Als Gott den Mann schuf, übte sie bloß. Der alte Sponti-Spruch entzückt mich, sooft ich ihn höre. Aber darum geht’s hier nicht. Es geht, wenn man (nein, frau) so will, um die sogenannte geschlechtergerechte Sprache und wie man dieselbe organisiert – und zwar bitte sehr praktikabel. Von den Feministinnen kamen da in letzter Zeit diverse Einsprüche, Anträge, Petitionen, allesamt hochberechtigt, allesamt inpraktikabel. Ob Kolleg(inn)en, TechnikerInnen, Mitarbeiter/innen: viel Erfolg war denen kaum beschieden.

 

Das Trottoir ist ein Bürgersteig sogar dann, wenn dort Damen spazieren. Entschlossene Feministinnen wollten die deutsche Gesellschaft vor dieser Verirrung bewahren, sie rieten, den Bürgersteig zu ersetzen durch eine Vokabel mit großem I mittendrin, zum Zeichen unsexistischer Neutralität beim Formulieren: BürgerInnensteig. Daraus ist nichts geworden, gottlob. Aber der Umstand, dass wir hinfort beide Geschlechter aufzählen müssen, wenn wir Wählerinnen und Wähler, Kundinnen und Kunden ansprechen wollen – diese Umständlichkeit ist uns geblieben. Natürlich sind Doppelnennungen à la „Studentinnen und Studenten“ ein Witz, sie machen die Sprache nur leiernder, leerer, formelhaft ausgedroschen. Weiß jeder.

Genus und Sexus sind zwei verschiedene Dinge

Ja, jeder. Semper sexus masculinus etiam femininum sexum continet: stets schließt das männliche Geschlecht das weibliche Geschlecht mit ein, so wussten’s schon die alten Römer. Wer also formuliert: „Jede(r) kann etwas tun“, tut leider etwas Überflüssiges, weil das Pronomen und Zahlwort jeder bereits alle einzelnen Personen einer Gesamtheit miteinschließt. Jeder, Mensch, Zuschauer, Lehrer: lauter Ausdrücke, welche die Sprachwissenschaft als generische Maskulina bezeichnet, sprich, als Wortformen mit maskulinem Genus und unbestimmtem biologischem Geschlecht. Solche Wortformen sind im Deutschen überaus häufig, und ihr Zweck ist immer derselbe: sie sollen Personen auf eine Art und Weise benennen, die als geschlechtsneutral durchgehen kann.

„Einspruch!“, rufen hier die Feministinnen, denen schier jedes generische Maskulinum als sexistisch vorkommen will, weil darin (etwa bei den Studenten) die Frauen lediglich mitgemeint seien. Wer so argumentiert, verwechselt Genus und Sexus oder setzt beide gleich, außerdem übersieht er, dass auch die Männer in der Wortform Studenten bloß mitgemeint sind.

Sprache kann die Realität nicht verdecken

Fazit? Die deutsche Sprache, die viel mehr „die“ hat als „der“ (Kunststück, man bedenke „die“ Pluralformen), schneidet im europäischen Sprachenvergleich überraschend geschlechtsgerecht ab, um nicht zu sagen: gendergerecht. Im Spanischen etwa heißen die Eltern los padres, und dies sogar dann, wenn die Eltern zwei Frauen sind. Partizipialformen, wie sie vorliegen bei den  Studierenden, führen grammatisch in Sackgassen, weil sie präzis nur einen gegenwärtigen Zustand bezeichnen: schon als in einem Weiher Schwimmende sind sie keine Studierenden mehr.

An Sprachformen hängen Karriere-Chancen

Die Gegner der feministischen Sprachkritik behaupten, das Maskulinum sei ökonomisch und stünde für beide Geschlechter. Empirische Forschungen haben aber den Beweis erbracht, dass das Maskulinum keineswegs neutral ist, sondern in den Köpfen der Menschen überwiegend männliche Bilder erzeugt und Gedanken an Frauen gar nicht erst aufkommen lässt.

Bei der Suche nach geeigneten KandidatInnen für politische Ämter hat sich z. B. „gezeigt, dass es von der Formulierung der Fragen abhängt, wie häufig Frauen vorgeschlagen werden. Das bedeutet also, dass die verschiedenen sprachlichen Formen die Chancen von Frauen ganz konkret verringern oder erhöhen. Und dabei geht es um sehr konkrete Vorteile in Form von Anerkennung, Karriere und nicht zuletzt finanziellem Gewinn.“ So resümiert die Linguistin Friederike Braun die Ergebnisse einer Studie.

Der Kampf ist langwierig, aber er lohnt sich

Etwas Besseres könnte natürlich den Männern nicht passieren und ganz besonders unseren männlichen Machteliten in Politik, Wirtschaft, Medien und so fort: Der Gedanke an die weibliche Konkurrenz wird schon im Vorfeld, vor jeder Auseinandersetzung um gerechtere Verteilung der Ressourcen, durch die Männersprache erschwert. Frauen kommen vielen, auch vielen Frauen, gar nicht erst in den Sinn.

