Die Grünen halten nach dem Wahlerfolg in Baden-Württemberg an der Doppelspitze für den Bundestagswahlkampf 2017 fest. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte das Prinzip als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet. Doch auch die Grüne Jugend distanziert sich von Kretschmanns Position.

Berlin - Die Grünen halten auch nach dem Wahlerfolg in Baden-Württemberg mit nur einem Spitzenkandidaten an der Doppelspitze für den Bundestagswahlkampf 2017 fest. "Es macht keinen Sinn, jetzt eine Debatte anzustoßen", sagte einer der Sprecher des Realo-Flügels, Dieter Janecek, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Er reagierte damit auf Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der die traditionellen Doppelspitzen der Grünen in der "Süddeutschen Zeitung" als überholt kritisiert hatte. Auch die Partei-Linke wies dies zurück. "Die Doppelspitze ist ein zentrales Element unserer Frauenpolitik", sagte der zum linken Flügel zählende Bundestagsfraktions-Chef Anton Hofreiter "Spiegel Online". Mit der Ablehnung durch beide Flügel der Partei hat der Vorstoß keine Chance.

 

Grüne Jugend will keine Abschaffung der grünen Doppelspitze

Anders als Ministerpräsident Winfried Kretschmann stellt die Grüne Jugend die Doppelspitze nicht infrage. „Selbst der beliebteste Politiker Deutschlands, Kretschmann, kann die Doppelspitze nicht alleine abschaffen. Das hat immer noch die Partei zu entscheiden. Und die will keine Abschaffung der Doppelspitze“, sagte die Landesvorsitzende der Grünen Jugend, Lena Christin Schwelling der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Stuttgart. „Die Doppelspitze war ja ursprünglich feministisch gedacht und insofern ein vernünftiges Prinzip", sagte Kretschmann am Mittwoch der Süddeutschen Zeitung. "Jetzt heißt Doppelspitze aber immer auch: Realo - Linker.“

Schwelling meinte: „Im Prinzip hat Kretschmann auch eine Art Doppelspitze. Ohne Edith würde er an manchen Stellen noch älter aussehen.“ Damit bezog sie sich auf die grüne Fraktionschefin im Landtag, Edith Sitzmann. Schwelling räumte aber ein, dass die Grünen in bestimmten Situationen auf eine Doppelspitze verzichten könnten. So hätte es keinen Sinn gemacht, neben Kretschmann einen zweiten Politiker zur Landtagswahl an die Spitze zu stellen.

Parteichef Özdemir hatte Doppelspitzen bereits infrage gestellt

Bei der Landtagswahl im März in Baden-Württemberg hatte sich nach Erkenntnissen von Meinungsforschern die Konzentration des Wahlkampfes auf den Realo Kretschmann ausgezahlt. Allerdings werden bei den Grünen traditionell die Vorstände von Bundes- und Landesverbänden sowie Fraktionen mit zwei Vorsitzenden besetzt. Mindestens einer der beiden Plätze in diesen Doppelspitzen muss mit einer Frau besetzt werden. Zudem gilt als ungeschriebenes Gesetz, dass in der Doppelspitze Realos und linker Flügel vertreten sein müssen. In einigen Landtagswahlkämpfen haben die Grünen dieses Prinzip jedoch durchbrochen und waren - wie in Baden-Württemberg - mit nur einem Spitzenkandidaten angetreten. Der zum den Realos zählende Parteichef Cem Özdemir hatte Doppelspitzen bereits vergangenes Jahr infrage gestellt.