Spielzeug war ein Pandemiegewinner. 2022 musste die Branche jedoch einen Teil ihrer Zuwächse wieder abgeben – wie die Simba-Dickie-Gruppe.
Florian Sieber ist sich der eigenen Bedeutung bewusst. „Wir sind ein Querschnitt durch den Spielwarenmarkt“, sagt der Chef von Deutschlands größter Spielzeuggruppe Simba Dickie in Fürth. Mit 45 Tochtergesellschaften und Marken wie Big (Bobby Car), Noris und Zoch (Brettspiele), Corolle (Puppen) oder Eichhorn (Holz) setzt in Deutschland niemand mehr Geld mit Ware für Kinderzimmer um als die Franken. Dazu kommt der außerhalb der Gruppe geführte Modelleisenbahnbauer Märklin in Göppingen. Aber 2022 ist es nach zwei Boomjahren weniger geworden. „Die Gruppe hat einen Umsatz in Höhe von 702 Millionen Euro erreicht, sieben Prozent unter Vorjahr“, bilanziert Finanzchef Manfred Duschl. Er und Sieber sind dennoch zufrieden, weil sie lange Schlimmeres befürchtet hatten.
Umsätze im Spielwarensektor sind im Jahr 2022 zurückgegangen
Zudem muss Zugpferd Märklin im dort Ende April endenden Geschäftsjahr 2022/23 wohl nur einen leichten Umsatzrückgang um zweieinhalb Prozent auf 128 Millionen Euro hinnehmen. „Wir haben in der Pandemie neue Kunden gewonnen und gehalten“, erklärt sich Sieber das. Selbstverständlich war das nicht.
Energiekrise und hohe Inflation infolge des Ukraine-Kriegs habe viel Kaufkraft gekostet. Dazu kommt, dass mit dem Auslaufen der Pandemie wieder Freuden abseits von Spielzeug und den heimischen vier Wänden möglich wurden. Auf zwei Schritte vorwärts in der Pandemie folgt für die ganze Branche deshalb nun ein Schritt zurück.
In Deutschland hat sie 2022 erstmals seit Jahren wieder Umsatzrückgänge verbucht, weiß Joachim Stempfle. „Der Markt ist mit minus fünf Prozent auf 3,7 Milliarden Euro rausgegangen“, sagt der Markforscher der auf Spielwaren spezialisierten NPD Group. Es habe ihn überrascht, dass der Schwund so klein geblieben ist. „Aber die Woche vor Weihnachten war superstark“, sagt Stempfle. In der Zeit vor Weihnachten macht die Branche traditionell rund 40 Prozent ihres Jahresumsatzes. Nehme man mit 2019 das Jahr vor Pandemieausbruch zum Maßstab liege die Branche 2022 klar über diesem.
In der Branche ist im Moment kaum etwas planbar
Mengenmäßig sei das Minus 2022 allerdings heftiger ausgefallen, als es die Umsätze suggerieren, betont Stempfle. Denn voriges Jahr gab es teils kräftige Preisaufschläge. Das gilt auch für Simba Dickie. Im Schnitt habe man Spielwaren in der Gruppe um acht bis zehn Prozent verteuert, erklärt Sieber. Bei Märklin seien es vier bis fünf Prozent gewesen. Mengenmäßig musste Simba Dickie 2022 damit Rückgänge im prozentual zweistelligen Bereich verkraften.
Wirklich planbar ist in der Branche, die gerne Trends entwirft und dann versucht, sie in Kinderzimmer zu bringen, derzeit zudem wenig. „Die Rahmenbedingungen verändern sich extrem“, betont Sieber. Erst war in der Pandemie die Nachfrage exzellent, aber die Beschaffung aus dem Hauptlieferland China erschwert und verteuert, weshalb europäische Fabriken gefragt waren. „Das war gestern“, sagt Sieber. Jetzt treffe die Energiekrise auf der Kostenseite vor allem europäische Spielzeugfabriken. Zugleich grabe die Inflation Kaufkraft und Nachfrage ab. Wegen abstürzender Transportkosten werde parallel Produktion aus China wettbewerbsfähiger.
Die Produktion wird auf Nachhaltigkeit ausgerichtet
„Langfristige Entscheidungen zu treffen ist gerade extrem schwierig“, räumt Sieber ein. Den in der Pandemie geborenen Plan, verstärkt in Europa zu fertigen, behalte man aber bei. Das sorge für sichere Lieferketten und Reaktionsschnelligkeit durch Marktnähe. Die Energiekosten deutscher und europäischer Fabriken von Märklin und Simba Dickie will man durch Solaranlagen oder Wärmepumpen am Firmengelände in den Griff bekommen. Die eigene Produktion, die heute gut 40 Prozent der Beschaffung ausmacht, werde auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, was auch kostensenkend ist.
Die Gewinne sind noch zufriedenstellend
In ungewisser Lage helfe es, breit aufgestellt zu sein, sagt Sieber. Drei von vier Euros nimmt die Gruppe außerhalb Deutschlands ein. Ihre eigenen Fabriken sind auf viele Länder wie Deutschland, Frankreich oder Thailand verteilt. Gleichwohl ist die Zahl der Beschäftigten 2022 in Deutschland um rund 100 auf noch 800 Mitarbeiter gesunken. Weltweit beschäftigt die Gruppe 2900 Leute. Dazu kommen rund 1300 Beschäftigte bei Märklin, davon ein Drittel in Göppingen.
Unter Druck kam 2022 auch die Marge, räumt Duschl ein. Die Gewinne seien noch zufriedenstellend. Genauer wird Simba Dickie als Familienunternehmen in dem Punkt nicht. Die Preise für Spielwaren will die Gruppe dieses Jahr um weitere drei bis fünf Prozent erhöhen und damit auch die Umsätze in dieser Dimension ausweiten.