Der Kampf für eine gerechte Sprache ist langwierig, aber notwendig. Und er lohnt sich. Das Maskulinum ist nicht mehr das, was es einmal war.

Luise F. Pusch
ist Sprachwissenschaftlerin und Publizistin. Sie gilt als Begründerin der feministischen Linguistik.

Kontra: Fußgehendenampel. Von Ruprecht Skasa-Weiß

Als Gott den Mann schuf, übte sie bloß. Der alte Sponti-Spruch entzückt mich, sooft ich ihn höre. Aber darum geht’s hier nicht. Es geht, wenn man (nein, frau) so will, um die sogenannte geschlechtergerechte Sprache und wie man dieselbe organisiert – und zwar bitte sehr praktikabel. Von den Feministinnen kamen da in letzter Zeit diverse Einsprüche, Anträge, Petitionen, allesamt hochberechtigt, allesamt inpraktikabel. Ob Kolleg(inn)en, TechnikerInnen, Mitarbeiter/innen: viel Erfolg war denen kaum beschieden.

Das Trottoir ist ein Bürgersteig sogar dann, wenn dort Damen spazieren. Entschlossene Feministinnen wollten die deutsche Gesellschaft vor dieser Verirrung bewahren, sie rieten, den Bürgersteig zu ersetzen durch eine Vokabel mit großem I mittendrin, zum Zeichen unsexistischer Neutralität beim Formulieren: BürgerInnensteig. Daraus ist nichts geworden, gottlob. Aber der Umstand, dass wir hinfort beide Geschlechter aufzählen müssen, wenn wir Wählerinnen und Wähler, Kundinnen und Kunden ansprechen wollen – diese Umständlichkeit ist uns geblieben. Natürlich sind Doppelnennungen à la „Studentinnen und Studenten“ ein Witz, sie machen die Sprache nur leiernder, leerer, formelhaft ausgedroschen. Weiß jeder.

Genus und Sexus sind zwei verschiedene Dinge

Ja, jeder. Semper sexus masculinus etiam femininum sexum continet: stets schließt das männliche Geschlecht das weibliche Geschlecht mit ein, so wussten’s schon die alten Römer. Wer also formuliert: „Jede(r) kann etwas tun“, tut leider etwas Überflüssiges, weil das Pronomen und Zahlwort jeder bereits alle einzelnen Personen einer Gesamtheit miteinschließt. Jeder, Mensch, Zuschauer, Lehrer: lauter Ausdrücke, welche die Sprachwissenschaft als generische Maskulina bezeichnet, sprich, als Wortformen mit maskulinem Genus und unbestimmtem biologischem Geschlecht. Solche Wortformen sind im Deutschen überaus häufig, und ihr Zweck ist immer derselbe: sie sollen Personen auf eine Art und Weise benennen, die als geschlechtsneutral durchgehen kann.

„Einspruch!“, rufen hier die Feministinnen, denen schier jedes generische Maskulinum als sexistisch vorkommen will, weil darin (etwa bei den Studenten) die Frauen lediglich mitgemeint seien. Wer so argumentiert, verwechselt Genus und Sexus oder setzt beide gleich, außerdem übersieht er, dass auch die Männer in der Wortform Studenten bloß mitgemeint sind.

Sprache kann die Realität nicht verdecken

Fazit? Die deutsche Sprache, die viel mehr „die“ hat als „der“ (Kunststück, man bedenke „die“ Pluralformen), schneidet im europäischen Sprachenvergleich überraschend geschlechtsgerecht ab, um nicht zu sagen: gendergerecht. Im Spanischen etwa heißen die Eltern los padres, und dies sogar dann, wenn die Eltern zwei Frauen sind. Partizipialformen, wie sie vorliegen bei den  Studierenden, führen grammatisch in Sackgassen, weil sie präzis nur einen gegenwärtigen Zustand bezeichnen: schon als in einem Weiher Schwimmende sind sie keine Studierenden mehr.

Stehen Zufußgehende bald still vor Zufußgehendenampeln? Meine liebe Schwänin, dann sehen wir aber schwarz für die Christinnenheit! Sprache dient der Verständigung, sie muss benutzbar, griffig, praktikabel sein. Die Gendersprache ist alles andere: eine Nebelkerze, deren Wörterwolken die Realität verdecken – die Realität der faktischen Ungleichbehandlung, der schlechteren Löhne, der mieseren Karriereaussichten für die Frauen. Daran ändert die Gendersprache rein gar nichts.

Ruprecht Skasa-Weiß
ist den StZ-Lesern durch seine Kolumne „Fünf Minuten Deutsch“ vertraut.