Die Nachfrage nach dem neuen Sprachcafé in Weinstadt ist ungebrochen stark. Die Teilnehmer aus verschiedenen Ländern wollen sich auf Deutsch unterhalten, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Ein Besuch.
Frauen und Männer unterschiedlichen Alters und verschiedener Nationen versammeln sich im Familienzentrum Weinstadt zum Sprachcafé. Aus der Ukraine, Türkei, dem Libanon, Ägypten, Syrien, Palästina und afrikanischen Staaten kommen sie unter anderem. Trotz der kulturellen Unterschiede finden sich rasch Gesprächsgruppen. Denn die Teilnehmer verbindet ein gemeinsames Ziel: Sie wollen sich auf Deutsch unterhalten, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Es wird geredet und gestikuliert. Ehrenamtliche Moderatoren animieren dazu und leiten an. Der Geräuschpegel nimmt zu. Ein Teil der Gruppen wechselt deswegen in ruhigere Nachbarräume.
Die Anregung kam aus den Reihen der Geflüchteten
Seit Februar gebe es das rein ehrenamtlich organisierte Angebot, berichtet die städtische Integrationsbeauftragte Andrea Paasch: „Die Anregung dazu kam aus den Reihen der Geflüchteten. Sie wollten das in Deutschkursen Gelernte anwenden und üben.“ Daraufhin habe der Weinstädter Beirat für Fragen der Integration und Migration – kurz Weibim – das Sprachcafé initiiert, für welches wiederum die Evangelische Gesellschaft (eva) Räume in ihrem Familienzentrum zur Verfügung gestellt habe.
Ehrenamtliche, die das Sprachcafé organisieren, seien schnell gefunden gewesen – mehr als gebraucht wurden. „Am Anfang waren es zu viele Moderatoren“, erzählt Ingrid Gautsch. Sie gehört zu dem inzwischen zehnköpfigen festen Moderatorenteam, das in wechselnder Besetzung die Treffen regelmäßig leitet. Darüber hinaus könne man noch auf einen Pool an Vertretungskräften zurückgreifen, sagt Gautsch.
Derweil mangelte es dem Sprachcafé von Beginn an auch an Teilnehmern nicht, wie ihre Moderatorenkollegin Bärbel Munder ergänzt. Da alle reden wollten, sei es in dem anfangs nur einen Veranstaltungsraum rasch zu laut und eng geworden. Daraufhin habe die eva für das Sprachcafé zwei weitere Zimmer im Familienzentrum zur Verfügung gestellt. Dort findet es mittlerweile zweimal wöchentlich statt: montagnachmittags mit parallel angebotener Kinderbetreuung und donnerstagabends für berufstätige Teilnehmer. Die Nachfrage sei ungebrochen, berichtet Munder: „Es ist noch nie ausgefallen, weil keiner gekommen ist.“ Derweil sei die Teilnahme an dem niederschwelligen, offenen Angebot freiwillig. Dennoch seien einige Besucher bereits Stammgäste, während andere lediglich sporadisch kämen.
Die Herausforderung für die Moderatoren: Das Sprachniveau der Teilnehmer ist sehr unterschiedlich. „Das reicht von relativ wenigen, rudimentären Sprachkenntnissen bis B2-Niveau“, sagt Munder. Doch die Moderatoren wissen, damit umzugehen und lassen sich auf die Themen der Cafébesucher ein. So dreht sich das Gespräch zwischen Munder und zwei älteren Ukrainern nach anfänglichen sprachbedingten Startschwierigkeiten bald um das Thema Fußball. Gestenreich berichten die Männer dabei unter anderem auch von den Granatenangriffen, die das Sportstadion in ihrer Heimatstadt Donezk schwer beschädigt haben. Die Donbass Arena war bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 Austragungsort. Wo die Worte noch fehlen, behelfen die drei sich mit Skizzen, bis mit Munders Unterstützung die passenden Worte in Deutsch gefunden sind. Gewissenhaft notieren sich die Männer die neu gelernten Wörter.
Die Deutschkenntnisse weiter vertiefen
Recht flüssig läuft derweil die Unterhaltung zwischen dem Moderator Martin Krohn und zwei jungen Frauen, die aus der Ukraine und dem Irak stammen. Im lockeren Smalltalk tauscht sich das Trio über Ausflugserlebnisse und Sehenswürdigkeiten auf der Schwäbischen Alb aus. Sehr konzentriert bei der Sache ist die Gruppe um Gautsch. Gemeinsam liest das Damenkränzchen kapitelweise eine Buchzusammenfassung, vertieft dabei die bereits sehr guten Deutschkenntnisse und erweitert so den Wortschatz.
Doch eines ist allen gemeinsam: die Erzählfreude. Diese ist so groß, dass der bereitgestellte Kaffee entweder erst gar nicht angerührt wird oder in den Tassen kalt wird. Gebäck biete man daher schon gar keines mehr an, sagt Munder schmunzelnd. „Lust an der Sprache und Gesprächen“, das sei es auch, was man als Moderator mitbringen müsse, meint Gautsch. Dabei sind die Berufe, die Gautsch, Munder und Krohn in ihrem Berufsleben ausgeübt haben, höchst unterschiedlich. Während Gautsch als gelernte Bankkauffrau im Versicherungswesen tätig war, arbeitete Munder als Sozialpädagogin und Krohn als Ingenieur. Jetzt sind alle drei wie fast alle im Moderatorenteam im Ruhestand und engagieren sich unter anderem auch im Integrationsverein Weinstadt.