In Baden-Baden ist die Stimmung prächtig. Die Preisträger Robert Harting, Christina Obergföll und Karl-Heinz Rummenigge als Repräsentant des FC Bayern München, aber auch die zahlreichen Ehrengäste sonnen sich im Rampenlicht.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Baden-Baden - Zu den Zeiten, in denen Liesel Westermann zur Sportlerin des Jahres gewählt wurde, da gab es für sämtliche Titelträger einen Siegerring – ähnlich dem, wie er in der amerikanischen Basketballliga NBA jedem Meisterspieler zusteht. „Das sind goldene, aber ziemlich klobige Dinger“, erzählt die heute 69 Jahre alte Diskuswerferin, die ihr Sportgerät 1967 im brasilianischen São Paulo als erste Frau über die 60 Meter warf. Dafür wurde Liesel Westermann erstmals zur weiblichen Titelträgerin gekürt, zwei Jahre später gelang der Solingerin der zweite Streich.

 

Weil die alljährliche Gala zum „Sportler des Jahres“ im noblen Bénazet-Saal des Kurhauses von Baden-Baden ihre Helden von einst nicht vergisst, sitzt auch Liesel Westermann am Sonntagabend unter den 700 herausgeputzten Gästen. „Die hätten ja wie alle anderen pünktlich da sein können“, rügt Liesel Westermann, die ihre beiden Ehrenringe lieber zu Hause gelassen hat, lediglich die Abordnung jenes Clubs, der ebenfalls 1967 erstmals unter der Rubrik „Mannschaft des Jahres“ in die Ruhmeshalle des deutschen Sports einzog: Dann ist eine kleine Delegation des FC Bayern München für die Preisverleihung in Baden-Baden eingeschwebt.

„Wir wissen, dass der Fußball vieles überstrahlt und wir auch größere Möglichkeiten haben als andere, weil wir mehr im Fokus stehen“, sagt der Bayern-Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, der die beiden verletzten Spieler Bastian Schweinsteiger und Holger Badstuber zur Stippvisite mitgebracht hat: „Aber ich denke dennoch, dass dieser Titel verdient ist.“ Schließlich haben die Bayern im Sportjahr 2013 alles abgeräumt, was für sie zu holen war. Das Tripel aus Meisterschaft, DFB-Pokalsieg und Gewinn der Champions League unter dem alten Trainer Jupp Heynckes ist auch für die erfolgsverwöhnte Equipe von Münchens Säbener Straße ein Novum in der Vereinsgeschichte.

Der Weltmeister, der sein Trikot zerreißt

„Das ist ein echter Typ. Solche Figuren braucht der Spitzensport“, sagt Liesel Westermann derweil auf dem Parkett des Bénazet-Saals über den Koloss aus Berlin, der am Tisch vor ihr sitzt – und der wie die inzwischen pensionierte Gymnasiallehrerin ebenfalls meisterlich mit dem Diskus umzugehen versteht. Robert Harting schleuderte das Wurfgerät im Sommer bei der Leichtathletik-WM von Moskau im vierten Versuch auf 69,11 Meter. Damit holte sich der 28-jährige Olympiasieger, der sich nach Erfolgen so gern das Trikot vom Leib reißt, seinen dritten WM-Titel. „So eine Auszeichnung gibt mir Selbstvertrauen, meine Linie weiterzufahren“, sagt Harting, als er die goldene Trophäe in Empfang nimmt.

Auch Thomas Bach, der am 10. September frisch ins Amt gewählte Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, weilt in Baden-Baden unter den Gästen. Er gehört zu den Spitzenfunktionären, von denen der streitbare Harting, der bei seiner Wiederwahl zum Sportler des Jahres den Formel-1-Piloten Sebastian Vettel wie auch den Stabhochspringer Raphael Holzdeppe auf die Plätze verwies, gerne gehört werden möchte. „Wir werden uns jetzt dranmachen, dieses Land zu reformieren“, sagt Harting, der nimmermüde Kämpfer für eine größere Mitbestimmung der Athleten, mit leicht ironischem Unterton, „aber natürlich nur sportpolitisch.“

Eine Premiere für Christina Obergföll

Weniger streitlustig, sondern vielmehr überglücklich zeigt sich die Tischnachbarin von Robert Harting, die Offenburgerin Christina Obergföll. Auf eine Weite von 69,05 Meter hat die 32-Jährige den Speer bei den Welttitelkämpfen in Moskau geschleudert. „Für mich ist dies eine hohe Wertschätzung und die Krönung eines fantastischen Jahres 2013“, sagt die Blondine, nachdem sie in ihrer wechselvollen Karriere erstmals den Titel bei den Frauen holte. Damit ließ Obergföll für die Tennisspielerin Sabine Lisicki, die im Saal eifrig mit ihrem neuen Partner, dem TV-Moderator Oliver Pocher, turtelte, sowie die Skifahrerin Maria Höfl-Riesch nur den Silber- und Bronzerang übrig.

Nachdem Obergföll im Spätherbst ihrer Karriere nach vielen zweiten Plätzen doch noch zu Weltmeisterehren gekommen war, musste ihr Lebensgefährte und Techniktrainer Boris Henry bei der Trauung am 13. September seinen Wetteinsatz einlösen. „Wenn sie Weltmeisterin wird, nehme ich ihren Nachnamen an“, hatte Boris Henry versprochen, der nun Boris Obergföll heißt. Einen Weg hin zu einem Kompromiss weiß aber der ZDF-Moderator Rudi Cerne. „Wenn sie beide ihr erstes Kind bekommen – und es wird ein Junge“, empfiehlt Cerne, „dann nennen sie ihn doch einfach Henry.“