An Fellbacher Schulen und Einrichtungen im Kreis werden Flüchtlingskinder aus der Ukraine unterrichtet. Die Verteilung läuft nach Wohnort und Sprachkenntnissen. Die Zahlen steigen, und alle sind gefordert.

Rems-Murr: Simone Käser (sk)

David Coronel kann gar nicht oft genug betonen, wie dynamisch die Verteilung der Flüchtlingskinder an Fellbacher Schulen momentan ist. „So dramatisch wie die Lage im Krieg in der Ukraine derzeit verläuft, kommen täglich viele neue Kinder dazu. Die Zahlen an den Schulen ändern sich laufend. Momentan sind es um die 30“, sagt der Schulleiter der Wichernschule und geschäftsführender Schulleiter in Fellbach.

 

Kommt eine Familie an, wendet sie sich oft selbst an die Schule

Kommt eine Familie an, wendet sie sich entweder selbst an die Schule, die am nächsten am Wohnort liegt, oder sie erhält dabei Hilfe von Ehrenamtlichen oder der Gastfamilie, bei der sie untergekommen ist. „Die Entscheidung, an welche Schule ein Kind kommt, verläuft auch abhängig von Sprachkenntnissen, Geschwistern und natürlich von den Kapazitäten der jeweiligen Schule“, sagt David Coronel. Sei eine Schule völlig ausgelastet, könne sie das sagen und helfe dann mit, dass das Flüchtlingskind an einer benachbarten Schule unterkomme, so der Schulleiter der Wichernschule.

Ganz ähnlich beschreibt es auch die Leitende Schulamtsdirektorin des Staatlichen Schulamts Backnang, Sabine Hagenmüller-Gehring. „Seit beinahe vier Wochen besuchen Kinder und Jugendliche aus der Ukraine Schulen im Schulamtsbezirk Backnang. Die Familien, meist sind es nur die Mütter, gehen häufig direkt auf die Schule am Ort zu. Andere rufen bei uns an.“ Bei größeren Unterbringungen in einer Kommune würden auch die Schulträger oder die Schulleitungen Kontakt mit ihnen aufnehmen, und dann werde immer der Einzelfall betrachtet, sagt Sabine Hagenmüller-Gehring.

Die Verteilung im Kreis läuft dezentral

Auch wenn die Verteilung im Kreis dezentral läuft, braucht es überall jemanden, der den Überblick behält und die Infos sammelt. Diese Rolle hat David Coronel in Fellbach übernommen. Und das, was er mitbekommt, lässt ihn staunen: „Es ist beeindruckend, was da sowohl an den Schulen als auch in der Elternschaft, also in der Gesellschaft als solcher, für eine Hilfsbereitschaft da ist und sich in Taten zeigt.“ Obwohl die Pandemie den Leuten viel abverlangt und sie eher weg von der Gesellschaft getrieben habe, sei ein starker Zusammenhalt da.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Solidarität mit der Ukraine

Aber der geschäftsführende Schulleiter in Fellbach beobachtet auch, dass die Flüchtlingskinder, die nun zusätzlich und sehr flexibel beschult werden müssen, auf ein überlastetes System treffen. „Sowohl Pandemiefolgen, beispielsweise durch Quarantänen, als auch der generelle Lehrermangel zeigen sich deutlich“, sagt David Coronel. Auch in den sogenannten VKL-Klassen, also den Vorbereitungsklassen für Schüler ohne Deutschkenntnisse, gebe es momentan zu wenig Plätze. „Wir haben in Fellbach derzeit sieben VKL-Klassen, sechs in Grundschulen in integrierter Form und eine in der Sekundarstufe. Das reicht nicht, deshalb müssen die Flüchtlingskinder in allen Klassen untergebracht werden.“

Die Schüler aus der Ukraine verteilen sich in Fellbach aktuell auf acht Schulen. Da die Zeppelinschule als einzige weiterführende Schule eine VKL-Klasse habe, seien dort die meisten, nämlich acht Flüchtlinge untergebracht, berichtet der geschäftsführende Schulleiter in Fellbach.

Auch die Amtsleiterin Sabine Hagenmüller-Gehring erklärt, dass zu Beginn des Schuljahres weitaus mehr Vorbereitungsklassen geplant waren, als es derzeit gibt. „Der Grund dafür ist die äußerst angespannte Situation in der Unterrichtsversorgung. Mit Zunahme der Ausfälle von Lehrkräften mussten wir, um den Pflichtunterricht in den Regelklassen abdecken zu können, auch auf die Lehrerressourcen in den Vorbereitungsklassen zurückgreifen.“

Die Situation an den Schulen ist angespannt, Helfer werden gesucht

Die Situation ist angespannt, weshalb auf der Homepage auch nach Helfern mit Erstem Staatsexamen oder auch nach Pensionären gesucht wird. Wer sich vorstellen könne, in einer Vorbereitungsklasse zu helfen, könne sich beim Staatlichen Schulamt melden. „Insgesamt muss man aber sagen, dass alles gut läuft und die ukrainischen Schüler, der letzte Stand lag bei 181 in unseren Einrichtungen, eine sehr gute Bildung mitbringen“, sagt Sabine Hagenmüller-Gehring. Auch David Coronel ist zufrieden damit, wie es momentan klappt. „Das kann natürlich noch anders werden. Da sind die Schulen im engen Austausch mit der Stadtverwaltung.“

Sabine Hagenmüller-Gehring ist sich sicher, dass der Umgang mit den traumatisierten Kindern eine große Herausforderung für die Schulen ist. „Sie vor dem Hintergrund ihrer Schicksale in der Schule zu integrieren und ihnen Lernen auch dann zu ermöglichen, wenn es ihnen nicht gut geht, ist pädagogisch vermutlich die größte Aufgabe.“ Das sieht auch David Coronel so. Momentan gehe es erst einmal darum, den stark traumatisierten Kindern und Jugendlichen durch den Schulbesuch zeitnah wieder ein Stück Normalität und Anbindung zu ermöglichen. Erst im zweiten Schritt müsse dann überlegt werden, ob sie in der richtigen Schule und Klasse seien und optimal gefördert würden.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Flüchtlinge sind begierig aufs Lernen