Anglizismen und Bürokraten-Deutsch, Mode-Floskeln und aussterbende Begriffe – in unserer Sprach-Glosse hören wir genau hin. Wie die Menschen so reden, was sie sagen, wie sie’s meinen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Eine Hutschnur ziert viele Kopfbedeckungen. US-General George Armstrong Custers Hut, mit dem er am 25. Juni 1876 am Little Bighorn gegen die Sioux ritt, hatte sie. Das kreisförmig zwischen Kappe und Krempe angebrachte Band hält den Hut zusammen. Beim Reiten unters Kinn gezogen verhindert sie, dass der Hut vom Kopf fliegt. Wenn einem etwas über die Hutschnur geht, ist Ärger programmiert. Das erträgliche Maß ist voll, man ist einer Sache überdrüssig.

 

Antiquierte Redewendung

Die Redensarten „Es geht einem etwas über die Hutschnur“ und „Jemandem geht der Hut hoch“ werden hier vermischt. Custer dürfte die Übermacht der Indianer über die Hutschnur gegangen sein. Im Eifer des Gefechts verlor er Hut und Leben. Die antiquierte Redenwendung stammt aus dem Mittelalter und ist in die Umgangssprache eingegangen. Die Hutschnur verwendete man als Maß für die Dicke eines Wasserstrahls.

„Hutsnur“ – eine Art Maßband

Im Staatsarchiv zu Eger (auf tschechisch Cheb), einer Stadt im äußersten Westen Tschechiens, wird eine Urkunde von 1356 aufbewahrt, in der die Nutzung einer Wasserleitung festgeschrieben wird. „Des selben Wazzers schol in niht mer noch diecker auz den Roeren gen, danne ein Hutsnur.“ Die Nutzer der Leitung durften demnach nur so viel Wasser für sich abzweigen, wie sie unbedingt brauchten. Wobei der Wasserstrahl die Dicke einer Hutschnur nicht überschreiten durfte. Wer mehr entnahm, machte sich eines Vergehens schuldig.