Anglizismen und Bürokraten-Deutsch, Mode-Floskeln und aussterbende Begriffe – in unserer Sprach-Glosse hören wir genau hin. Wie die Menschen so reden, was sie sagen, wie sie’s meinen. Heute unter der Lupe: Plattitüde.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Die Jamaikaner treten auf der Stelle. Nein, nicht die Bewohner des karibischen Inselstaates. Gemeint sind die Unterhändler der vier Bundestagsparteien – CDU/CSU, FDP und Grüne –, die es miteinander in einer Koalition der Willigen versuchen wollen, obwohl sie eigentlich ziemlich unwillig sind. Grünen-Chefin Simone Peter hat Liberalen-Chef Christian Lindner vorgeworfen, „populistische Plattitüden“ von sich zu geben.

 

Plattitude, plat

Das Wort leitet sich tatsächlich von platt ab. Genauer gesagt: vom französischen Substantiv „plattitude“ und vom Adjektiv „plat“, was im übertragenen Sinne flach, banal bedeutet. Im Deutschen nehmen nur Gebildetete oder solche, die sich dafür halten, den Begriff in den Mund, um eine Aussage als Gemeinplatz oder eine Binsenweisheit zu demaskieren.

Wer indes getreu Martin Luther dem Volk lieber aufs Maul schaut, wird eher von Käse, Bullshit, Kokolores oder Dumpfbacken-Geschwätz reden. Ein andere Begriff für Plattitüde ist Flloskel, Worthülse oder Wiesel-Wort (vom Amerikanischen „weasel word“).

Wutredner und Phrasendrescher

In der Politik gehören Allgemeinplätze, Plattheiten und Populismen zwingend zur rhetorischen Leitkultur. Christian Lindner hat eins ums andere Mal sein diesbezüglich außerordentliches Talent bewiesen und in der Rolle des Phrasendreschers und Wutredners brilliert.

Ganz in der Tradition von parlamentarischen Pöbel-Granden wie Herbert Wehners, Franz Josef Strauß, Horst Ehmke, Helmut Schmidt oder Joschka Fischer. Was man von der eher farblosen Grünen Simone Peter nicht gerade behaupten kann.