Ravensburger setzt seinen Umbau vom Spieleverlag zum Spielwarenhersteller fort. Durch den Zukauf des schwedischen Holzeisenbahnbauers Brio erweitert die Gruppe ihr Sortiment. Künftig sollen zwei starke Marken im Zentrum stehen.

Stuttgart - Der einstige Spielverlag Ravensburger wird zur Unternehmensgruppe mit mehreren Marken. Dazu haben die Oberschwaben zu Beginn des Jahres den schwedischen Holzeisenbahnhersteller Brio übernommen. Der traditionsreiche Name – Brio gibt es seit 131 Jahren, nur ein Jahr kürzer als den Ravensburger Verlag – soll nicht etwa vom Markt verschwinden, sondern neben Ravensburger als zweite starke Marke unter dem Dach der Gruppe etabliert werden. Ähnlichkeiten zum Geschäftsmodell der fränkischen Simba-Dickie-Gruppe bestreitet Ravensburger-Chef Karsten Schmidt zwar nicht, allerdings sei es nicht die Hauptintention, „ein Markensammler“ zu werden, sagte Schmidt am Dienstag bei der Bilanzvorlage in Stuttgart.

 

Die strategischen Überlegungen hinter dem Erwerb von Brio erläuterte Clemens Maier, Vorstandsmitglied der Ravensburger AG und Ur-Enkel des Firmengründers: „Brio hat in Schweden und den anderen skandinavischen Ländern eine Markenbekanntheit von mehr als 98 Prozent; im deutschsprachigen Raum liegt diese erst bei etwa 50 Prozent“, so Maier.

Ravensburger setzt auf haptische Spielerlebnisse

Den Spielraum will das Traditionsunternehmen vom Bodensee nutzen, um neue Kunden für die überwiegend aus Holz gefertigten Produkte zu finden, deren Kernzielgruppe Klein- und Vorschulkinder sind. „Diese neue Kategorie macht für uns Sinn; sie ist jung, haptisch und der Grad der Digitalisierung ist gering“, erläuterte der für Expansion zuständige Vorstand. „Wir sind nun in drei von elf Kategorien des Spielwarenmarktes vertreten“, sagte Maier. Zukäufe in weiteren Kategorien seien zwar momentan nicht in Planung, aber in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren realistisch.

Neben dem Brio-Klassiker Holzeisenbahnen, die 60 Prozent des Umsatzes der Schweden von zuletzt 41 Millionen Euro (2013: 38 Millionen Euro) ausmachen, gehören auch das bekannte Kugel-Labyrinth, sowie Bauklötze und -kästen zum Sortiment. Mit Brio als Systemspielzeug – also erweiterbare Baureihen – sieht sich Ravensburger künftig in direkter Konkurrenz zu den Platzhirschen Lego und Playmobil. Dazu passt auch, dass die Oberschwaben bis 2016 ihren ersten eigenen Markenstore in München eröffnen wollen. In der bayerischen Landeshauptstadt haben Lego und Playmobil ebenfalls eigene Shops. Die Absicht, eigene Läden zu eröffnen, hatte Schmidt Ende 2014 im StZ-Interview erstmals geäußert.

Tiptoi und 3D-Puzzles sind die Wachstumstreiber

In ihrem Kernbereich „Spiele, Puzzle, Beschäftigung“ hat die Ravensburger Gruppe auch 2014 mehr als 80 Prozent ihrer Umsätze erwirtschaftete. Mit 303,5 Millionen Euro legten diese im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent zu. Die Wachstumstreiber waren erneut das audiodigitale Lernsystem Tiptoi (plus acht Prozent) und 3D-Puzzles (plus 20 Prozent). Im Ausland lagen die Zuwächse mit acht Prozent auf 177,1 Millionen Euro über denen in Deutschland, wo der Umsatz nur um drei Prozent auf 126,4 Millionen Euro kletterte. Um drei Prozent geschrumpft ist dagegen der kleinere Geschäftsbereich Kinder- und Jugendbücher. Mit 65,7 Millionen Euro Umsatz ist Ravensburger dennoch deutscher Marktführer in diesem Bereich.

Für das laufende Jahr rechnet Karsten Schmidt mit „leicht steigenden Umsätzen“, dabei sei die Brio-Übernahme allerdings noch nicht berücksichtigt. Momentan verzeichnen die Oberschwaben nach eigenen Angaben zweistellige Zuwachsraten mit ihrem Neuerwerb. Eine genaue Prognose gibt der Vorstandschef des Spielwarenherstellers traditionell nicht ab: „An Ostern war kein Sandkastenwetter, das war gut für unser Geschäft“, sagte Schmidt nur. Entscheidend für die Bilanz sei allerdings, wie das kommende Weihnachtsgeschäft laufe.