Kleine Sportgeschäfte suchen ihren Erfolg immer mehr in Nischen. Als Spezialisten für ein eng begrenztes Gebiet wollen sie der Konkurrenz der großen Handelsketten trotzen. Zwei völlig verschiedene Beispiele aus Stuttgart stützen diese These

Stuttgart - Die Zeiten, als ein inhabergeführtes Sportgeschäft vom Tennisschläger über Wanderschuhe, Badekappen und Skischuhe bis hin zum Weitsprungschuhe mit Metalspikes alles im Regal hatte, scheinen vorüber zu sein. Gerade die kleineren Betriebe suchen ihren Erfolg immer mehr in Nischen. Als Spezialisten für ein eng begrenztes Gebiet wollen sie der Konkurrenz der großen Handelsketten trotzen. Zwei ganz verschiedene Beispiele aus Stuttgart stützen diese These.

 

Gegründet wurde Breitmeyer, das älteste Sportgeschäft der Stadt, als „Fachgeschäft für Wander- und Turnbekleidung“ – und zwar im Jahr 1882. Die Nachricht, dass dieses Traditionsunternehmen dringend auf der Suche nach einer neuen Bleibe war, hatte vor rund einem Jahr für Aufsehen gesorgt. Der Mietvertrag an der Calwer Straße wurde nicht verlängert – das Objekt soll saniert werden. Damals wusste der Chef und Inhaber Gerd Riehm nicht, wie es weitergehen sollte.

Angefangen als Lehrling im Jahr 1967

Riehm ist seit Jahrzehnten der Chef bei Breitmeyer. Er hatte dort 1967 als Lehrling angefangen und das Geschäft 1985 übernommen. Inzwischen hat er eine neue Heimat gefunden. Die Adresse lautet Marienstraße 23 – auf der gegenüber liegenden Straßenseite ist die Fassade des Einkaufszentrums Gerber zu sehen. Mit dem Umzug wurde gleich die Ausrichtung des Ladens grundlegend verändert. „Früher hatten wir Skiausrüstung, Tennisschläger Laufschuhe und viel Fußball“, sagt Riehm. Heute gibt es bei Breitmeyer Citysoccer, wie der neue Laden offiziell heißt, ausschließlich Fußbälle, Stollenschuhe, Trikots, Stutzen oder Fanschals. Kurz gesagt; es gibt alles, was im weitesten Sinne mit Fußball zu tun hat. „Wir haben auch den Laden entsprechend gestaltet“, sagt Riehm. Im Eingangsbereich gibt es einen vier auf fünf Meter großen Kunstrasenplatz im Käfig inklusive kleiner Tore, die Beleuchtung ist der Optik von Stadionscheinwerfern nachempfunden und auf der kleinen Treppe sind die Absperrungen und Armlehnen von den Stehrängen der Fanblöcke aufgebaut.

„Die Konkurrenz ist schärfer geworden, gerade im Sporteinzelhandel“, da ist sich Riehm sicher. Mit großen Geschäften in den Einkaufszentren und zahllosen Anbieter im Internet, die sich beim Kampf um den niedrigsten Preis gegenseitig unterbieten, bleibt für die inhabergeführten Sportgeschäfte nur eine Option, glaubt Gerd Riehm: „Wir müssen das machen, was wir richtig gut können.“ Zudem hat Riehm einen Grund auch mit Mitte 60 noch weiter zu kämpfen. „Ich habe die Nachfolge für meinen Laden bereits geregelt.“ Marc Hassler ist quasi der Stiefsohn des Eigentümers und steht bereit, das Erbe des ältesten Sportgeschäfts der Stadt zu übernehmen.

Bergwerker im Westen richten sich an Spezialisten

Eine ähnliche Entwicklung haben die Jungs von Bergwerker, Marco Riedle und Manuel Brenner, hinter sich. Ihr Laden an der Silberburgstraße im Westen entstand zum Teil aus dem Bergsportgeschäft, das einst in der Calwer Passage seinen Stammsitz hatte. Das neue Ladengeschäft mit dem Namen Bergwerker könnte man allgemein als auch Ski- und Bergsportgeschäft bezeichnen. Doch eine schmalen Pistenski sucht man bei den beiden vergebens.

„Wir sind ein inhabergeführter Laden für Freerider und Menschen, die Hochtouren gehen wollen“, beschreibt Manuel Brenner seinen Kundenkreis. Als Freeride werden Abfahrten im Tiefschnee und im alpinen Gelände, abseits gesicherter Pisten bezeichnet. Die Ski sind etwa deutlich breiter als herkömmliche Modelle für die Piste. Die Bindungen haben eine Gehfunktion und lassen sich daher an der Ferse vom Ski lösen. Als Sicherheitsausrüstung dienen Rucksäcke mit sogenannten Airbags, Lawinensender, Schaufeln und Sonden. Auch Snowboards, die sich in der Mitte teilen lassen und somit einen Aufstieg wie mit Tourenski ermöglichen, gehören zum Angebot der Bergwerker. Eröffnet haben die beiden ihre Version eines Bergsportladens 2014. „Bei uns gibt es bewusst keine Pistenski und Carver“, sagt Manuel. Denn im Outdoorbereich sieht es ähnlich aus, wie im regulären Sporteinzelhandel.Die großen Ketten wie etwa Globetrotter, mit der noch recht neuen Filiale an der Tübinger Straße, und die zahllosen Onlinanbieter kämpfen mit einem breiten Sortiment und niedrigen Preisen um Kunden. „Eine Preisschlacht können wir nicht gewinnen“, sagt Brenner. „Aber wir können besser beraten, da wir unsere Produkte selbst nutzen und viel in den Bergen unterwegs sind.“ Als inhabergeführtes Geschäft habe man nur noch über Service und Fachwissen ein Chance.