Professionelle Bewegungsangebote machen sich gut an Ganztagsgrundschulen. Die Sportvereine könnten das leisten. In Stuttgart betreten sie damit Neuland. Doch sie wollen dafür auch eine Profivergütung.

Stuttgart - Mit ihrer Beteiligung am außerunterrichtlichen Bildungsangebot an den Ganztagsgrundschulen betreten die Sportvereine in Stuttgart Neuland. Doch entgegen ihren bisherigen Befürchtungen hätten die ersten Erfahrungen gezeigt: „Es funktioniert super. Die Schulen sind zufrieden, die Eltern sind zufrieden“, so Roland Schmid, der Präsident des Turnvereins Cannstatt. Gemeinsam mit Vertretern der Sportvereinigung Feuerbach und der Sportkultur Stuttgart erläuterte Schmid vor Pressevertretern die Gründe, aber auch die notwendigen Rahmenbedingungen für das neue Engagement der Vereine an den Grundschulen.

 

Wie berichtet, sollen bis spätestens 2020 alle Stuttgarter Grundschulen, die dies wollen, zu Ganztagsschulen werden. Dazu gehören neben dem Unterricht auch außerunterrichtliche Bildungs- und Betreuungsangebote, die von einem Träger der Jugendhilfe in enger Absprache mit der Schule organisiert werden. In diesem Rahmen können, sollen und wollen sich auch die Sportvereine einbringen. Da der Ganztag für alle Kinder bis 16 Uhr verbindlich ist, müssen alle Beteiligten ein verlässliches Angebot liefern.

„Wir erreichen jetzt sogar mehr Kinder“

„Wir verstehen uns als ein wichtiges Stellrädchen in dem Räderwerk Schule – wir glauben, das wir mit wenig Aufwand viel erreichen können“, sagte Roland Schmid. „Wir wollen Freude an der Bewegung vermitteln, die motorische Grundfertigkeiten lehren und das Interesse an Einzelsportarten wecken.“ Derzeit setze man vier hauptamtliche Sportlehrer ein und werde bald an fünf Schulen im Zeitfenster zwischen 13 und 16 Uhr tätig sein. Mit ehrenamtlichen Übungsleitern sei dies nicht zu machen, betonte Roland Schmid. Und: „Es ist wichtig, passgenaue Lösungen zu finden, weil jede Schule anders ist.“ Aber es sei auch „eine große Chance für uns: wir erreichen jetzt sogar mehr Kinder“, berichtete Roland Schmid. „Wir haben keinen Rückgang im Verein.“

Silke Hachenberg, Geschäftsführerin des TVC, ergänzte: „Für die Schule brauchen wir Fachleute.“ Aber die hätten eben auch ihren Preis. Wie hoch der sei, hänge auch davon ab, ob man an einer Schule einen größeren Sportblock belegen könne oder nur einzelne Stunden. Dementsprechend verringere sich der Aufwand für Verwaltung und Organisation. Im Durchschnitt, so Hachenberg, müsse man 34 Euro pro Stunde ansetzen. Allerdings bezuschusst die Stadt das für die Kinder kostenlose Sport- und Bewegungs-angebot nur mit 15 Euro. Die mit der Gestaltung der freizeitpädagogischen Angebot beauftragten Träger der Jugendhilfe bekommen ihrerseits von der Stadt 25 Euro Stundenvergütung für die Betreuung in der gebundenen Ganztagsschule. Wie viel davon sie an die jeweiligen Sportvereine abgeben, soll nach dem Willen der Vereine nicht jedes Mal einzeln ausgehandelt werden.

Sportvereine wollen einen Stundensatz über 30 Euro

„Wir wollen eine Rahmenvereinbarung mit dem Träger hinbekommen“, sagte Matthias Ranke, Geschäftsführer der Sportvereinigung Feuerbach. Schmid betonte allerdings: „Es gibt noch keine Einigung – der Stundensatz muss über 30 Euro liegen.“ Eine Rahmenvereinbarung, so Ranke, hätte zudem den Vorteil, dass auch kleinere Vereine nicht bei Null anfangen müssten. Allerdings müssten auch diese sicherstellen, etwa durch Kooperationen, dass sie unerwartete Ausfälle, etwa durch Krankheit, kompensieren könnten.

„Wir haben im ersten Jahr draufgelegt“, so Florian Mönich von Sportkultur Stuttgart am Beispiel der Steinenbergschule in Hedelfingen, wo der Verein Minihandball und ein allgemeines Bewegungsangebot beigesteuert und 25 Euro pro Stunde erhalten habe. Auch Rolf Schneider, Präsident der Sportvereinigung Feuerbach, sagte: „Wir gehen ohne Einigung in Vorleistung.“ Allerdings erfolgt dieses Engagement nicht ohne Eigennutz. Denn auf diese Weise erreiche man Kinder, die man sonst nicht erreicht hätte. „Wir erleben, dass die Sportvereine an den Grundschulen sehr willkommen sind“, so Hachenberg. Ranke richtet den Fokus bereits auf ältere Kinder: „Man wird auch an den weiterführenden Schulen ein Ganztagsangebot brauchen.“