Mit viel Tamtam präsentieren Microsoft und Sony ihre neuen Konsolen auf der Computerspiel-Messe E3. Die Playstation 4 punktet vor allem mit ihrem Preis: Sie wird 100 Euro billiger als die Konkurrenz. Kann Microsoft mit guten Spielen gegenhalten?

Los Angeles - Ein japanisches Spiel, gleich zu Beginn und noch dazu eines, das lange Zeit exklusiv auf den Konsolen des Erzkonkurrenten erschien. Dass Microsoft seine große Show ausgerechnet mit „Metal Gear Solid V: The Phantom Pain“ beginnt, kann man durchaus als Spitze gegen Sony sehen. Sogar der legendäre Schöpfer dieses Computerspiels, Hideo Kojima, erscheint leibhaftig auf der Bühne. Zwar sagt der nur einen belanglosen Satz in schwer verständlichem Englisch, aber es zählt ohnehin nur, hinterher sagen zu können: „Er war bei uns und nicht bei den anderen.“

 

Microsoft hat für seine Show auf der Messe Electronic Entertainment Expo, kurz E3 genannt, in das Galen Center in Los Angeles geladen, in das sonst mehr als 10.000 Basketball-Fans passen. Die Halle ist fast bis auf den letzten Platz gefüllt mit Medienvertretern; Stimmung und Lautstärkepegel erinnern an eine Sportveranstaltung. Mit viel Tamtam, bombastischer Lichttechnik und reißerischen Trailern werden Hardware und die dazugehörigen Spiele angepriesen.

Es geht Microsoft nicht nur um die Spielkonsole Xbox One, die der Konzern vor einigen Wochen präsentierte. Zunächst zeigt er Spiele für die im Design überarbeitete Xbox 360: „Hunderte“ von neuen Titeln sollen noch für die aktuelle Konsolengeneration erscheinen. Die Botschaft ist klar: Die bisher 76 Millionen Xbox-Käufer werden nicht vernachlässigt, wenn im November die Xbox One erscheint. Da alte Spiele auf der neuen Konsole nicht laufen, tut der Konzern gut daran, weiter um das Vertrauen der Fan-Gemeinde zu werben – zumal die Xbox One kein Schnäppchen ist. Viele Spieler werden lange dafür sparen müssen. Rund 500 Euro soll die neue Multimedia-Wunderkiste kosten.

Die Spiele sollen perfekte Illusionen bieten

Weil neue Spiele immer noch das gewichtigste Argument sind, um eine Konsole zu kaufen, konzentrieren sich der Xbox-Chef Don Mattrick und Phil Spencer, der Vizepräsident der Microsoft Game Studios, ganz auf exklusive Titel. Natürlich wird es ein neues „Halo“ geben. Die Scifi-Shooter-Reihe, die um eine gemeinsam mit Steven Spielberg entwickelte und exklusiv auf Xbox Live gezeigte Fernsehserie ergänzt werden soll, hat bereits der ersten Xbox-Generation zum Durchbruch verholfen.

Doch um Multimedia-Inhalte soll es heute nicht gehen. Schließlich ist Microsoft schon im Vorfeld dafür kritisiert worden, diese zu Lasten der Spieler zu sehr in den Vordergrund gestellt zu haben. Die in Los Angeles gezeigten Spiele lassen bereits erkennen, wofür die Rechenstärke der Xbox One gebraucht wird: Um etwa einen Sandsturm darzustellen, wirbeln Tausende und Abertausende von Sandkörnern durch die Spielwelt, bei Explosionen stieben Funken physikalisch korrekt in alle Richtungen und bei nebligen Szenen meint man mitunter, feinste Wasserpartikel in der Luft wahrnehmen zu können. Das alles führt zu einer atmosphärischen Wirkung, die die Spielgrafik mit gefilmten HD-Aufnahmen verwechselbar machen.

Die Technik soll jedoch mehr bewirken als optischen Naturalismus. In dem Rennspiel „Forza 5“ etwa wird es sogenannte „cloud powered opponents“ geben. Werden die Opponenten bei virtuellen Rennen bis jetzt von künstlicher Intelligenz gesteuert, analysiert das Spiel nun den Fahrstil des Spielers und kreiert auf dieser Grundlage Computergegner, die sich nicht wie Roboter, sondern wie richtige Menschen verhalten – eine nahezu perfekte Illusion. Da für solche Berechnungen die Leistung der Konsole nicht ausreicht, werden sie auf den Großrechnern des Konzerns, also in der „Cloud“, ausgeführt.

