Experten raten, nicht nur elektronisches, sondern auch die Fantasie anregendes Spielzeug zu schenken. Wichtig sei, eine gute Mischung aus interessanten technischen, aber auch hochwertigen Dingen zu finden.

Stuttgart - Der Arzt und Schriftsteller Oliver Wendell-Holmes erklärte einst: „Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden. Sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen.“ Vielleicht handelt deshalb der größte Teil der psychologisch-pädagogischen Literatur zum Spielen von Kindern. Für den Sozialpädagogen Armin Krenz ist das Spiel jedenfalls „der Beruf jedes Kindes“, ein Selbsterfahrungsfeld und Bildungsmittelpunkt. Darüber baue das Kind eine eigene Identität und ein stabiles Selbstwertgefühl auf und eigne sich lebendiges räumliches, physikalisches und mathematisches Wissen sowie ein soziales und ausgeglichenes Verhalten an.

 

Dafür brauche es entsprechende Bedingungen, betont Krenz. Wie diese aussehen, das treibt Eltern – vor allem in der Vorweihnachtszeit – um. Krenz ist da durchaus puristisch: „Weniger ist mehr.“ Freiräume für die Fantasie seien wichtiger als zu viel auf einmal. „Wenn neues Spielzeug gekauft wird, geht es immer darum, dass Kinder damit vielfältige, variable Spielmöglichkeiten haben“, schreibt er auf dem Elternportal „Aktiv für Kinder“ des Arbeitskreises Neue Erziehung. Bewährtes solle ergänzt werden, damit Kinder bei einer Spielgeschichte und Handlung bleiben können.

Ganz vorne in Sachen Ergänzbarkeit ist seit Jahren das wohl bekannteste Konstruktionsspiel Lego. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stieg nicht nur der Umsatz in der Spielwarenbranche insgesamt etwas an, sondern auch jener des dänischen Spielzeug-Riesen. Lego hat gar den größten Marktanteil in Deutschland: Im Jahr 2014 lag er bei 17,4 Prozent. Das macht sich auch in den Läden bemerkbar. „Lego ist ein ständiger Bestseller. Bei uns sind schon jetzt die allerersten Chargen an Legoprodukten ausverkauft“, sagt Florian Broisch, Geschäftsführer der Stuttgarter Filiale von my Toys. Besonders die Lego-Editionen mit Technik und die Ninja-Figuren aus der Reihe Ninjagos seien ein Renner, betont er.

Kinder lassen sich vom Kino inspirieren

Was Geschichten nachspielen und erfinden angeht, da lässt sich so manches Kind vom Kino inspirieren. Laut Andreas Conzatti, Filialleiter bei Spielwaren Kurtz in Stuttgart, sind Produkte Bestseller, die sich an Filmthemen orientierten. Während für Mädchen die Eisprinzessin aus dem Film „Frozen“ und alles rund um das Thema Pferde im Trend seien, liebten die Jungs „Star Wars“ und Aktionsfiguren verschiedener Firmen. „Und die Helden von ‚Transformers’“, so der Marketingchef. „Auch die Playmobilpiraten stehen hoch im Kurs.“ Gut gingen nach wie vor auch Barbiepuppen, allerdings vor allem bei jüngeren Kindern. „Die Altersgrenze ist nach unten gerutscht, jetzt spielen Vierjährige damit.“

Neben Spieleabenden für die ganze Familie ist zudem eine andere Form der Interaktion ganz vorne mit dabei: Beliebt seien „elektronische Artikel für kleine und große Jungs“, die mit Innovationen daherkämen, beschreibt Conzatti. Und manch Unklassisches für den Spielwarenhandel sei gefragt, etwa aus den Bereichen mobile Telefonie oder Internet, dazu Funkgesteuertes wie Drohnen aller Art, mit dem Smartphone Bedienbares und Tiere mit verschiedenen elektronischen Funktionen. Der Zoomer etwa ist ein brüllfähiger Dino, dessen Schwanz und Kopf durch eine Fernbedienung oder per Handgesten bewegt werden können. Möglich machen dies Sensoren in der Nase. Er sowie das Modellflugzeug Sport Cub Safe erhielten auf der Nürnberger Spielzeugmesse Anfang des Jahres den Toy Award 2015 in den Kategorien „School Kids“ und „Teenager and Family“. Dort zeigte sich auch: Nach wie vor wird gern gebastelt und konstruiert, mit Meccano-Baukästen, Federn, Holz- und anderen Perlen. Einige Spielexperten lobten die „Carving Colours“ aus Pflanzenöl und Lebensmittelfarbe, aus denen Kids und Eltern Skulpturen schnitzen können. All dies repräsentiere die zunehmende Tendenz, sich selbst auszudrücken, „Express Yourself“, laute die Devise. Der Trend der Natürlichkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit sei wiederum vor allem bei den Produkten für Babys und Kleinkinder zu finden, so Conzatti.

Magnetische Bauklötze sind der Renner

Sein Kollege Pascal Steybe, Mitgeschäftsführer von Steybe für Kinder, betont, dass die Kunden viel Wert auf pädagogisch wertvolles Spielzeug aus natürlichen nachwachsenden Materialien wie Holz legten. Das Möbel-, Kindermode- und Spielwarenunternehmen Steybe ist zurzeit in der temporären Einkaufspassage Fluxus zu finden, wo Händler und Gastwirte die leer stehenden Läden der Calwer Passage auf begrenzte Zeit nutzen. Dort demonstriert Pascal Steybe magnetische Bauklötze aus Holz der australischen Firma Tegu. „Alle sind begeistert: Sie sind nachhaltig und etwas für die ganze Familie. Dem Einjährigen macht es Spaß, mit einigen wenigen Klötzen zu erleben, wie sie sich anziehen oder abstoßen, Papa, Mama, Opa und Oma lieben es, wie sie damit grenzenlos bauen können.“ Die Klötze förderten nicht nur die Kreativität, sondern vermittelten auch physikalisches Wissen.

Auch Steybe bestätigt, dass die Elektronik im Kinderzimmer zunehmend Einzug hält. Dies wolle er nicht per se verdammen, sagt er. „Aber Kinder nur mit Apps und Tablets hantieren zu lassen, ist nicht so gut. Wichtig ist, eine gute Mischung aus interessanten technischen, aber auch hochwertigen Dingen zu finden.“ Dazu gehört ein anderer Verkaufsschlager, die Taschenlampe von Moulin Roty: Mit ihr lassen sich Bilder an die Wand projizieren. Die Motive regten die Fantasie an, sagt Pascal Steybe. „So üben die Kleinen sprechen, Dinge beschreiben und lernen Geschichten zu erzählen – das ist ganz wunderbar vor dem Schlafengehen.“