Wir haben mit einem Orthopäden über die Vor- und Nachteile des Hüpfens gesprochen. Und ab welchem Alter sollten eigentlich Kinder auf ein Trampolin?

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Filderstadt - Wer auf einem Trampolin hüpft, der hat oft ein breites Grinsen im Gesicht – nicht nur bei Kindern ist das zu beobachten. Scheinbar macht hüpfen glücklich. Diesem Trend folgt auch die Sprungbude, die im Dezember 2018 in Filderstadt neu eröffnet hat. Dort kann man aktuell auf 6500 Quadratmetern hüpfen. Nach den Worten des Geschäftsführers Martin Hesse waren schon mehr als 50 000 Besucher vor Ort. Aber ist der Trendsport aus Sicht eines Orthopäden für jedermann geeignet?

 

Welche positiven Effekte hat das Hüpfen für die Gesundheit?

Zum einen lässt sich die allgemeine Fitness verbessern. Muskulatur wird aufgebaut, der Kreislauf angeregt, die Balance und das Raumgefühl verbessert und die Koordination trainiert. Auch in der Physiotherapie wird gezielt mit Trampolinen gearbeitet, dann jedoch meist mit Gummifederung, damit das Hüpfen etwas gedämpfter und gelenkschonender ist. „Wer zum Beispiel einen Knieschaden hat, sollte nicht unkoordiniert springen, sondern die Rückfederung ausnutzen und gezielt Kraft üben. In diesen Fällen gilt: Schwingen ist besser als Springen“, sagt Dr. Wilfried Purath, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin, der zusammen mit seiner Frau eine Praxis in Harthausen betreibt. Ob weitere positive Effekte wie Abbau von Depressionen, Stress und Schlafstörungen, das Senken des Blutdrucks und Verschwinden von Kopfschmerzen eintreten, wie Trampolinhersteller gerne verkünden, darüber gebe es keine sicheren Erkenntnisse, betont Purath. „Aber die Leute bewegen sich, und das ist immer gut.“

Gibt es Personen, die besser nicht hüpfen sollten?

Für frisch Operierte oder schwer Erkrankte ist ein Trampolin nicht geeignet. Wer zum Beispiel an Rückenschmerzen leidet, dem empfiehlt Purath, erst einen Facharzt aufzusuchen, um auszuschließen, dass beispielsweise ein akuter Bandscheibenvorfall vorliegt.

Wie ist es mit der Sicherheit von Trampolinen?

„In der Regel werden Sprunghallen gut überprüft“, sagt Purath. Die typischen Unfälle kämen eher zuhause auf dem Gartentrampolin vor, wenn zum Beispiel die Metallständer nicht gut gepolstert sind oder die Federung nicht optimal ist. „Die größten Gefahren entstehen durch Übermut und Überforderung, zum Beispiel wenn jemand seinen Trainings- und Fitnesszustand nicht richtig einschätzt“, sagt der Sportmediziner.

Was sind die häufigsten Verletzungen?

Meistens handelt es sich um Brüche oder Verletzungen der Bänder an sämtlichen Gliedmaßen. Wer blöd fällt, kann sich aber auch die Schulter verletzen. „Durch einen verunglückten Salto kann auch die Wirbelsäule oder der Halswirbelbereich Schaden nehmen“, warnt Purath. Grundsätzlich gelte: rechtzeitig aufhören. Aus großer Erschöpfung resultiere Unachtsamkeit und das Verletzungsrisiko steige.

Ab welchem Alter ist das Trampolin auch für Kinder geeignet?

Der Harthäuser Orthopäde rät dazu, Kinder erst ab sechs Jahren auf die Sprungmatte zu lassen. Zuvor sei die Knochen- und Gelenkstabilität noch gering. Aber auch mit sechs Jahren sollte eine Aufsichtsperson dabei sein, um zu waghalsige Sprünge zu verhindern. Gefährlich sei auch, wenn mehrere Kinder gleichzeitig auf einem Trampolin hüpfen. Da können leicht mal die Köpfe zusammenknallen.

Welches Trampolin ist für wen das richtige?

Anfängern, Senioren oder Arthrosepatienten, die eher schonend hüpfen sollten, rät Purath, ein Sprungtuch zu wählen, das mit Gummizügen statt Stahlfedern gespannt ist. Dadurch sei die Federung weicher und Bänder, Gelenke und Rücken würden geschont. „Modelle mit Stahlfederung eignen sich mehr dazu, die Muskulatur aufzubauen und die Kondition zu verbessern. Da ist der Trainingseffekt höher.“

Verletzen sich viele Besucher in der Filderstädter Sprungbude?

„Wir sind eine Sportstätte, und natürlich passiert da auch mal was – genau wie auf einem Fußballplatz auch“, sagt der Geschäftsführer Martin Hesse. Richtig schlimme Verletzungen habe es zum Glück noch nicht gegeben, meistens handele es sich um Knochenbrüche oder Bänderrisse. Seit der Eröffnung der Sprungbude in Bad Cannstatt im März 2016 hätten er und sein Team viel in der Unfallprofilaxe dazugelernt, sagt Hesse. Seither verließen nur noch wenige Kunden humpelnd die Hallen. Zu den Maßnahmen gehöre zum Beispiel, dass geschultes Aufsichtspersonal die Hüpfenden beobachtet und darauf anspricht, wenn sich jemand offensichtlich überschätzt. Außerdem gibt es konkrete Regeln: Doppelsaltos, Kopfsprünge oder mehrfache Schrauben sind nicht erlaubt. Wichtig sei auch: Bei einem dreiminütigen Aufwärmprogramm werden die Muskeln der Besucher zu Beginn warm gemacht und die Bänder gedehnt. „Seither ist das Verletzungsrisiko deutlich gesunken“, sagt Hesse.