Beim 16. Spitt’l Live hält es nur wenige auf den Bänken. Trotz Regen wird bis in die Nacht hinein getanzt.

Weil der Stadt - Blitz und Donner waren vorhergesagt für das Freiluft-Konzert in Weil der Stadt. Doch es bleibt am Samstagabend „nur“ bei Regen. „Komm, lass uns Karten kaufen, wir gehen heute ins Gewitter“, sagt Ulrich Läpple aus Bad Liebenzell lachend. Zusammen mit Ehefrau Brigitte ist er mit Regenschirm und Regenjacke angereist. „Wir kommen schon seit 20 Jahren hierher“, erzählt die wetterfeste Gattin, „die Stimmung ist nicht zu toppen.“

 

Anfangs ist es noch trocken, dennoch scheint es den schlechten Prognosen geschuldet, dass der atmosphärenreiche Innenhof des historischen Spitals nicht voll besetzt ist. „Das wird noch“, ist sich Organisator Charly Eckstein sicher. Und tatsächlich strömen trotz immer stärker einsetzenden Wassers von oben die Gäste nur so in den Hof. „Es ist tatsächlich Unwetter vorhergesagt“, erklärt Eckstein, „wir fangen deswegen auch auf die Minute genau um 19 Uhr an.“

Gewitter kommt von der Bühne

Das Gewitter kommt dann nicht vom Himmel, sondern von der Bühne, als zuverlässig wie eine schwäbische Ingenieurleistung die Partyband „Diet Dope“ los rockt und im Publikum erste Beine zucken. Sie bieten eine Bühnenshow à la Status Quo, das Schlagzeug hämmert den Beat hart an die Grenze, wobei auch zartere Töne von Toto, Tim Bendzko oder Melissa Etheridge zu hören sind. Von Abba bis Alice Merton, die geübten Profis motivieren mit ausgeklügelter Hitauswahl und viel Trockeneis die Besucher sehr bald zum Bewegen.

Schon beim vierten Song sagt Claudia Allgeier aus Heimsheim, die mit ihrer Freundin unter einem Schirm sitzt: „Da kann man ja sogar tanzen heute Abend.“ Sie ist zum ersten Mal beim Spitt’l Live in Weil der Stadt.

Der bald einsetzende Bindfadenregen hält passenderweise in Zeiten des 50-jährigen Jubiläums von Woodstock nur wenige vom Tanzen ab. Allerdings sind es fast nur Frauen, die über Stunden die Hüften in die Ekstase schwingen. Bis auf einen älteren Herrn, der sich samt Rollator in den Regen wagt. Ein Pärchen übt sich gekonnt im Synchronisationstanz, die anderen wagen begeistert Freestyle unter der Dusche von oben, denn zu der sind die anfänglichen Regentropfen längst geworden, was aber keinen stört.

Seit 1996 wird gefeiert

Bereits zum 16. Mal findet das Konzert in den altehrwürdigen Mauern in der Stuttgarter Straße statt. Seit 1996 wird gefeiert, manchmal auch schon im Schlamm, wie vor 20 Jahren an der Ostelsheimer Steige. Auch damals kein Grund zum Abbruch, wie Eckstein gut gelaunt erzählt. „Es gibt Bands, die sich bewerben. Wir haben einen Pool von sehr guten Bands, die schon mal bei uns waren. Manche kommen auf Empfehlung“, erklärt er die Auswahl. Diese werden nach ihrer Musikalität und Publikumswirkung vorher bewertet. Ein recht großer Aufwand, erläutert Eckstein. Hinter den Kulissen ist nach dem Open-Air vor dem nächsten. Der Aufbau kostet zwei bis drei Tage, während der heißen Livephase sind 20 bis 25 Mitglieder des Vereins „Livekulturpur“ im Einsatz. In der Vergangenheit gab es gelegentlich Probleme wegen der Lautstärke, schließlich liegt die von der Stadt angemietete Location mitten in der Weil der Städter Altstadt.

Wirklich tropisch wird die Sommernacht dann mit dem Auftritt von John Noville, der gebürtig aus Barbados ist, und Rhythmus, Groove und Virtuosität in Personalunion verkörpert. Manche Caipirinhas sind inzwischen die Kehlen einiger Besucher hinuntergeflossen und es mischen sich Schweißtropfen unter das kühlende Nass. Bis zum nächsten „Spitt’l Live“ ist zum Glück ein ganzes Jahr Zeit zum Ausruhen.