Die frühere deutsche Meisterin kehrt dem Bundesstützpunkt in Schmiden den Rücken und arbeitet in der Hauptstadt an ihrer Trainerkarriere weiter.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Schmiden - Als Neunjährige hat sich Karolina Raskina einst am Bundesstützpunkt der Rhythmischen Sportgymnastik in Schmiden ebenso putzig wie ehrgeizig mit den Worten „Ich will olympische Siegerin werden“ vorgestellt. Damals kam sie aus Berlin ins Schwabenland, nun schlägt die mittlerweile 21-Jährige nach zwölf Jahren den umgekehrten Weg ein: Am Samstag zieht sie in die Hauptstadt.

 

Karolina Raskina hat ein Angebot aus Berlin bekommen, das sie nicht ablehnen konnte: Die ehemalige deutsche Meisterin soll fortan am dortigen Landesleistungszentrum den Athletinnen zu Fortschritten verhelfen. Ihre frühere Berliner Trainerin Alexandra Faber hatte sie vergangenes Jahr als Unterstützung für ein Trainingscamp im Rahmen des Grand-Prix-Turniers in der Hauptstadt dazugeholt, bei dem die gebürtige Ukrainerin offiziell als Sportgymnastin verabschiedet wurde. „Sie hat mir danach gesagt, dass in Berlin immer eine Stelle für mich frei wäre“, sagt Karolina Raskina.

Nach dem kürzlich absolvierten Abitur am Schmidener Gustav-Stresemann-Gymnasium greift sie diese Offerte nun auf. Mit ihrem Freund, dem Bundesliga-Turner Anton Wirt, bezieht sie eine Wohnung im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, direkt am Kurfürstendamm. „Ich freue mich darauf“, sagt Karolina Raskina.

Die Ex-Meisterin beweist Talent als Trainerin

Ein bisschen Wehmut schwingt freilich auch mit nach zwölf Jahren in Schmiden mit vielen sportlichen Erfolgen. 2003 und 2004 war sie bundesweit in der Schülerleistungsklasse die Beste. Bei den Juniorinnen gewann sie nach dem zweiten Platz 2005 in den folgenden beiden Jahren jeweils den nationalen Titel. Bei den Jugend-Europameisterschaften 2006 in Moskau kam sie mit den Keulen auf Rang sechs. In der Meisterklasse erturnte sie sich 2008 direkt die nächste deutsche Meisterschaft.

Wegen der Personalprobleme beim Aufbau der neuen Nationalgruppe für die Olympischen Spiele 2012 in London, die im September 2008 in Schmiden das Training aufnahm, verstärkte sie das Team wenig später. Bei den Weltmeisterschaften 2009 in Japan erreichte sie mit der Formation den 13. Platz. Alle Titelkämpfe danach verpasste sie jedoch. Schon seit 2006 bereitete ihr eine angeborene Wirbelverschiebung bei hoher Belastung Schmerzen. Die anhaltenden Rückenschmerzen zwangen sie immer wieder zu Pausen und letztlich zum Karriereende. Der Traum von den Olympischen Spielen blieb somit unerfüllt.

Aber vielleicht erreicht Karolina Raskina dieses Ziel ja noch auf anderem Wege. Ihre Laufbahn als Trainerin hat jedenfalls vielversprechend begonnen. Am Bundesstützpunkt in Schmiden kümmerte sie sich um die Jüngsten der Jahrgänge 2003 und 2004; Emeli Erbes war unlängst beim Bundesfinale in der Schülerleistungsklasse in Bremen in der Altersklasse 10 die Beste.

Aliya Garayeva stellt sich in Schmiden vor

„Sie hat eine wahnsinnig tolle Nachwuchsarbeit gemacht. Aus Stützpunktsicht ist der Weggang fast tragisch, wir haben selten so gute so junge Mädchen gehabt“, sagt der Schmidener Stützpunktleiter Thomas Schütte. Als Nachfolgerin kann er sich Camilla Pfeffer vorstellen. Ein erstes Gespräch hat er mit der ehemaligen Kapitänin der Nationalgruppe, die nach den Olympischen Spielen 2012 in London ihre Karriere beendete, auch schon geführt. „Sie hat Interesse signalisiert, mal sehen, ob daraus was wird“, sagt Thomas Schütte.

Das ist auch in einem anderen Fall der Status. Für den vakanten Posten der Trainerin für die Mädchen der Jahrgänge 2001 und 2002 gibt es mittlerweile eine renommierte Kandidatin: Aliya Garayeva. Die 25-Jährige, amtierende Weltmeisterschaftsdritte und Olympiavierte, hat sich bereits in Schmiden vorstellt. „Sie hatte zuletzt ein Showengagement in Berlin, hat einen Lebensgefährten in Frankfurt und würde gerne in Deutschland bleiben“, sagt Thomas Schütte. „Sie ist natürlich unerfahren als Trainerin, wir haben aber trotzdem einen sehr positiven Eindruck von ihr.“

Wie gut das bisweilen mit einer Novizin funktionieren kann, hat Karolina Raskina bewiesen. Wenn sie schon nicht „olympische Siegerin“ geworden ist, so erfüllt sie sich nun einen anderen Kindheitstraum. „Mein Vater war ja Volleyballtrainer, da wollte ich auch schon immer Trainerin werden – der Wunsch ist bis heute geblieben, das liegt mir“, sagt die 21-Jährige.