Es begann als relativ üblicher Streit unter Nachbarn - doch dann griff ein Sportschütze zu seiner Waffe und tötete den Kontrahenten. Die Anklage fordert eine harte Strafe - doch der 39-Jährige hofft auf eine neue Chance für sein Leben.

Es begann als relativ üblicher Streit unter Nachbarn - doch dann griff ein Sportschütze zu seiner Waffe und tötete den Kontrahenten. Die Anklage fordert eine harte Strafe - doch der 39-Jährige hofft auf eine neue Chance für sein Leben.

 

Rottweil - Ein Sportschütze, der seinen Nachbarn nach einem jahrelangen Streit erschossen hat, kommt wohl für viele Jahre ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft forderte am Donnerstag vor dem Rottweiler Landgericht 13 Jahre Haft wegen Totschlags, der Anwalt der Witwe verlangte sogar lebenslang wegen Mordes. Der Verteidiger betonte hingegen, man müsse dem geständigen Täter auch die Perspektive auf ein neues Leben eröffnen. „Er weiß, dass er schlimmes Unrecht begangen hat.“ Mehr als neun Jahre Haft wären nicht angemessen.

Der Streit zwischen den beiden Männern in Wellendingen (Kreis Rottweil) schwelte schon lange. Doch an jenem Juli-Abend im vergangenen Jahr gab ein Wort das andere, die Situation eskalierte immer mehr. Schließlich ging der Sportschütze nach eigener Aussage zu seinen Waffenschränken, nahm eine halbautomatische Pistole und passende Munition heraus und erschoss seinen Nachbarn.

Die Tat sei teilweise wie eine Hinrichtung abgelaufen, sagte der Staatsanwalt. Aus unmittelbarer Nähe habe der 39-Jährige seinem Opfer wieder und wieder in den Oberkörper und in die Augen geschossen, bis das Magazin leer war. Der Angeklagte hat das im Großen und Ganzen zugegeben.

Doch die Frage, was den bis dahin völlig unbescholtenen Mann zu der Tat veranlasste, bleib unter den Prozessbeteiligten bis zuletzt umstritten. Bei Freunden und Kollegen galt der 39-Jährige als ruhig und besonnen. Lediglich im Streit mit seinem Nachbarn, in dem es um die Grundstücksgrenze, die Müllentsorgung und um Zufahrtswege ging, soll er mehrmals ausgerastet sein.

Das Urteil soll am 8. April verkündet werden

Ein Erklärungsversuch für die Tat ist, dass damals Ramadan war. Der 39-Jährige hielt sich als gläubiger Muslim streng an die Fastenvorschriften. 14 Stunden lang hatte er trotz der Hitze an jenem Tag nichts getrunken und gegessen. Dadurch sei er geistig stark geschwächt gewesen, sagte ein Gutachter. Auch aus diesem Grund bescheinigte er dem Angeklagten eine verminderte Schuldfähigkeit.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung schlossen sich dieser Argumentation an. Allerdings betonte der Staatsanwalt, dass der Ramadan keine wesentlichen Auswirkungen auf das Strafmaß habe.

Ein anderer Erklärungsversuch ist, dass es kurz vor der Tat wieder einmal zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern kam. Dabei soll das Opfer den 39-Jährigen nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft mit sehr gezielten Beleidigungen bis zum Äußersten provoziert haben.

Die Richter müssen nun entscheiden, ob der 43-Jährige wegen des jahrelangen Streits und der Provokation kurz vor der Tat mit dem Angriff seines Nachbarn rechnen musste, oder ob er völlig arglos war. Das entscheidet letztlich darüber, ob der 39-Jährigen wegen Totschlags zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wird, oder ob er wegen Mordes lebenslang ins Gefängnis kommt.

Das Urteil soll am Dienstag (8.4./10.00 Uhr) verkündet werden.