Hauptamtliche bezahlte Geschäftsführer sollen die Sportvereine fit für die Zukunft machen, fordert Wolfgang Schubert vom TSV Heiningen. Er ist seit zehn Jahren in Geschäft.

Region: Corinna Meinke (com)
Kreis Göppingen Überleben können die kleinen Vereine im Kreis Göppingen in Zukunft nur, wenn sie ihre Strukturen professionalisieren, sagt Wolfgang Schubert vom Turn- und Sportverein Heiningen (TSV). Seit rund zehn Jahren leistet sich der 1000 Mitglieder starke Verein in der Voralbgemeinde mit Schubert einen hauptamtlichen Geschäftsführer.
Herr Schubert, vom Judoka zum Geschäftsführer, war diese Karriere von Ihnen so geplant gewesen?
Nein, eigentlich nicht. In diese Entwicklung bin ich hineingewachsen. Anfangs war ich nur in verschiedenen Funktionen in unserer Judo- und Jiu-Jitsu-Abteilung aktiv. Ab Mitte der 90er Jahre habe ich zunächst eine geringfügige Beschäftigung und dann einen Halbtagsjob für den TSV erledigt. Inzwischen hat sich das längst zu einem Vollzeitarbeitsverhältnis mit 30 Wochenstunden ausgeweitet.

Was haben Sie da alles um die Ohren?
Im Alltagsgeschäft gibt es einen Haufen Routinearbeiten zu erledigen, das ganze Klein-Klein, das so anfällt. Schriftverkehr, zahllose Telefonate, Mitgliederverwaltung, aber auch Öffentlichkeitsarbeit, die Pflege zu Kooperationspartnern, die Organisation des Kursprogramms und das Entwickeln von eigenen Konzeptionen. Das kostet sehr viel Zeit. Ich habe so viel zu tun, dass ich oft wesentlich mehr als 30 Stunden in der Woche arbeite und auch noch ehrenamtliches Engagement mit dranhänge. Das wird in Vereinen eigentlich auch so von einem hauptamtlichen bezahlten Mitarbeiter erwartet.

Und den Vereinsvorsitzenden bleibt Zeit fürs Däumchendrehen?
Das Gegenteil ist der Fall. Unsere Vorsitzenden haben erst durch diese Arbeitsteilung genügend Zeit für ihr eigentliches Geschäft. Das ist vor allem die Vereinsentwicklung und die Frage: Was müssen wir als Nächstes in die Hand nehmen? Wir haben in letzter Zeit unsere Halle modernisiert und eine Fotovoltaikanlage installiert. Dazu kommt noch eine Menge an strategischen Aufgaben.

Das hört sich an wie eine moderne Unternehmensführung.
Das ist es auch. Die Schonfrist für die Vereine ist schon lange abgelaufen. Früher haben Behörden wie das Finanzamt und die Sozialversicherung manchmal nicht so genau hingeschaut und sich gesagt, das machen ja alles Ehrenamtliche, da kann man manchmal auch ein Auge zudrücken. Aber heute haben wir die Prüfer regelmäßig im Haus, da kann und darf man nicht mehr improvisieren.

Apropos Finanzamt: Was wollen die Prüfer eigentlich von Ihnen sehen?
Ein Verein ist in steuerlicher Hinsicht wie ein Unternehmen zu betrachten, nur ist die Sache noch ein wenig komplizierter, weil es neben dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auch noch einen Zweckbetrieb und einen gemeinnützigen Betrieb gibt. Da sind Spezialkenntnisse gefordert, die auch Steuerberater oft nicht besitzen. Darum kümmern wir uns sehr sorgfältig, und für diese Buchhaltungsaufgaben haben wir extra noch eine 400-Euro-Stelle geschaffen.

Wer steht bei Ihnen alles in Lohn und Brot?
Die Zahl kann ich aus dem Stegreif gar nicht nennen, aber es werden immer mehr, denn wir befinden uns gerade im Umbruch. Der klassische Übungsleiter jedenfalls, der das Training in seiner Freizeit ehrenamtlich macht, wird leider immer seltener. In unserem Kursprogramm beschäftigen wir qualifizierte Spezialisten, denen wir ein Honorar bezahlen. Anders bekommen wir solche Leute gar nicht mehr, denn die Konkurrenz durch die Volkshochschulen und privaten Anbieter ist inzwischen sehr groß. Das haben einige Vereine immer noch nicht erkannt. Mit Vorstellungen wie vor 30, 40 Jahren lässt sich heute aber kein Blumentopf mehr gewinnen, da laufen einem die Mitglieder davon.

