Michael Breuning (55) ist seit vergangener Woche neuer Standortmanager am Bundesstützpunkt der Rhythmischen Sportgymnastik in Schmiden und mit der Aufarbeitung der Probleme vor Ort beschäftigt. So gibt es etwa erst einmal keine Waage mehr in der Trainingshalle.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Schmiden - Über einen eigenen Schlüssel für das Büro mit der Kennzeichnungstafel „Leiter“ verfügt Michael Breuning noch nicht. Das ist aber auch nicht so wichtig. Denn der Hauptteil seiner Arbeit als neuer Standortmanager des Bundesstützpunkts der Rhythmischen Sportgymnastik (RSG) in Schmiden spielt sich sowieso im Besprechungsraum ab. „Im Wesentlichen bin ich Moderator und führe viele Gespräche, um die Dinge zu ordnen“, sagt der 55-Jährige, der in Oeffingen wohnt und zurzeit nicht wenige Überstunden macht.

 

Michael Breuning ist seit 1987 beim Schwäbischen Turnerbund angestellt und leitet beim größten baden-württembergischen Sportfachverband den Geschäftsbereich „Olympischer Spitzensport“. Morgens ist er augenblicklich in seinem Büro in Stuttgart, nachmittags dann in Schmiden. Denn Anfang der vergangenen Woche hat der Deutsche Turner-Bund (DTB) den Vielschaffer – zusätzlich – als Standortmanager am RSG-Nationalmannschaftszentrum in Schmiden eingesetzt, das zuletzt Negativschlagzeilen machte. Der Auslöser dafür waren die öffentlichen Vorwürfe der Ex-Athletin Katerina Luschik gegen ihre zwei ehemaligen Trainerinnen in der Nationalgruppe. Die Mutter der 16-Jährigen aus Halle/Saale erstattete gegen die Betreuerinnen Anzeige wegen Körperverletzung, Beleidigung, Nötigung und eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz (wir haben berichtet). Die Ermittlungen des Landeskriminalamts laufen. Da zu dem Fall bundesweit Zeugen vernommen werden, ist ein Ende laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Stuttgart noch nicht absehbar.

Ein zentraler Punkt ist die Ernährungssteuerung

Intern hat auch der DTB als Arbeitgeber der zwei Trainerinnen eine Untersuchung zu dem Fall vollzogen. Parallel zur Ernennung von Michael Breuning zum Standortmanager gab der Verband die Trennung von Karina Pfennig bekannt, die bis dahin Teamchefin der Nationalgruppe war. Natalia Stepanova, die ebenfalls von Katerina Luschik beschuldigte Bundestrainerin der Nationalgruppe, darf dagegen weitermachen. „Der Deutsche Turner-Bund hat es ja offen dargestellt, dass er aufgrund dessen, was er mit den Damen besprochen hat, Frau Stepanova weiter das Vertrauen schenkt“, sagt Michael Breuning dazu.

In einer ersten Amtshandlung hat der neue Standortmanager das ständige Wiegen im Übungsbetrieb erst einmal abgeschafft, die Waage aus der Trainingshalle verbannt. „Im Leistungssport muss man natürlich auf das Gewicht achten, aber das darf nicht zur Belastung werden“, sagt Michael Breuning. „Die Athletinnen und Betreuer sehen doch an der Gestalt und der Bewegung, ob es zu viel ist.“ Ein zentraler Punkt auf seiner Agenda ist die Ernährungssteuerung für Trainings-, Erholungs- und Wettkampfphasen über das ganze Jahr. „Wenn ich in einer Hochleistungsphase 3000 Kalorien verbrenne, kann ich nicht nur 800 zu mir nehmen.“

Verhaltenskodex mit konkreten Richtlinien wird erstellt

Zudem sollen Spezialisten bei der Problembewältigung helfen. Am Mittwoch war Ulrich Conrady (Coach für audio-visuelle Wahrnehmungssteuerung) innerhalb eines Projekts zur Belastungssteuerung zu Gast, bereits am Samstag war der Sportpsychologe Klaus Egert zu einem Mentalcoaching vor Ort. Es soll ein Konfliktleitfaden entstehen. Überdies wird mit den Schmidener Pädagoginnen Katharina Frey und Patricia Steiner der bisherige Ehrenkodex für die Trainerinnen zu einem Verhaltenskodex mit konkreten Richtlinien für Umgang, Ton, Sprache und Verfehlungen ausgearbeitet. „Es sind Missstände zu beheben, die nicht in unser Gesellschaftssystem passen“, sagt Michael Breuning. „Training im Leistungssport ist kein Zuckerschlecken. Aber es muss unter humanen Bedingungen ablaufen – der Ton macht die Musik. Es herrscht auch auf dem Fußballplatz ein rauer Ton. Aber man muss wissen, welche Worte man in den Mund nimmt.“

In seinen Augen ist nach dem Abgang von Ingrid Bauer-Bürkle und Michael Bürkle der Übergang „nicht so gelungen“ – die Eheleute hatten den Stützpunkt seit dessen Gründung 1985 bis 2012 geleitet. „Es sind Lücken entstanden. Wir sind dran, die ganze Struktur zu überarbeiten“, sagt der neue Standortmanager. „Es war nicht alles schlecht. Aber es wird an der einen oder anderen Stelle personalmäßig Ergänzungen geben müssen.“ Thomas Schütte, der seit 2012 im Rahmen eines Acht-Stunden-Minijobs als Stützpunktleiter fungierte, bleibt als Leiter der RSG-Abteilung des TSV Schmiden ein wichtiger Funktionär. Brigitte Striegel, die bisher den Titel Standortmanagerin trug, kümmert sich weiter wie bisher innerhalb eines 25-Stunden-Jobs um die Verwaltung. Über allen steht jetzt aber Michael Breuning, der auf alle Fälle bis zur Heim-Weltmeisterschaft 2015 in Stuttgart als Standortmanager der Hauptverantwortliche sein wird.