Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Wie dieses Abwasser aufbereitet werden kann, hat das Fraunhofer IGB bereits in dem Projekt „DEUS 21“ untersucht. Dabei ist von 2006 an in Knittlingen bei Pforzheim in einer Neubausiedlung ein semidezentrales Abwassersystem eingebaut worden. Die Wissenschaftler haben in einigen Häusern Vakuumtoiletten installiert und 100 Haushalte an eine eigene Kläranlage angeschlossen. Die anaerobe Membran-Kläranlage hat im Testzeitraum die häuslichen Abwässer der DEUS-21-Haushalte aufgenommen. In solchen Kläranlagen werden die kohlenstoffhaltigen Abwasserbestandteile zu Biogas und die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor zu einem verwertbaren Düngesalz umgesetzt. Die Abwasserreinigung ist so ausgelegt, dass praktisch kein Klärschlamm entsteht. Auch das Regenwasser wurde aufbereitet und für den häuslichen Gebrauch nutzbar gemacht.

 

Gute Erfahrungen mit dem Vakuumsystem

„Wirtschaftlich würde sich für eine Kommune ein solches alternatives Abwassersystem natürlich nur ab etwa 1000 Anschlüssen rechnen“, sagt Marius Mohr. Dennoch habe man gute Erfahrungen mit dem Vakuumsystem gemacht, häufig ist die Installation in Neubaugebieten sogar kostengünstiger und mit weniger Aufwand verbunden als in herkömmlichen Systemen. Doch den Betrieb aufrechtzuerhalten ist aufwendig, die Schächte müssen regelmäßig gewartet werden.

International habe das Projekt großes Interesse gefunden, erzählt Mohr. Auch im Land wurde das System in weiteren Orten eingesetzt: in Walldorf und in Böblingen-Dagersheim. Das Fraunhofer IGB berät dazu Gäste aus Indien und China, die in wasserarmen Regionen kreislauforientierte Abwassersysteme einbauen wollen.Vakuumsysteme werden seit rund 40 Jahren häufig gebaut, vor allem in Skandinavien, Holland oder China. Deutschlandweit erproben etwa 400 Kommunen neue Systeme. Der Abwasserforscher Ralf Otterpohl hat eine Vakuumanlage in einem Neubaugebiet in Hamburg in der Jenfelder Au mit 2000 Einwohnern betreut. Otterpohl meint: „Bisher ist es für ein allein stehendes Einfamilienhaus nicht empfehlenswert umzustellen. Diese Systeme funktionieren nur, wenn man sie in großer Stückzahl herstellen und zusammenschließen kann.“

Jetzt muss auch die Bevölkerung umdenken

Dennoch glaubt Ralf Otterpohl, dass die technischen Alternativen beinahe ausreichend erforscht sind. Jetzt gehe es um ein Umdenken in der Bevölkerung. Immerhin lebten weltweit 40 Prozent der Weltbevölkerung ohne angemessene Sanitäreinrichtungen. Zudem ist der Toilettengang generell ein Tabuthema – verheerend, wenn es um Aufklärung und die Gefahren von Krankheiten geht. Seit Beginn des Jahrtausends versuchen daher Forscher, Institute und Organisationen verstärkt auf das Thema aufmerksam zu machen, wie etwa die German Toilet Organization und die World Toilet Organization, die weltweit Aufklärung und Projekte voranbringen.„Es müsste jetzt eine gesellschaftlich-politische Entscheidung geben“, sagt Otterpohl: „Wollen wir wirklich so weitermachen wie bisher? Kaputte Böden produzieren, alles ins Meer spülen, Wasser verschwenden? Es wäre Zeit, dass Verstand einkehrt.“