konzern die Grundidee der Wii weitergedacht, mit der ihm vor rund zehn Jahren ein echter Coup gelang. Dabei ist die Konsole selbst Recheneinheit und berührungsempfindliches Display in einem.
Die Praxis
Zur Inbetriebnahme wird die Basisstation einfach per HDMI-Kabel ans TV-Gerät angeschlossen. Will man auf dem großen Bildschirm spielen, steckt man das Switch-Tablet in die Halterung. Wird der Fernseher mitten im Spiel von einem anderen Familienmitglied beansprucht, nimmt man die Konsole heraus und kann praktisch ohne Unterbrechung weiterspielen. Dazu stellt man sie entweder auf, wofür es auf der Rückseite einen kleinen ausklappbaren Ständer gibt. Oder man steckt die beiden Seitenteile des Controllers seitlich an und hat damit eine mobile Konsole im XL-Format.
Kindern wird dieses flexible System gefallen. Vertreibungen aus dem Wohnzimmer führen nicht mehr zwangsläufig zum Spielende, und wenn der sonntägliche Familienbesuch bei Tante Erna ansteht, nimmt man die Switch einfach mit und spielt im Auto weiter. Der Bildschirm lässt sich schnell überall aufbauen, für eine spontane Mehrspieler-Partie drückt man jedem eine Joy-Con in die Hand. Und wenn man Bewegung braucht, klickt man die Handgelenksschlaufen an die Joy-Cons und spielt ein paar Runden Golf, Bowling oder was immer sich die Entwickler noch so einfallen lassen.
Auch erwachsene Spieler kommen auf ihre Kosten. Wie für die Wii wird es sicher auch für die Switch bald jede Menge Fitness-Apps geben. Mit zwei Joy-Cons zu spielen führt zudem zu merklich weniger Schulterverspannungen als – wie gewohnt – mit einem einzelnen Eingabegerät in der Hand. Wer es dennoch eher traditionell mag, schiebt die Joy-Cons in eine separat erhältliche Halterung, wodurch ein klassischer Controller entsteht.
Die Spiele
Zu den festen Ritualen bei einem Konsolenlaunch gehört die Präsentation möglichst vieler Starttitel. Auch hier überrascht Nintendo – allerdings im negativen Sinne: Das Angebot der auf Minispeicherkarten angebotenen Spiele ist, positiv ausgedrückt, überschaubar. Die Minispielsammlung „1-2-Switch!“ (Nintendo) und das Tanzspiel „Just Dance 2017“ (Ubisoft) demonstrieren die Möglichkeiten der Bewegungssteuerung, „Super Bomberman R“ (Konami) ist ein bombensicherer Multiplayer-Hit. Mit „Skylanders Imaginators“ (Activision) geht immerhin eine vor allem bei jüngeren Spielern sehr erfolgreiche Serie ins Rennen.
Mit diesem mageren Start-Line-up riskiert Nintendo jedoch den fatalen Eindruck, es gäbe kaum Spiele für die neue Hardware. Unter anderem das war es, was den Vorgänger Wii U von vornherein zum Scheitern verurteilt hat, obwohl dafür mittlerweile ein hochkarätiges Portfolio am Start ist. Über den eShop will Nintendo aber kontinuierlich weitere Titel als digitale Downloads nachschieben. Auch viele Dritthersteller haben für die kommenden Monate zugkräftige Titel angekündigt.
Die Blockbuster
Stets verlassen können sich Nintendo-Anhänger auf die bewährten Blockbuster-Marken. So erscheint am 28. April die Switch-Version des Bestsellers „Mario Kart 8“. Für viele Fans ist der Spaß-Racer schon allein ein Grund, sich die neue Konsole zuzulegen. Für den Herbst ist „Super Mario Odyssey“ angekündigt, und bereits im Sommer soll der jugendfreie Shooter „Splatoon 2“ erscheinen. Das Multiplayer-Spektakel macht deutlich, dass der japanische Konzern sehr viel mehr kann, als nur die alten Helden ins Gefecht zu schicken. Doch auch die haben es immer noch drauf. Das macht das bereits erhältliche „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ deutlich. Die neueste Folge des Fantasy-Epos entfaltet mit ihrer Comicbuch-Optik ein Videospielkunstwerk voller Action und Poesie. „Breath oft the Wild“ könnte durchaus als bislang schönstes „Zelda“ durchgehen und beweisen, dass eben nicht zwangsläufig die leistungsstärkste Technik, die höchstmögliche Auflösung, 3-D oder Virtual Reality nötig sind, um echte Videospielmagie zu entfachen.
Die Alternativen
Playstation 4 (Sony) Die PS4 (ab ca. 280 Euro) und die PS4 Pro (395 Euro) sind die derzeit leistungsstärksten Spielkonsolen auf dem Markt. Mit der Pro-Version antwortete Sony kürzlich auf die wachsende Nachfrage nach 4K, also Geräten, die Inhalte für die neueste Generation von TV-Geräten mit vierfacher HD-Auflösung liefern können. Wer einmal Spiele wie „Horizon: Zero Dawn“ auf einem 4K-Fernseher oder „Resident Evil: Biohazard“ mit einer Virtual-Reality-Brille gespielt hat, wird sich kaum noch mit weniger zufriedengeben. Sonys größte Stärke sind jedoch selbst produzierte, exklusive Titel wie „The Last Guardian“ und „Gran Turismo“ sowie die nachhaltige Förderung kleiner unabhängiger Produktionen. Zudem glänzt die PS4 mit zahlreichen Multimediafeatures – was aber auch auf den Konkurrenten von Microsoft zutrifft.
Xbox One (Microsoft) Wie Erzkonkurrent Sony hat auch Microsoft einige zugkräftige exklusive Marken im Angebot. Dazu gehören die Science-Fiction-Saga „Halo“ oder die Rennsportreihe „Forza Motorsport“. In den USA und in Großbritannien ist die Xbox One derzeit die meistverkaufte Spielkonsole. Ein Pluspunkt ist die „Abwärtskompatibilität“, durch die man viele Spiele, die für die immer noch sehr weit verbreitete Vorgängerkonsole Xbox 360 konzipiert sind, auch auf der neuen Hardware spielen kann. Neben der Standard-Hardware (ab ca. 245 Euro mit 1 TB Speicher) gibt es inzwischen auch die technisch aufgewertete Elite-Version (ab 395 Euro) und Xbox One S (ca. 300 Euro), die etwas kompakter ist und 4K-Videos abspielen kann. Gegen Ende des Jahres soll zudem der Nachfolger „Project Scorpio“ auf den Markt kommen.
Auf einen Blick
Preis:330 Euro (inkl. Konsole, Docking-Station, 2er-Set Joy-Con-Controller, Joy-Con-Halterung, Handgelenksschlaufen, HDMI-Kabel, Netzteil)
Bildschirm: 6,2 Zoll Multi-Touch-Tablet
Auflösung Tablet: 720p (1280 x 1020 Pixel), TV-Bildausgabe: 1080p Full-HD (1920 x1080 Pixel) über HDMI
Arbeitsspeicher: 4GB
Speicher: 32 GB (erweiterbar mit Micro-SD-Speicherkarten) und über USB angeschlossene externe Festplatten)
Preis für Zubehör: Jo-Con-Controller (2er-Set 80 Euro), Pro Controller (80 Euro), Tasche mit Schutzfolie (20 Euro), Joy-Con-Aufladehalterung (30 Euro)