Sie ist mit großen Hoffnungen zu den Olympischen Spielen gefahren: Die Zwei-Meter-Marke kann die Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch vom VfB Stuttgart in Rio aber nicht knacken. Im Gespräch analysiert die Athletin, woran es gelegen hat.

Rio de Janeiro - So eng können Frust und Freude bei den Olympischen Spielen zusammenliegen. Als Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch in der Mixed-Zone des Olympiastadions gerade über ihre Enttäuschung sprach, war auf dem TV-Bildschirm der große Wurf von Thomas Röhler zu sehen. Der Speerwerfer kam im fünften Versuch auf 90,30 Meter und holte sich die Goldmedaille. Darüber freute sich auch Jungfleisch (25), die ansonsten aber nicht viel Grund zur Zufriedenheit hatte. „Ich bin sehr traurig. Und ich ärgere mich über mich selbst“, sagte die Athletin vom VfB Stuttgart, „ich habe hier eine riesen Chance verpasst“. Und das hatte vor allem mit dem Meeting vor vier Wochen in Eberstadt zu tun.

 

Dort war Jungfleisch erstmals in ihrer Karriere zwei Meter gesprungen. Das war ein erhebendes Gefühl, aber gleichzeitig stieg natürlich die Erwartung. Auch die eigene – weil außer ihr nur noch die US-Amerikanerin Chaunte Lowe in diesem Jahr die Zwei-Meter-Marke geknackt hatte. Plötzlich zählte Jungfleisch zum Favoritenkreis für die Spiele in Rio. „Umso schlimmer ist nun die Enttäuschung“, sagte sie nach ihrem siebten Platz im olympischen Hochsprung-Wettbewerb, „ich hatte mir mehr erhofft.“ Und es war auch definitiv mehr möglich: Gold ging an Ruth Beitia. Dafür genügte der Spanierin ein Sprung über 1,97 Meter. Drei Zentimeter weniger als die Bestleistung von Jungfleisch.

Jungfleisch: „Stolz auf mich selbst bin ich definitiv nicht“

Doch die Deutsche war an diesem lauen Abend in Rio nicht an ihren persönlichen Rekord herangekommen. Die Anfangshöhe von 1,88 Meter nahm sie noch locker im ersten Versuch – es war der erhoffte gute Auftakt. Dann folge der erste Fehlversuch über 1,93 Meter, ehe Jungfleisch auch diese Höhe nahm. Ihr bester Sprung war der erste über 1,97 Meter. Sie streifte die Latte mit dem Unterschenkel herunter, doch jeder im Stadion dachte: Diese Höhe hat sie drin. Dann aber bekam Jungfleisch Probleme mit dem Anlauf, wie so oft in ihren Wettkämpfen. Den zweiten und dritten Versuch über 1,97 Meter riss sie deutlich.

„Es lag wieder am Anlauf. Ich war relativ langsam, habe die letzten Schritte nicht getroffen“, sagte Jungfleisch und schaute auf ihre schwarz-weiß lackierten Fingernägel, „stolz auf mich selbst bin ich definitiv nicht“. Trotzdem war Olympia eine sehr schöne Erfahrung. Es hat viel Spaß gemacht, hier zu springen.“ Auch wenn nichts wurde aus der erhofften Medaille – die möglich war. Dafür hätte Jungfleisch nicht mal über sich hinauswachsen müssen. Sondern nur im richtigen Moment abrufen, was sie kann.