Robin Dutt wird als Sportvorstand und als Nachfolger von Fredi Bobic vorgestellt. Er muss auch den Bruch der Clubspitze mit den Fans kitten.

Stuttgart - Bevor er jetzt den VfB retten will, hat Robin Dutt (49) noch kurz überlegt, wer das in den vergangenen Jahren schon alles vor ihm probiert hat. Zu einem eindeutigen Ergebnis ist er dabei jedoch nicht gekommen. Seit dem Gewinn der Meisterschaft 2007 habe der Club ja insgesamt drei Präsidenten und zwei Aufsichtsratsvorsitzende und mit ihm auch drei Manager beschäftigt – „und wie viele Trainer waren es noch einmal?“, fragt Dutt, der am Dienstag im Presseraum der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena als neuer Sportvorstand präsentiert worden ist. Die Antwort lautet: es sind sieben verschiedene Trainer seit 2007 gewesen – Armin Veh (zweimal), Markus Babbel, Christian Gross, Jens Keller, Bruno Labbadia, Thomas Schneider und Huub Stevens (zweimal).

 

Zu einer verlässlichen Bundesliga-Größe machte den VfB aber keiner, weder diese sieben Trainer noch die drei Präsidenten (Erwin Staudt, Gerd Mäuser, Bernd Wahler) noch die beiden Aufsichtsratschefs (Dieter Hundt, Joachim Schmidt) und Manager (Horst Heldt, Fredi Bobic). Vielmehr sind die Probleme sogar mit jedem Wechsel und mit jedem Jahr fast größer geworden. Nun versucht es Dutt. „Das ist eine Herkulesaufgabe“, sagt er.

Euphorisch wird er bei diesem Job nicht gerade empfangen, da kürzlich bei einer SWR-Umfrage immerhin 86 Prozent der Anrufer der Meinung waren, dass Dutt der falsche Mann für diesen Posten ist. Das nimmt er aber nicht unbedingt persönlich, sondern es zeigt ihm, dass der VfB durch seine ständigen Personalrochaden auf allen Ebenen einen enormen Vertrauensverlust an der Basis hinnehmen musste. Dutt sagt: „Angesichts der Entwicklung ist es ja klar, dass die Leute nicht mehr zu allem Ja und Amen sagen“ – also auch zu seiner Verpflichtung nicht.

Rote Karte für die Vereinspolitik

Statt Ja und Amen sagen viele Fans inzwischen Nein und Schluss zu der Vereinspolitik – die Rote Karte. Das führte dazu, dass der VfB die für dieses Jahr vorgesehene Ausgliederung seiner Profiabteilung zumindest bis 2016 zurückgestellt hat, weil die erforderliche Mehrheit der Stimmen auf einer Mitgliederversammlung kaum zu erzielen gewesen wäre. Wie die Stimmung unter den Anhängern ist, hat Wahler dann noch mal am 18. Dezember erfahren, als er sich mit Fanvertretern zu einem Gedankenaustausch getroffen hat.

Die Gesprächsatmosphäre war alles andere als vorweihnachtlich friedlich, weil es massive Kritik an der Clubspitze gab. Laut Sitzungsprotokoll (das der StZ vorliegt) räumte Wahler dabei Versäumnisse ein – ziemlich viele sogar angesichts seiner erst 16 Monate dauernden Amtszeit. So sagte der Präsident etwa, man sei sich im Sommer sicher gewesen, dass Armin Veh der richtige Trainer ist, aber dann habe man feststellen müssen, dass man sich getäuscht habe. Oder er gestand, dass die Vertragsverlängerung von Vedad Ibisevic im Juli zu besseren Konditionen ein Fehler war – wobei man von der damaligen sportlichen Führung mit Bobic falsch beraten worden sei. Weiter räumte Wahler ein, dass er zu lange hinter Bobic gestanden sei, der ihm erklärt habe, dass Spielerwechsel in der Regel immer erst an den letzten drei Tagen einer Transferperiode über die Bühne gehen. Wahler glaubte das, aber so blieb der VfB im Sommer auf Altlasten sitzen – was die angespannte finanzielle Lage des Clubs verschärft hat.

Die Stuttgarter Maulwurfaffäre

Dass der Vertrauensverlust auch vor den eigenen Reihen nicht Halt macht, wurde am 18. Dezember ebenfalls deutlich. So sind zuletzt immer wieder Vereinsinterna nach außen gedrungen – die „Maulwurfaffäre“ des VfB. Wahler teilte den Fanvertretern mit, dass er deshalb dem Aufsichtsrat die Vertrauensfrage gestellt und alle Aufsichtsräte eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben lassen habe, die bei Nichteinhaltung mit Strafen verbunden sei. Streng vertraulich – nicht lange nach dem 18. Dezember wurde dann übrigens lanciert, dass die Verpflichtung von Dutt perfekt ist.

Das ist die Situation, die der mit einem Vierjahresvertrag ausgestattete Manager in Stuttgart jetzt vorfindet. Dass 86 Prozent der SWR-Anrufer gegen ihn votiert haben, dürfte aber auch mit Dutt selbst zusammenhängen – speziell mit dessen Zitat nach dem Ausstieg als DFB-Sportdirektor im Mai 2013, als er sich sinngemäß so äußerte, er habe gemerkt, dass er Trainer sein wolle und kein Mann für die Arbeit am Schreibtisch sei. Natürlich hätte er das auch ein bisschen anders formulieren können – und zwar so, dass er den Kitzel der Bundesliga vermisst habe, sagt Dutt, „aber in solchen Momenten denkt man nicht an das, was in zwei Jahren vielleicht passiert.“

Nun hat er aber schon einen Plan für die Zukunft – in der Theorie. Dutt will die Profis, die Jugend und das Scouting enger miteinander verbinden und verschmelzen als bisher. „Der VfB hat Handlungsbedarf – sonst würde er nicht da stehen, wo er steht“, sagt er. Das stimmt. Und zumindest in diesem Punkt ist sich der nächste Retter in spe dann ja schon einmal mit den Fans einig.