Drei Achtjährige testen drei Spielplätze und kommen zu ganz anderen Ergebnissen als Erwachsene.

Stuttgart - Charlotte, Jakob und Laurin sind noch nicht richtig auf dem Spielplatz angekommen, da sitzen sie schon auf der Drehscheibe und bringen das Gerät mit dem Rad in der Mitte auf Touren. Das klappt gut, das Teil wird immer schneller. „Mir kommt gleich mein Toast aus dem Magen“, sagt Charlotte nach ein paar Runden. Zeit also, das Spielgerät zu wechseln.

 

Die drei Achtjährigen sind zum Spielplatztest angetreten. Welcher ist am spannendsten? Wo gibt’s die besten Spielgeräte? Was finden die Grundschüler doof? Dies gilt es, auf drei Plätzen herauszufinden.

Leipziger Platz (West)

Los geht’s am Leipziger Platz im Stuttgarter Westen. Der Spielplatz mit knapp 2250 Quadratmetern liegt an einer Grünanlage, was im Westen selten vorkommt, und sieht aus Sicht eines Erwachsenen tipptopp aus. Er ist sauber und ziemlich neu. Vor zwei Jahren erst hat die Stadt ihn für mehr als 90 000 Euro umgebaut. Es gibt Schaukeln, Klettertürme mit Sandrutsche, mit normaler Rutsche, einer Rutschstange und Balancierstäben. Außerdem sind Holzbalken und Seile fürs Gleichgewicht installiert. Vor allem für die Erwachsenen wichtig sind die vielen Sitzbänke unter Schatten spendenden Bäumen. Es ist also alles da, was ein Spielplatz braucht.

Das Urteil der Kinder lautet etwas anders. Die Freude über die Rutschstange ist schnell dahin. „Da rutscht man ja nur eine halbe Sekunde“, empört sich Jakob. Tatsächlich ist die Stange nur unwesentlich größer als er selbst. „Das ist was für Babys“, bestätigt Jakobs Zwillingsschwester Charlotte. Da kommen die beiden Schaukeln schon besser an, denn auf ihnen lässt sich der olympische Gedanke „Höher, Schneller, Weiter“ bestens umsetzen. Doch auch dabei gibt es was zu bekritteln: „Schaukeln gibt es auf jedem Spielplatz“, sagt Charlotte. Damit hat sie wohl Recht.

Holzbalken sind dafür nicht auf jedem Spielplatz Standard. Nur auf neueren gibt es sie häufiger. Von Spielplatzgestaltern werden sie heutzutage gerne genutzt, weil sie naturnaher sind. Und tatsächlich kommen die Balancierbalken auch bei den Kindern am besten an. „Das macht einfach Spaß“, sagt Laurin. Das Gesamturteil für den Spielplatz fällt aber mäßig gut aus. Laurin findet ihn „okay“, Jakob kann sich lediglich zu einem „Geht so“ durchringen. Auch Charlotte schüttelt den Kopf. Der Spielplatz sei etwas für Kleinkinder, so lautet die einhellige Meinung. Von diesen wird er auch meistens genutzt, denn um ihn herum liegen einige Kitas.

Pfarrstraße (Mitte)

Weiter geht es auf dem Spielplatz an der Pfarrstraße zwischen Bohnen- und Leonhardsviertel. Das Umfeld zwischen Parkhaus und Rotlichtviertel ist nicht so, wie sich Eltern es wünschen. Grün gibt es hier kaum, und wegen des hohen Metallzauns fühlen sich die Erwachsenen wie in einen Käfig gesperrt. Zudem ist der eigentliche Spielplatz recht klein. Die Stadt gibt ihn zwar mit 2928 Quadratmetern an, diese umfassen aber auch den angrenzenden Bolzplatz und den Bereich mit Tischen und Stühlen. Um die kleine Spielfläche wettzumachen, wurde hier in die Höhe gebaut – das kommt bei den Achtjährigen richtig gut an. „Was für ein geiles Teil“, platzt es aus Jakob heraus, als er das riesige Klettergerüst aus Seilen entdeckt, das aussieht wie ein Spinnennetz. Sofort klettern die drei nach oben, um auf der langen Rutsche wieder hinunter zu sausen. Den einzigen Kritikpunkt benennt Charlotte: „Die Rutsche könnte ein bisschen rutschiger sein.“

Der absolute Höhepunkt sind aber die Wasserspiele. Zwar fließt das Wasser nicht immer in die Becken, sondern gerne mal daneben, wie Laurin anmerkt, das tut der Freude aber keinen Abbruch. Es wird gepumpt, was das Zeug hält. Das Wasserrad dreht sich, und aus der kleinen Pfütze im Sand wird schnell ein ordentliches Matschbecken. Dass es neben den Wasserspielen noch einen Kletterturm mit einem Tunnel aus Seilen und einer Wackelbrücke gibt, geht etwas unter. „Das ist gut, aber nichts Besonderes“, urteilt Charlotte. Allenfalls das Dach auf dem Turm, dass ein bisschen Schatten spendet, sei bemerkenswert.

Immenhofer-/Zellerstraße (Süd)

Zuletzt geht es im Süden auf den Spielplatz, der zwischen der Immenhofer- und der Zellerstraße liegt. Der Zustand des rund 1330 Quadratmeter großen Platzes ist alles andere als erfreulich. Statt Sand gibt es nur Kies, in dem Hundekot liegt. Die Holzsitzbänke sind mit den Hinterlassenschaften der Vögel garniert und der Müll liegt neben dem dafür vorgesehenen Behälter. „Guck mal, die Wände sind alle tätowiert“, sagt Charlotte. In der Tat sind die Spielgerüste mit Schmierereien besprüht, die die Bezeichnung Graffiti nicht verdienen.

Charlotte, Jakob und Laurin machen lange Gesichter, die Erwachsenen auch. Zwar stören sich die Kinder nicht am Schmutz, dafür an der mangelnden Auswahl an Spielgeräten. Trotzdem entdecken sie zielsicher die beiden einzigen Attraktionen des Platzes – eine Kletterwand, die ein achtjähriges Kind aber mit drei Zügen erklommen hat, und Metallstangen, auf denen sie mit Stäben trommeln und einen ohrenbetäubenden Lärm erzeugen können. Der kleine Bagger in einem winzigen Sandkasten erweckt kein Interesse. Er ist nicht für Kinder in diesem Alter geeignet. Aber auch die fünf Schaukeln finden kaum Beachtung. „Es sollten Gummimatten drunter liegen statt Kies“, sagt Charlotte. Die beiden Jungs finden auch kaum Gutes. „Das ist total lasch hier“, meint Jakob.

Umso überraschender ist, dass Laurin und Jakob am Ende des Tests nicht diesen Spielplatz auf Platz drei wählen, sondern den am Leipziger Platz, weil es im Süden immerhin noch die Klangstangen gab. Charlotte reicht das nicht, sie wählt genau andersrum. Nur beim Gewinner sind sich alle einig: „Der coolste Spielplatz war der in Mitte.“ Aus Sicht des Erwachsenen war dieser als Negativbeispiel ausgewählt worden, doch der Test überzeugt: Die Freude der jungen Tester über die anspruchsvollen Spielgeräte haben die Umgebung vergessen lassen. Die Kinder selbst haben sich ohnehin nie für das Umfeld interessiert.