Spinnenschau in Kornwestheim Das große Krabbeln in der hohlen Hand

Keine Angst, die Grammostola spatulate tut nichts, die will bloß spielen. Foto: Simon Granville

Bei der Ausstellung „Insectophobie“ in Kornwestheim nutzen viele Besucher die Chance, beim Fotoshooting mit haarigen Models ihre Ängste vor Sechs- und Achtbeinern abzubauen.

Die Attraktion der Ausstellung hatte sich unter eine Baumrinde verkrochen, aber wer genau hinblickt, kann zumindest die langen, haarigen Beine von Thoraphosa Blondi erkennen. Diese Venezuela-Riesenvogelspinne sitzt in Terrarium Nummer 59 im Kultur- und Kongresszentrum in Kornwestheim und zählt zu den größten Vogelspinnen der Welt. Sie kann einen Durchmesser von bis zu 25 Zentimeter erreichen und frisst am liebsten Heimchen, Grillen, Heuschrecken und auch Mäuse. Das verrät zumindest die ausführliche Infotafel.

 

Von Gottesanbeterin bis Riesenschabe

Mit mehr als 500 Spinnen- und Insektenarten von allen Kontinenten gastiert Giovanno Neigert am Karfreitag in Kornwestheim. „Insectophobie“ heißt die Ausstellung des Franken, der von der Gottesanbeterin über Riesenschaben oder Bandläufer so ziemlich alles im Gepäck hat, was kreucht und fleucht – und viele Menschen ängstigt.

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Ja, der Raum ist kein guter Ort für Arachnophobiker, also Menschen, die eine schon krankhafte Angst vor Spinnen haben. In der Ekelskala bei vielen Menschen nehmen die achtbeinigen Krabbeltiere einen vorderen Platz ein. „Wir wollen Angst und Ekel vor diesen Tieren nehmen“, sagt Neigert. Woher die Angst kommt, weiß man nur teilweise. Experten sehen zum einen die Urängste der Menschen, von etwas Giftigem gebissen zu werden. „Ich persönlich glaube, dass vor allem das Vorbild der Eltern eine Rolle spielt. Wenn schon die Mutter laut aufschreit, sobald sie im Keller eine kleine Spinne entdeckt, dann übernehmen das die Kinder“, sagt Neigert. Weit verbreitet sei auch der Irrglaube, dass der Biss einer Vogelspinne für den Menschen tödlich ist - dabei sei das bei keiner bisher bekannten Art der Fall.

Lange Schlange am Eingang

Acht Euro zahlen Kinder, zehn die Erwachsenen, damit sie sich dem puren Grauen stellen können. Neben den lebendigen Tieren waren auch Hunderte Insekten wie etwa Riesengespensterschrecken, Skorpione, unzählige Käferarten und Falter in Glasvitrinen zu sehen. Die Schlange im Eingangsbereich reißt um die Mittagszeit gar nicht ab. „Wir haben nicht so vielen Leuten gerechnet. Sonst hätten wir einen größeren Saal genommen“, sagt Neigert. Um 15.30 Uhr zählt er schon 400 Besucher.

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Sehr viele Familien sind dabei. Kinder haben oft ein deutlich entspannteres Verhältnis zu Spinnen. Dazu zählen auch die beiden achtjährigen Zwillingen Sophie und Julius aus Kornwestheim. Bevor der Rundgang endet gibt es noch die Chance für ein Fotoshooting mit der Vogelspinne der Spezies Grammostola spatulata. Damit es für die haarigen Models nicht in Stress ausartet, kommen über den Tag hinweg vier verschiedene Tiere zum Einsatz.

Pierre Bülow, ein Mitarbeiter von Neigert, hilft den Besuchenden dabei, ihre Spinnenphobie abbauen und eines der Tierchen anzufassen. „Das ist die liebste Spinne der Welt“, sagt er. Es sind viele Mutige dabei, die sich für fünf Euro ablichten lassen. Auch Sophie bildet mit ihren Händen ein kleines Körbchen, damit sich die Spinne hineinsetzen kann. „Am Anfang hatte ich schon ein bisschen Angst, aber dann hat es sich ganz weich angefühlt“, sagt sie. Daheim ließe sie aber schon mal einen Schrei ab, wenn sich eine Spinne in die Wohnung verirrt, verrät ihr Vater.

Wenn eine Spinne den Schlaf raubt

Eine ältere Dame aus der Nähe von Herrenberg hört zu und erzählt, dass sie nachts Anrufe von ihrer Mutter bekommen habe, die eine Spinne an der Decke entdeckt habe und nicht schlafen konnte. „Da musste ich los und das Tierchen einfangen“, sagt sie. Man könnte wohl ein kleines Büchlein schreiben über die persönlichen Spinnengeschichten der Ausstellungsbesucher.

Doch was fasziniert Giovanni Neigert an Insekten? „Mich beeindruckt die große Vielfalt an Farben und Formen, die keine andere Gattung im Tierreich hervorbringt“, sagt er. Bislang ist noch nie ein Tier bei einer Ausstellung ausgebüxt. Nach 18 Uhr verstaut er die Terrarien wieder und bringt sie zurück in seinen Keller nach Feuchtwangen. Hier hegt und pflegt er seine in Deutschland wohl einmalige Sammlung. Und damit es auch mit dem Tierschutz klappt hat er im Nürnberger Zoo ein Zertifikat erworben. Die Vogelspinnen sind eher genügsam: Sie müssen nur einmal die Woche gefüttert werden.

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