Beim virtuellen Live-Turnier „Gymnastik International“ zeigt Margarita Kolosov, Deutschlands beste Einzelgymnastin in der Meisterklasse, als Drittplatzierte, dass sie auf einem guten Weg ist. Das gilt auch für die in Schmiden angesiedelte Nationalgruppe.

Schmiden - Die Kameras in der Übungshalle sind schon wieder abgebaut, ebenso die Utensilien im Aufenthaltsraum, in dem Techniker und der Moderator Thomas Schütte vor Bildschirmen saßen. Von außen betrachtet ist nach den aufregenden Tagen des ersten Online-Turniers „Gymnastik International“ wieder der Alltag im Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden eingekehrt. Doch alle sind noch aufgewühlt von dem Wettkampf am Wochenende, der nicht nur sportlich für die Gastgeberinnen ein Erfolg war – mit dritten Plätzen für die beiden Nationalgruppen und für Margarita Kolosov im Mehrkampf der Einzelgymnastinnen in der Meisterklasse.

 

Nach der Aufregung erfolgt die nüchterne Analyse der Ergebnisse, und die stellt Isabell Sawade, die Teamchefin für Rhythmische Sportgymnastik beim Deutschen Turner-Bund (DTB), zufrieden. Die beiden Auftritte der in Schmiden beheimateten Nationalgruppe, die in der Wertung hinter den Siegerinnen aus Russland und – mit lediglich 1,2 Punkten Rückstand – hinter dem Team aus Finnland landete, haben der 40-Jährigen gefallen. „Die Russinnen sehen wir nur mit dem Fernglas, aber wir sind auf Augenhöhe mit den Finninnen, und die sind neben der ukrainischen Gruppe unsere größten Konkurrenten um das letzte europäische Ticket für die Olympischen Spiele.“ Eigentlich, sagt Isabell Sawade, seien Daniella Kromm, Noemi Peschel, Nathalie Köhn, Viktoria Burjak, Alexandra Tikhonovich und Anni Qu besser gewesen als die Vertreterinnen Finnlands. Denn für die Übung mit fünf Bällen erhielt die deutsche Gruppe eine höhere Punktzahl als die Skandinavierinnen. „Und der Punktabzug für die Übung mit Reifen und Keulen war Pech. Die neuen Keulen haben beim Zusammenstecken nicht gehalten. Das passiert nie wieder.“ So sieht es auch die Cheftrainerin Camilla Pfeffer: „Wir sind auf einem guten Stand, auf dem wir aufbauen können.“

Dina und Arina Averina ragen wie gewohnt heraus

Margarita Kolosov überzeugte ebenfalls beim Heimturnier vor Kameras. Die kürzlich 17 Jahre alt gewordene Gymnastin wurde mit 91,80 Punkten hinter den russischen Top-Gymnastinnen Dina Averina (105,95) und Arina Averina (102,75) Dritte im Mehrkampf. „Wir haben zwar nur die besten zwei Turnerinnen jedes Landes in die Wertung genommen, aber selbst im nicht bereinigten Klassement konnte Margarita fünf russische Gymnastinnen hinter sich lassen“, sagt Isabell Sawade. Wie viel diese Platzierung nach den vier nahezu fehlerfreien Übungen von Deutschlands derzeit bester Einzelgymnastin wert ist, wird sich bereits am nächsten Wochenende zeigen. Margarita Kolosov nimmt ebenso wie die Nationalgruppe am Weltcup in Sofia teil, einem Präsenzwettkampf. „Margarita Kolosovs Einstand in ihre erste Saison in der Meisterklasse ist jedenfalls schon mal gelungen“, sagt Isabell Sawade.

Nicht so hochkarätig besetzt wie die Konkurrenzen bei den Gruppen und in der Meisterklasse war der Einzel-Wettstreit der Juniorinnen, da die Top-Gymnastiknation Russland ihre Nachwuchsmädchen wieder vom Online-Turnier abgemeldet hatte. Somit schien der Weg frei für Darja Varfolomeev vom TSV Schmiden, doch die talentierte 14-Jährige hatte beim Heimturnier am Samstag nicht ihren besten Tag – und wurde Zweite hinter Adar Friedmann aus Israel. „Die Mädchen haben allerdings alle ein bisschen unter den anfänglichen Problemen bei den Live-Schalten gelitten“, sagt Isabell Sawade.

Margarita Kolosov gelingt der Einstand in der Meisterklasse

Am Sonntag liefen Technik und Turnier reibungslos. Bei der deutschen Juniorinnengruppe, die wie die Nationalgruppe der Großen im Juni bei den Europameisterschaften in Varna antritt, klappte bei ihrem ersten Turnier in diesem Jahr aber nicht alles. Die Leistung genügte für Rang drei - hinter den Nachwuchsgruppen aus Russland und Israel und vor Österreich.

„Das Turnier war jede Mühe wert“, sagt Kathrin Igel, die Stützpunktleiterin in Schmiden, nicht nur wegen der Resultate. Zwar sei „Gymnastik International“ mit technischen Schwierigkeiten gestartet, doch nachdem die behoben waren, sei es rund gelaufen, sagt Kathrin Igel. „Diese Form ist sicher eine Steigerung zu Online-Wettkämpfen mit Videos. Die Resonanz aus allen Ländern ist jedenfalls überwältigend, und wir sind stolz und froh, den Wettkampf so ausgerichtet zu haben. Bei uns war der letzte Präsenzwettkampf im März 2020, und wir sind virtuell mit dem Turnier nun in die Saison eingestiegen.“

Die Kameras, Bildschirme und Computer für die erste Online-Live-Auflage des Traditionsturniers sind abgebaut und weggeräumt. Die Urkunden warten noch darauf, verschickt zu werden. „Einige davon bleiben ja auch in Schmiden“, sagt Kathrin Igel. „Gymnastik International“ habe gezeigt, wie wichtig es ist, ein Ziel vor Augen zu haben, sagt Isabell Sawade. Das nächste ist für Margarita Kolosov und die Nationalgruppe in Sichtweite: Am Mittwoch fliegen sie zum Weltcup nach Sofia.