Die Unternehmen wollen einen Teil ihrer höheren Kosten weitergeben. Die Verbraucher legen immer mehr Wert auf recycelte Ware. Doch wie reagieren die Hersteller?

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Für Sportbekleidung werden die Kunden auch dieses Jahr wieder mehr hinblättern müssen. Die Hersteller wollen wenigstens einen Teil ihrer höheren Einkaufspreise weiterreichen. „Für 2023 gibt es wohl Preissteigerungen von durchschnittlich zehn Prozent“, vermutet Jan Lorch,der Vertriebsleiter von Vaude in Tettnang, „das wird man sehen, wenn die Händler im Frühjahr die neue Ware anbieten.“

 

Das hat möglicherweise Folgen für den Umsatz des Herstellers von Outdoor-Bekleidung: „Im laufenden Jahr rechnen wir mit einem Wachstum im niedrigen einstelligen Bereich“. Noch 2022 war der Umsatz um mehr als zehn Prozent auf 150 Millionen Euro gestiegen. „Die Leute müssen sparen“, meint Lorch. 2022 hatten sich die Einkaufspreise für das Unternehmen mit seinen 650 Beschäftigten um zehn Prozent erhöht. Nicht alles davon konnte weitergeben werden: „Die Preise, die wir von den Kunden verlangt haben, sind um sieben bis acht Prozent gestiegen“, so der Vertriebsleiter.

„Wie es mit den Preisen weitergeht, ist schwer zu sagen“, meint Stefan Rosenkranz, der Geschäftsführer des Bundesverbands der Sportartikelindustrie, „der Kostendruck für die Unternehmen ist immer noch hoch“. Höhere Rohstoffpreise und „extrem gestiegene Energiekosten“ sind seine Stichworte. Mit schätzungsweise sechs Prozent seien die Preise für die Kunden der Unternehmen aber immer noch weniger gestiegen als die allgemeine Inflationsrate. „Wegen der Rahmenbedingungen rechnet die Branche mit einem schwierigen Jahr“, sagt der Verbandsgeschäftsführer, „alle sind vorsichtig“.

Recht zuversichtlich zeigt sich Jako – das Kürzel steht für Jagst und Kocher - aus dem hohenlohischen Mulfingen. „Für 2023 sind wir optimistisch“ sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Nadine Sprügel. Ihren Umsatz wollen die Hohenloher im laufenden Jahr zweistellig steigern, von 155 Millionen Euro auf 185 Millionen Euro. Die wichtigste Sportart für Jako ist Fußball. Zu den 300 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sollen 70 hinzukommen. Tröstlich für die Kunden: Nachdem die Preise für 2023 bereits um fünf Prozent erhöht wurden, soll es in diesem Jahr keine weiteren Steigerungen mehr geben.

Jako will zusätzliche Beschäftigte einstellen

Beim Bekleidungshersteller Engel in Pfullingen könnten die Preise nach den Angaben der geschäftsführenden Gesellschafterin Vera Simon in diesem Jahr um etwa zehn Prozent steigen, nachdem sie auch 2022 bereits erhöht worden waren. „Hochwertige Sportbekleidung ist nicht zu einem Billigpreis zu haben“, meint Gabriele Kolompar, ebenfalls geschäftsführende Gesellschafterin. Der Umsatz von Engel mit seinen 87 Beschäftigten war im vergangenen Jahr von 14 Millionen Euro auf 15,5 Millionen Euro gestiegen. Davon macht Sportbekleidung allerdings nur den kleineren Teil aus, mehr wird mit Wäsche für Babys, Kinder und Erwachsene umgesetzt. „Wir planen vorsichtig, aber der Umsatz dürfte auch im laufende Jahr steigen“, sagt Kolompar.

Auch für Jüngere wird Nachhaltigkeit wichtiger

Schon früh hat Engel auf nachhaltige Bekleidung gesetzt. Die Wolle kommt von Merinoschafen aus dem südamerikanischen Patagonien, die Weiterverarbeitung wie Schneiden, Waschen, Stricken und Konfektionieren geschieht bei Lohnunternehmen im Zollernalbkreis. Profitieren könnte Engel von einem Trend, den Simon so umschreibt: „Das Alter der Kunden von nachhaltigen Textilien sinkt. Gerade bei jüngeren Leuten bemerken wir hier einen Wandel“.

Hersteller wollen mehr Recyclingmaterial verwenden

„Die Kunden sind sensibler geworden, sie wollen wissen, wo die Ware herkommt und wie sie sich zusammensetzt“, so die Erfahrung von Verbandsgeschäftsführer Rosenkranz. Jako aus Mulfingen lässt den größten Teil seiner Ware in Pakistan produzieren. „Für die meisten Amateurvereine sind nachhaltige Produkte noch kein Thema“, meint Sprügel, „eine steigende Nachfrage merken wir eher im Profibereich“. Der VfB Stuttgart etwa lege großen Wert auf Nachhaltigkeit. Bei Trikots aus Polyester werde immer mehr recyceltes Material verwendet, so Sprüngel. „Mehr als die Hälfte unseres Angebots besteht aus zertifiziertem Recyclingmaterial wie Nylon oder Polyester“, berichtet Vaude-Vertriebsleiter Lorch. Adidas, Deutschlands größter Sportartikelhersteller, (Umsatz 2021 mehr als 21 Milliarden Euro) hat nach den Angaben eines Sprechers in seiner Produktpalette inzwischen einen Anteil von 90 Prozent an recyceltem Polyester. „70 Prozent unserer Konsumenten und Konsumentinnen berücksichtigen Nachhaltigkeit inzwischen bei ihrer Kaufentscheidung“. Der Sportartikelhändler Decathlon will dem Wunsch nach Nachhaltigkeit ebenfalls Rechnung tragen – so werden etwa gebrauchte Trikots zurückgekauft, wenn nötig repariert und dann als Second-Hand-Ware wieder in den Umlauf gebracht.

Aus Plastikflaschen können Trikots werden

„Wir arbeiten daran, die Kreisläufe zu schließen“, meint Rosenkranz zu den vielfachen Aktivtäten der Branche, „so können etwa aus Petflaschen wieder Sportartikel werden“. Allerdings: So rasch wird das alles wohl nicht gehen: „Die Flasche oder das Granulat muss ja wieder zu einem Hersteller in das jeweilige Produktionsland gebracht werden“. Sein Fazit: „Wir stehen nicht mehr am Anfang, aber bis es global klappt, wird es noch einige Jahre dauern“.