Ist das nicht eine teure Angelegenheit? Wie erwirtschaften Sie das Geld für solche zusätzlichen Ausgaben?
Zum einen bezahlen die Teilnehmer an unseren Kursprogrammen zusätzliche Gebühren, so dass sich dieser Angebotsbereich selber trägt. Wir haben aber auch bereits vor einigen Jahren unsere Beiträge deutlich angehoben, um den notwendigen Spielraum für eine ordentliche Arbeit zu gewährleisten. Dabei sind wir im organisierten Sport immer noch viel preiswerter als die kommerziellen Studios, weil wir gemeinnützig arbeiten und keine Gewinnabsicht haben. Als einer der Vereinsentwickler im Turngau Staufen höre ich immer wieder „wir haben zu wenig Geld“. Diese Scheu vor der Erhöhung von Mitgliedsbeiträgen führt immer wieder zu grotesken Situationen. Ich meine, die Vereine müssen sich so ausstatten, dass sie ihr Geschäft ordentlich erledigen können. Das gilt im Übrigen auch für die Strukturen. Es wird bekanntlich immer schwieriger, Ehrenamtliche auf Dauer für die Führung eines Vereins zu finden, weil man die Arbeit im Ehrenamt kaum mehr gebacken bekommt. Die Vereinslandschaft pflegt traditionell sehr den eigenen Kirchturm und öffnet sich nur zögerlich neuen Formen der Strukturierung und der Zusammenarbeit mit anderen. Das ist aber eigentlich unglücklich. Die Vorstände werden so mit Aufgaben zugemüllt, dass kein Raum mehr für Visionen bleibt.

Sind das nicht überall dieselben Probleme?
Ich glaube schon, dass es Parallelen gibt. In vielen Kommunen fehlen zum Beispiel Sportstätten. Das ist auch hier in Heiningen der Fall. Der TSV hat hier wenig Möglichkeiten, sich zu entwickeln, weil unsere Hallenkapazitäten schon lange erschöpft sind. Jede Woche bieten wir 75 verschiedene Trainingsgruppen an, damit könnten wir eine weitere dreiteilige Halle komplett füllen. Vor einigen Jahren haben wir deshalb einen Vorstoß für eine neue Halle gemacht. Dagegen hat sich dann eine Bürgerinitiative gebildet, und heute geht es den Kommunen finanziell so schlecht, dass ein Hallenneubau kaum noch infrage kommt.

Könnten sich die Kommunen bei solchen Projekten nicht zusammentun?
Das ist dringend nötig, denn wir müssen Doppelstrukturen abbauen und kooperieren, wo immer es möglich ist. Aber es gibt natürlich auch Vereine, die stark spezialisierte Bedürfnisse haben wie die Geräteturner beim TSV Süßen oder die Fechter von der TSG Eislingen. Gleichzeitig ist es völlig widersinnig, dass jeder Ort eine 400-Meter-Rundbahn unterhält, nur weil es eine schöne Einrichtung ist. Dafür haben die einzelnen Vereine oft viel zu wenig Nutzer. Stattdessen ist es sinnvoll zu kooperieren. Wir sind deshalb der Leichtathletikgemeinschaft Voralb beigetreten, in der Sportler aus Dürnau, Eschenbach und Heiningen gemeinsam trainieren. Das spart Materialkosten und erlaubt den intelligenten Einsatz von Übungsleitern. Und wir müssen das Rad nicht für jeden Verein neu erfinden, eine gute Idee reicht immer auch für mehrere.

Während diese Kooperation seit Langem besteht, diskutiert man darüber, sich auch in andren Bereichen zusammenzutun – und Sie werden als gemeinsamer Geschäftsführer gehandelt, sagen Sie dazu Ja?
Das Thema einer Zusammenarbeit in Fragen der Vereinsverwaltung wurde bisher noch gar nicht erörtert. Wenn es solche Gerüchte gibt, dann überrascht mich das sehr.