Der neue Sportschau-Moderator Matthias Opdenhövel spricht im Interview über Frauenfußball und Rechtepoker um die Bundesliga.

Stuttgart - Er darf ins Heiligste einziehen: Am Samstagabend um 18 Uhr moderiert Matthias Opdenhövel erstmals die ARD-"Sportschau". Im Gespräch äußert er sich zum Frauenfußball und zum Rechtepoker um die Bundesliga.

 

Von Stefan Raab zur alten Tante "Sportschau": das muss ein Kulturschock sein.

Eigentlich nicht. Erstens ist die Tante nicht alt...

Immerhin fünfzig Jahre.

Ja, aber die Zitrone hat noch Saft. Ich habe die ARD in den vergangenen zwei Jahren durch die Kooperation beim Eurovision Song Contest ein wenig kennenlernen dürfen. Die machen mir einen sehr rüstigen, modernen Eindruck.

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Saison als "Sportschau"-Zuschauer?

Dunkel. Die erste Fußballerinnerung habe ich an die Weltmeisterschaft 1974, da war ich knapp vier Jahre alt. Danach war ich infiziert und habe immer pünktlich um 18 Uhr im Frotteeschlafanzug vor der Glotze gesessen.

Die Fußball-Berichterstattung hat sich seitdem stark verändert - zum Besseren?

Die Nostalgiker sagen, "Ran" war eine Schraube zu viel. Aber viele sagen auch, so emotionslos, wie es früher war, würde es heute nicht mehr funktionieren. Die "Sportschau" hat einen gesunden Mittelweg gefunden. Wichtig ist, dass der Ball und das Spiel das Entscheidende sind und nicht das Drumherum.

Was unterschied "Arena" und "Liga Total" bei den Bezahlsendern, für die Sie gearbeitet haben, von der Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen??

Gar nichts. Es gibt natürlich den Faktor Zeit. Wenn man mehr Zeit hat, kann man komplexe Themen intensiver beleuchten. Aber beim journalistischen Niveau sehe ich keine Unterschiede.

Sie haben die "Sportschau" als Heiligen Gral bezeichnet. Dann wären Sie Gralshüter.

So kann man's sagen.

Verpflichtung kommt zum falschen Zeitpunkt

Klingt bleischwer.

Natürlich ist die "Sportschau" eine besondere Sendung. Aber es ist keine Aufgabe, vor der ich zittere.

Muss man sich als Gralshüter einen Satz für die erste Sendung zurechtlegen?

Auf gar keinen Fall. Wer jetzt meint, ich würde eine Alternative zu "Guten Abend allerseits" erfinden, der kann sich beruhigen. Wenn man mit übertriebenem Ehrgeiz versucht, einen Pflock reinzuhauen, funktioniert es nicht.

Ihre Verpflichtung kommt eigentlich zum falschen Zeitpunkt. Gerade hat Deutschland sein Herz für den Frauenfußball entdeckt, und jetzt gibt es wieder nur Männer als "Sportschau"-Moderatoren.

Da bin ich der falsche Ansprechpartner.

Glauben Sie, dass sich durch die Heim-WM etwas verändert?

Es wird sicher nicht so sein, dass die Frauen in der Bundesliga vor 50.000 Zuschauern spielen, aber ich glaube auch nicht, dass der Frauenfußball wieder in der Schublade verschwindet. Für viele Leute ist diese Sportart mit der WM in den Fokus gerückt. Es waren ja begeisternde Spiele dabei, besonders das Endspiel, aber manche Kicks waren auch grottig.

Sie waren mal Stadionsprecher bei Borussia Mönchengladbach - nur ein Job oder eine Herzensangelegenheit?

Letzteres. Der Job war der Vorläufer zu meinen späteren Moderationen, denn wir haben in Gladbach nichts anderes gemacht als bei einer Fußballsendung auch: Interviews auf dem Rasen, eine Halbzeitanalyse und eine Nachbetrachtung - sicher etwas subjektiver geprägt.

Und in einem vollen Stadion.

Das hat bei mir die eine oder andere Gänsehaut erzeugt, ganz ehrlich.

Was wird aus "Unser Star für Baku"?

Seit wann sind Sie Gladbach-Fan?

Mein Opa war Gladbach-Fan, mein Vater auch - da hatte ich nicht viele Chancen.

Viele Kollegen wie Dieter Kürten oder Manfred Breuckmann haben erst nach ihrem Berufsleben ihre Vereinsvorlieben publik gemacht. Geht man damit heute lockerer um?

Ich sehe da kein Problem. Ich kenne auch keinen Kollegen, der nicht für irgendeine Mannschaft Sympathien hat. Uns gelingt es allen ganz gut, dass man das in den neunzig Minuten ausblendet.

Mit dem Heiligen Gral könnte es in zwei Jahren vorbei sein, falls die ARD die Bundesligarechte verliert. Wird es so weit kommen?

Ich persönlich glaube das nicht. Das Modell der Deutschen Fußball-Liga mit den zerstückelten Paketen ist nichts Neues. Es ist auch völlig legitim, dass die DFL für die Vereine versucht, das meiste herauszuholen. Das löst bei uns in der ARD keine Panik aus. Das Label "Sportschau" beinhaltet außerdem auch die Berichterstattung von Europa- und Weltmeisterschaften. Ich werde also noch viel Fußball moderieren.

Gibt es konkrete Absprachen, wie es bei der Euro 2012 läuft?

Wie die Aufteilung konkret aussehen wird, werden wir demnächst besprechen. Generell ist es so, dass wir drei Moderatoren gleichberechtigt eingesetzt werden, auch bei Länderspielen und großen Turnieren.

Gilt das auch für die Olympischen Spiele?

Ja. Geplant ist ohnehin, dass es neben dem Fußball noch ein oder zwei Sportarten gibt, bei denen ich regelmäßig zu sehen sein werde. Ich wünsch mir Tennis.

Beim jüngsten Eurovision Song Contest waren Sie der von Pro Sieben entsandte Moderator. Was wird aus "Unser Star für Baku"?

Das ist ja noch ein bisschen hin. Da haben sich, ehrlich gesagt, alle Beteiligten noch kein Mal darüber unterhalten.

Ist es denn ausgeschlossen, dass Sie "Unser Star für Baku" moderieren?

Überhaupt nicht.

Vom Lipper Land zum Lierhaus-Nachfolger

Laufbahn: Matthias Opdenhövel tritt am Samstag als Nachfolger der schwer erkrankten und noch nicht vollständig rehabilitierten Monica Lierhaus seinen Dienst bei der „Sportschau“ an. Der Vierzigjährige volontierte einst bei der „Lippischen Rundschau“ und bei Radio Lippe. Später arbeitete er als Moderator bei Viva, RTL 2, Vox, Sat 1 (hier führte er gemeinsam mit Barbara Schöneberger durch „Weck up“) und zuletzt bei Pro Sieben („Schlag den Raab“). Er moderierte die Bundesligashows der Bezahlsender „Arena“ und „Liga Total“ und stand in den vergangenen beiden Jahren mit Sabine Heinrich bei den Auswahlshows für den Eurovision Song Contest vor der Kamera. Opdenhövel ist Vater von zwei Kindern und lebt in Köln.

Kollegen: Die zwei anderen Moderatoren der Sportschau bleiben Gerhard Delling und Reinhold Beckmann.