Die Opposition will eine Aussage des NSA-Verräters in Deutschland mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht erzwingen. Sie wirft der Bundesregierung vor, die Aufklärung zu hintertreiben.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Muss der Untersuchungsausschuss, der die Spionage amerikanischer Geheimdienste in Deutschland ohne den vermeintlichen Kronzeugen Edward Snowden auskommen? Seit einem halben Jahr streiten sich die Mitglieder des Gremiums über diese Frage. Mit den Stimmen der großen Koalition hat der Ausschuss am Donnerstag beschlossen, den Verräter erneut um eine Aussage zu bitten – in seinem Moskauer Asyl, per Videokonferenz oder an einem anderen Ort, aber nicht in Deutschland.

 

„Wir möchten das Gespräch mit ihm suchen, das er verweigert“, sagte Roderich Kiesewetter, der Obmann der Union im Ausschuss. Der Grüne Konstantin von Notz sprach von einem „abstrusen Vorschlag“. Die Weigerung, Snowden nach Deutschland zu holen, wertete er als einen „Versuch, der Bundesregierung gefällig zu sein“. Grüne und Linke kündigten für Ende September eine Klage in Karlsruhe an.

Viele heikle Passagen in Akten geschwärzt

Konfliktstoff bergen auch die Akten zur Arbeit der Geheimdienste und deren Kooperation mit ausländischen Behörden, welche die Bundesregierung dem Ausschuss zur Verfügung gestellt hat. Viele Stellen sind geschwärzt, heikle Passagen fehlen. Das wollen sich die Parlamentarier nicht bieten lassen. „Es muss auch im Interesse der Regierung sein , dass dieser Aussschuss arbeiten kann“, sagte Kiesewetter. Nach Auskunft des SPD-Obmanns Christian Flisek wurde mit dem Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, eine Clearingstelle vereinbart, die strittige Aktenstücke zugänglich machen soll. Grünen-Obmann von Notz sprach von einem „Bremserhäuschen“ und unterstellte der Regierung ein „Spiel auf Zeit“. Sie versuche, die Aufklärung der Spionageaffäre zu hintertreiben. „Früher gab es Rechtsstaatlichkeit, jetzt eine Clearingstelle.“

Wie viel Schaden hat der BND-Spion angerichtet?

Das Parlamentsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste hat sich unterdessen erneut mit dem mutmaßlichen Spion aus den Reihen des Bundesnachrichtendienstes befasst. Der Mann soll 201 Dokumente an US-Behörden überspielt haben, bisher war von 218 die Rede gewesen. Linke und Grüne werteten die meisten der Papiere als brisant und sprachen von gravierenden Schäden. Clemens Binninger (CDU), der Vorsitzende des Gremiums, räumte ein, dass einige der Akten „sehr brisant“ seien. Den Schaden hält er aber für mittel bis gering. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte, nachdem der Mann enttarnt worden war, erklärt, die von ihm veräußerten Informationen seien „lächerlich“. Entscheidend sei die Frage, ob die Operationsfähigkeit des Auslandsgeheimdienstes beeinträchtigt sei, heißt es aus dem Kontrollgremium. Davon könne nicht die Rede sein. Der mutmaßliche Spion habe in einer nachrangigen Funktion gearbeitet, aber Zugang zu einer Fülle von Akten besessen.