Das Siedlungswerk will neben der katholischen Kirche auf dem Fasanenhof etwa 70 neue Wohnungen bauen. Nun steht der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs fest. Das Preisgericht ist sich einige gewesen, doch es gibt auch Gegenwind.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Was den Siegerentwurf betrifft, ist sich das 32-köpfige Preisgericht einig gewesen. Rund um die katholische Kirche St. Ulrich soll der Entwurf des Stuttgarter Büros A+R Architekten realisiert werden. Er sieht auf dem 5500 Quadratmeter großen Grundstück vier Baukörper vor, welche als Polygone die Grundform der Kirche aufnehmen. Der Platz mit dem Tritonbrunnen vor der Kirche wird betont, daneben entsteht durch die Anordnung der neuen Gebäude ein neuer Quartiersplatz.

 

Der städtebauliche Wettbewerb war vom Siedlungswerke in Kooperation mit der Kirchengemeinde St. Ulrich, der Gesamtkirchengemeinde St. Hedwig und Ulrich, dem katholischen Stadtdekanat und der Stadt Stuttgart ausgelobt worden. Hintergrund ist, dass die Kirchengemeinde sich verkleinern möchte. Der Kindergarten, die Gemeinderäume und das Pfarrbüro sollen in die Kirche integriert werden. Das so frei werdende Grundstück wird an das Siedlungswerk verkauft. Hinzu kommt, dass die Fasanenhofschule neue Räume für die Ganztagsbetreuung und eine Mensa braucht. Darum sollten die am städtebaulichen Wettbewerb teilnehmenden zehn Architekturbüros in einem Ideenteil auch dafür Lösungen entwickeln. Der Siegerentwurf sieht nun einen länglichen Anbau im Südosten und einen würfelartigen Anbau im Nordosten der Schule vor.

Ein gemischtes Quartier soll entstehen

Dem Siedlungswerk, das wohl neuer Eigentümer des bisherigen Kirchengrundstücks wird, geht es nach eigenen Aussagen um die Schaffung eines gemischten Quartiers mit Wohnformen für alle Gesellschaftsgruppen. Das Ziel sei bezahlbares Wohnen mit rund 70 geförderten Miet- wie auch Eigentumswohnungen. Zusätzlich sind eine Wohngruppe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung, eine Tagespflege für ältere Menschen sowie ein Quartiersraum geplant. „Es gibt einen riesigen Bedarf an Wohnraum, beispielsweise bei jungen Familien oder älteren Menschen. Der Wohnungsbau darf deshalb gerade jetzt nicht zum Stillstand kommen“, sagt der Geschäftsführer Norbert Tobisch. Darum wolle das Siedlungswerk trotz Energiekrise, Inflation, Fachkräftemangel und gestiegener Baukosten seine Bauoffensive weiter fortsetzen.

Was die Wegeführung betrifft, nimmt der Siegerentwurf die vorhandenen Fuß- und Radwegeverbindungen auf und vernetzt sie mit den neuen Planungen, sodass ein autofreies Quartier entstehen kann. Zu den vier neuen polygonförmigen Gebäuden gehört auch eine Tiefgarage. Dort soll es aber nicht mehr Parkplätze geben als baurechtlich erforderlich. Das neue Quartier befinde sich in unmittelbarer Nähe zur Stadtbahnhaltestelle, und schließlich wolle man nachhaltige Mobilitätsformen fördern, so die Argumentation.

Der Kirchengemeinde fällt der Schritt nicht leicht

Pfarrer Martin Uhl gibt zu bedenken, dass es der Gemeinde nicht leicht falle, das bisherige Gemeindezentrum und den Kindergarten aufzugeben. Um so wichtiger sei es zu vermitteln, dass kein „Immobilienhai“ das Grundstück kaufe, sondern dass es um „verantwortungsvollen Wohnungsbau“ gehe. „Wir werden den Prozess so gut wir können mitgestalten“, betont der Pfarrer. Alexander Schmidt vom Stadtdekanat Stuttgart spricht von einem Leuchtturmprojekt. „Wir wollen das Grundstück so entwickeln, dass ein Mehrwert für das Quartier entsteht, und gleichzeitig Identifikation für die Kirchengemeinde schaffen.“

Auch die Stadtverwaltung Stuttgart ist mit dem Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs zufrieden. Im Stadtteil Fasanenhof soll in verschiedenen Gebieten nachverdichtet werden. Das Projekt rund um die Kirche St. Ulrich wird von der Bevölkerung „am positivsten“ gesehen, wie Susanne Frucht vom Stadtplanungsamt es formuliert. Darum habe die Stadt dieses Projekt auf Platz eins der Prioritätenliste gesetzt.

Doch auch im Gebiet Eichwiesen am Logauweg und im Gebiet Ehrlichweg könnten neue Quartiere entstehen. „Wir bekommen da aber auch viel Gegenwind“, räumt Susanne Frucht ein. So hat sich mittlerweile zum Beispiel eine „Initiative gegen die geplanten Nachverdichtungen auf dem Fasanenhof“ gegründet, die Flyer verteilt und Unterschriften sammelt.

Weiteres Vorgehen

Informationen
Die Stadt informiert am Dienstag, 7. Februar, über den Siegerentwurf. Beginn im Gemeindesaal am Delpweg 12 ist um 18 Uhr. Zudem können alle Modelle vom 7. bis 9. Februar jeweils von 14 bis 19 Uhr im Gemeindehaus besichtigt werden.

Zeitplan
Die Gemeinde St. Ulrich möchte 2024 mit dem Umbau der Kirche beginnen. Erst wenn dieses Projekt abgeschlossen und ein neuer Bebauungsplan aufgestellt ist, beginnt der Wohnungsbau