Wenige Stunden später holt der Konkurrent Sony in der Los Angeles Memorial Sports Arena zum Gegenschlag aus. Die Halle fasst mehr als 16.000 Zuschauer. Neben Basketball und Boxen gibt es hier Pop- und Rockkonzerte zu sehen, Michael Jackson und Bruce Springsteen sind hier aufgetreten. Das Außengelände gleicht einer Art amerikanischem Volksfest, auf dem die Gäste mit Gegrilltem und Icecream-Sandwiches verköstigt werden. Anders als Microsoft lässt Sony nicht nur Medienvertreter, sondern auch Fans in die Halle, was sich vor allem am Geräuschpegel bemerkbar macht: Es ist noch lauter als bei Microsoft – Stadionatmosphäre. Auf gigantischen Leinwänden werden Spielszenen gezeigt, die sich in Form von bunten Projektionen an den Wänden fortsetzen.

Die Playstation unterstützt auch gebrauchte Spiele

Auch deshalb wirkt Sonys US-Chef Jack Tretton etwas verloren auf der riesigen Bühne. Er beginnt seine Präsentation mit dem Sorgenkind des Konzerns, der portablen Playstation Vita, die bisher hinter den Erwartungen zurückblieb. Laut Tretton soll die Mobilkonsole der „ultimative Begleiter“ der neuen Playstation 4 werden.

Diese bereits vor Monaten angekündigte Spielkonsole ist auf der Messe E3 endlich auch zu sehen. Wie die neue Xbox One ist sie ein etwas kantig geratener Kasten, wirkt im Vergleich aber ein bisschen schmaler. Dass man sie aufrecht hinstellen kann, erinnert an die große Zeit der Playstation 2, die mit mehr als 167 Millionen weltweit verkauften Exemplaren die erfolgreichste Spielkonsole aller Zeit ist.

Auch Sony spart nicht mit Blockbustern. Dazu gehört das beeindruckende Scifi-Epos „Destiny“, das die Firma Activision in Zusammenarbeit mit Bungie, den Erfindern des „Halo“-Universums, entwickelt hat und das auch auf der Microsoft-Konsole erscheinen wird. Dass Sony noch immer herausragende Exklusivtitel herausbringen kann, bewies erst kürzlich das von Kritikern gefeierte Endzeit-Drama „The Last of Us“ für die Playstation 3.

Doch dann zündet Sony den eigentlichen Knaller: Die Playstation 4 unterstützt auch gebrauchte Spiele. Süffisant lächelnd versichert Tretton, dass der Besitzer seine PS4-Spiele ganz nach Belieben verschenken, verkaufen oder für immer behalten könne. Auch eine Online-Verbindung, wie sie bei der Xbox One einmal am Tag erforderlich ist, sei nicht zwingend – außer natürlich für Multiplayerspiele und Updates. Doch vor allem der angekündigte Kaufpreis der Sony-Konsole dürfte Microsoft zu schaffen machen: 399 Euro, also 100 Euro weniger als die Xbox One – das ist nicht mehr als Kampfansage zu werten, sondern als klarer Wirkungstreffer.

Nun ist erst einmal wieder Microsoft am Zug. Der Konzern muss beweisen, dass die Cloud-Unterstützung, die Sony erst für 2014 angekündigt hat, das Spielerlebnis tatsächlich bereichert. Er muss Kritiker besänftigen, die in der eingebauten Kamera ein mögliches Werkzeug sehen, das Wohnzimmer der Nutzer zu überwachen. Am Rand der Messe erklärten Microsoft-Offizielle, alle umstrittenen Funktionen wie das Erkennen der Personen vor dem Bildschirm ließen sich auch ausschalten. Aber vor allem hängt die Zukunft der Konsolen von der Unterstützung durch namhafte Drittentwickler wie Electronic Arts, Ubisoft oder Square Enix ab. Und für die haben die E3 und das Rennen um die neue Konsolengeneration gerade erst begonnen.

Die Computerspiel-Messe E3 in Zahlen

Die „Electronic Entertaiment Expo“, kurz E3, findet seit 1995 jährlich in Los Angeles, Kalifornien statt. Die E3 hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich und lockte zu ihren besten Seiten rund 70.000 Fachbesucher an. Nach mehreren Konzeptänderungen gilt sie auch heute noch neben Tokyo Game Show und der Kölner Gamescom als eine der drei wichtigsten Messen für Video- und Computerspiele.

Traditionell stehen bei der E3 die Hardware und die großen Blockbuster im Vordergrund, Titel für Gelegenheitsspieler sieht man dagegen kaum. Im vergangenen Jahr kamen 45.700 Besucher und 200 Aussteller zur E3. Für die Stadt bedeutete das rund 30.000 reservierte Hotelzimmer und einen Umsatz von etwa 40 Millionen Dollar. Nachdem in der Vergangenheit immer wieder einzelne Firmen ihre Teilnahme abgesagt hatten, zeigen in diesem Jahr die meisten namhaften Hersteller ihre Neuheiten.