Stuttgart schließt mit dem Sportbad Neckarpark in Bad Cannstatt eine Lücke – und bietet auch Normalschwimmern ein eindrucksvolles Erlebnis. Einziger Wermutstropfen: Internationale Wettkämpfe können hier nicht stattfinden.

Das erste Gefühl: schön warm! Das zweite: „leichtes“ Wasser, es „gleitet“, wie die Schwimmer sagen. Seit ein paar Tagen ist das nagelneue Sportbad Neckarpark an der Mercedesstraße in Betrieb. Stuttgart hat nun ein Hallenbad mit einem 50-Meter- Becken und schließt damit eine Lücke – weil man sich ja schließlich Sportstadt nennen will. Der eindrucksvolle Beton-Stahl-Glas-Holz-Quader gegenüber dem Wasen ist zwar primär für den Leistungssport und für Schulen reserviert, aber etwa 13 Stunden in der Woche können auch Jederfrau und Jedermann in dem durchgängig zwei Meter tiefen Becken ihre Bahnen ziehen. Und das ist durchaus eindrucksvoll.

 

Normalerweise stehen Schwimmbassins ebenerdig. Im neuen barrierefreien Sportbad schwimmt man aber sozusagen im ersten Stock, da eine Unterkellerung für die Technik wegen des Grundwasserschutzes nicht möglich war. Und so zieht man, die Alleebäume der Mercedesstraße hinter der Glasfassade im Blick, seine Bahnen in 26 Grad warmem Wasser.

Kadersportler brauchen fürs Training 26 Grad

Schon nach wenigen Tagen hat sich Stuttgarts Schwimmwelt im neuen Refugium arrangiert. Natürlich zieht so ein Bad hauptsächlich sportlich Ambitionierte an, die mit allerlei Equipment und dem Trainingsplan am Beckenrand durchs Wasser sprinten. Auf den ersten zwei, drei Bahnen geht es aber gemütlich bis sehr gemütlich zu. Wer hier schwimmt, geht quasi einfach im Wasser spazieren. Auch dafür gibt es Platz und man muss sich in dem warmen Wasser nicht unbedingt anstrengen, um nicht zu frieren. Die 26 Grad sollen im Übrigen so bleiben. Da das Bad vom Deutschen Schwimmverband als Trainingsort für Kadersportler zertifiziert ist, muss die Temperatur eingehalten werden. „Wir dürfen weder nach oben noch nach unten abweichen“, sagt Arvid Donert, der Schwimmbadleiter.

Ob das auch bei der drohenden Energiekrise Bestand hat, wird man sehen. Allerdings heizt das Bad ohne Gas und arbeitet nach eigener Angabe zu 100 Prozent klimaneutral. Die neueste Technik in dem 44-Millionen-Euro-Projekt macht auch OB Frank Nopper (CDU) stolz: „Wir haben das modernste Sportbad in ganz Deutschland“, erklärt der OB. Das stimmt wohl – von der Technik her betrachtet. Allerdings hat das Bad auch einen Makel. Mit seinen acht Bahnen ist es zwar für nationale Wettbewerbe bis hin zu deutschen Meisterschaften zugelassen, internationale Wettbewerbe schreiben allerdings zehn Bahnen vor. Dies wurde zwar erst während der Planung, aber noch vor dem Baustart bekannt. Die Schwimmsportvereine der Stadt und der Württembergische Schwimmverband haben dies mehrfach zur Sprache gebracht, es gelang aber nicht, die Verantwortlichen der Stadt von einer Planänderung vor dem Baubeginn im Januar 2020 zu überzeugen.

Zusätzliches 25-Meter-Becken für den Schwimmunterricht

Dies ist nur ein Wermutstropfen, auch wenn es unverständlich bleibt, warum man ein millionenschweres Neubauprojekt nicht nach den Anforderungen für große Sportereignisse auslegt. Zumal ein zehn Bahnen und damit 25 Meter breites Becken auch besser für den Übungsbetrieb geeignet wäre, weil man das Bassin in drei 25 Meter Becken hätte teilen können. Auch das jetzige Becken hat eine Hub-Trennwand, die das Bassin aber nur in zwei Übungsbecken teilt, die überdies nicht gleich lang sind. Letztlich freuen sich aber alle Schwimmsportler in der Stadt über das neue Domizil am Wasen, das nun auch die gammelig gewordene Traglufthalle im Inselbad zum Beispiel für die Wasserball-Bundesliga überflüssig macht und die Rahmenbedingungen für den Leistungs- und den Schulsport deutlich verbessert. Dazu trägt im Sportbad auch ein zusätzliches 25-Meter-Übungsbecken mit variabler Wassertiefe, etwa für den Schwimmunterricht, bei.

Und auch die Öffentlichkeit hat viermal in der Wochen Zutritt. Im Moment wuseln noch Arbeiter durch die Gänge vor den Umkleiden und über die Zuschauertribüne. Das Bad ist offen, aber noch nicht komplett fertig. Was man zum Schwimmen braucht, also die Umkleiden, Duschen und Toiletten, sind allerdings genauso wie das Becken ohne jegliche Einschränkung nutzbar.

Und wer sich mit den frühen oder späten Öffnungszeiten anfreundet, kann sich auf ein ganz besonderes Badeerlebnis freuen – auch wenn er nicht für Meisterschaften trainieren will.

Sportbad Neckarpark

Öffnungszeiten
Jedermann und Jedefrau können ins neue Bad in Bad Cannstatt dienstags von 12 bis 15.15 Uhr, mittwochs von 19 bis 22.45 Uhr, freitags von 6 bis 9.15 Uhr und sonntags von 19 bis 22.45 Uhr. Eintrittspreise
4,50 Euro, ermäßigt 2,70 Euro. Weitere Informationen unter https://stuttgarterbaeder.de/sportbad .