Sportwagenbauer Ferrari Ferrari fährt gebremst ins Elektrozeitalter
Der Sportwagenbauer stellt seinen ersten Vollelektriker vor, macht aber gleichzeitig Abstriche bei den Zielen. Ergeht es den Italienern jetzt wie Porsche?
Der Sportwagenbauer stellt seinen ersten Vollelektriker vor, macht aber gleichzeitig Abstriche bei den Zielen. Ergeht es den Italienern jetzt wie Porsche?
Der italienische Sportwagenbauer Ferrari hat es nicht eilig mit der Elektrifizierung. Am Firmensitz in Maranello bei Modena stellte Ferrari jetzt zwar die zentralen Komponenten des ersten vollelektrischen Modells vor, das ab kommenden Jahr im Angebot sein soll. Doch die ursprünglichen Absatzziele wurden deutlich zurückgenommen: Vollelektrische Autos sollen 2030 nur 20 Prozent zum Gesamtabsatz beitragen. Bisher sollten es 40 Prozent sein.
Dabei lässt der Viertürer mit mehr als 1000 PS, einer Spitzengeschwindigkeit von 310 Stundenkilometer und einer Reichweite von mehr als 530 Kilometern, der um die 500 000 Euro kosten soll, kaum Wünsche offen. Und die Techniker haben auch dafür gesorgt, dass der Sound stimmt. Doch dem Ferrari-Stromer fehlt das Herz, der Hochleistungsmotor, der die Herzen der „Ferraristi“ seit 78 Jahren höher schlagen lässt. Und die Nachfrage der Kunden nach elektrischen Autos ist geringer als noch vor wenigen Jahren angenommen. „Nicht alle Kunden wollen Elektroautos“, sagt Ferrari-Chef Benedetto Vigna dazu. Man sei flexibel.
Ferrari ist mit dem ersten Vollelektriker viel später dran als etwa Porsche, das mit dem Taycan bereits seit 2019 ein solches Fahrzeug im Angebot hat. Doch das ist bisher kein Nachteil für Ferrari. Porsche schreibt nach fünf Gewinnwarnungen seit 2024 in diesem Jahr im schlimmsten Fall sogar Verluste und setzt wieder stärker auf den Verbrenner. Ferrari-CEO Benedetto Vigna hat dagegen die Jahresprognose für 2025 angehoben. Statt eines Umsatzes von sieben Milliarden Euro erwartet er nun Erlöse von 7,1 Milliarden Euro und eine unveränderte Betriebsmarge von über 29 Prozent. Für 2030 peilt er sogar mehr als 30 Prozent an. Das ist einzigartig in der Autobranche.
Vigna sagt, es sei „nicht wichtig, bei der Elektrifizierung der Erste zu sein, sondern mit einer einzigartigen Technologie aufzuwarten.“ Doch er macht Abstriche: Aufsichtsratsvorsitzender John Elkann, Vertreter des Großaktionärs Exor, versicherte, man werde die Verbrennermotoren weiterentwickeln. Sie sollen 2030 noch 40 Prozent zum Absatz beitragen – statt der bisher geplanten 20 Prozent. Dabei hat Ferrari für die Produktion der Elektro-Fahrzeuge eigens eine Produktionshalle errichtet, in der die elektrischen Antriebssysteme, die Batterien mit Zellen eines Partners und die Achsen entwickelt worden sind und gebaut werden.
Wie sich der Ferrari-Vollelektriker verkaufen wird, wird sich zeigen. Die Verbrenner- und Hybrid-Fahrzeuge von Ferrari gehen weg wie warme Semmeln. Die Kunden müssen in der Regel Wartezeiten von etwa zwei Jahren akzeptieren. Dennoch will Vigna, dass Ferrari nur behutsam wächst. „Die Impulse sollen nicht aus Volumenwachstum kommen. Wir wollen vermeiden, dass zu viele Ferrari des selben Typs auf den Straßen sind.“ Das Schlüsselwort für ihn ist Verknappung. Damit soll die Exklusivität gewahrt bleiben.
Vigna, ein Software-Spezialist aus dem süditalienischen Potenza, setzt auf Innovationen. Er hat den größten Teil seines Berufslebens beim Chip-Produzenten STMicroelectronics verbracht und hält mehr als 200 Patente vor allem in den Bereichen Konnektivität und Imaging. Er ist geholt worden, um die Führungsrolle des Herstellers „der schönsten und technologisch anspruchsvollsten Autos der Welt zu stärken“. Vigna hat viele Elektronik- und IT-Fachleute ins Unternehmen geholt.
Ferrari will bis 2030 jährlich vier neue Modelle auf den Markt bringen. Die Impulse sollen in erster Linie aus einem besseren Verkaufsmix kommen. Auch im Lifestyle-Segment und im Motorsport sieht Vigna Potenzial. Er räumt aber ein, dass die derzeitigen Ergebnisse in der Formel 1 zu wünschen übrig lassen. Außerdem baut Ferrari die Rennsegel-Yacht Hypersail.
Doch das Hauptgeschäft bleibt der Verkauf von Autos – vor allem Verbrenner und Hybridfahrzeuge. Vigna peilt bis 2030 einen Umsatzzuwachs von jährlich fünf Prozent auf neun Milliarden Euro und einen Zuwachs beim Betriebsergebnis (Ebit) gegenüber 2024 von 1,9 auf über 2,75 Milliarden Euro an. Die Aktionäre, die zwischen 2022 und 2025 jeweils zwei Milliarden Euro in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen erhalten haben, sollen zwischen 2026 und 2030 jeweils 3,5 Milliarden Euro erhalten.
Weder US-Strafzölle, noch geopolitische Verwerfungen können Ferrari bisher stoppen. Fachleute sehen den Sportwagenhersteller eher als Super-Luxusunternehmen, denn als Autoproduzent. Kunden, die in der Lage sind, mehrere hunderttausend Euro für einen Ferrari hinzulegen und meist mehrere Modelle in ihrer Garage stehen haben, stören sich nicht an Krisen. Und die Zahl der Superreichen steigt.
Enttäuscht haben die Märkte reagiert. Sie hatten bessere Zahlen erwartet: Der Ferrari-Aktienkurs brach nach der Präsentation um mehr als 20 Prozent ein.
Spitzenposition
Seine 78 Jahre sieht man dem Sportwagenbauer Ferrari nicht an. Dem 2015 aus dem Fiat-Konzern ausgegliederten Unternehmen, das seither separat an der Börse notiert ist, geht es besser denn je. Mit einer Umsatzrendite von 30,9 Prozent im zweiten Quartal 2025 steht es in der Autoindustrie weltweit ganz vorn. bl
Bewertung
Seit dem Börsengang 2015 haben sich die Marktkapitalisierung, also der Börsenkurs, auf 64 Milliarden Euro mehr als versechsfacht und das Betriebsergebnis vervierfacht. Ganz anders bei Porsche: Hier hat sich der Börsenkurs seit dem Börsengang Ende September 2022 fast halbiert.