Im Alter von 23 Jahren müssen sie zwischen dem türkischen und dem deutschen Pass wählen: Die beiden jungen Männer Hüseyin Tak und Yasin Öz erklären, was diese Entscheidung für sie bedeutet.

Stuttgart - Hüseyin Tak feiert im Juni seinen 23. Geburtstag. Die Deadline bis zur Vollendung dieses Lebensjahres will der gebürtige Ludwigsburger, dessen Eltern türkische Staatsangehörige sind, aber gewiss nicht ausreizen: Er hat längst seinen Antrag auf endgültige Einbürgerung abgegeben. Nun muss er noch seine Abmeldebescheinigung beim türkischen Konsulat abholen, dann ist aus der bisher doppelten Staatsangehörigkeit eine einzige geworden: die deutsche. Obwohl der Servicetechniker, der bei Bosch Thermotechnik arbeitet und gerade seinen Meisterbrief gemacht hat, dreimal im Jahr in die Türkei fährt und sich mit dem Land kulturell verbunden fühlt, war die Entscheidung für ihn eindeutig: „Ich bin hier geboren, ich lebe hier.“

 

Emotional ein schmerzloser Akt

Emotional sei der Entschluss ein eher schmerzloser Akt. Reisepass und Personalausweis seien schließlich „nur zwei Kärtle“, sagt Hüseyin Tak: „Meine kulturelle Identität bleibt ja erhalten.“ Allerdings hätte er sich den bürokratischen Aufwand gern erspart. Immerhin müssten seine Frau, die im selben Alter ist, und er jetzt zusammen mindestens 600 Euro für die Abwicklung der Einbürgerung bezahlen: „Das Geld muss man auch erst mal haben.“ Und wenn das Paar mal Geld auf der hohen Kante hat, würde es vielleicht auch gern im Herkunftsland der Eltern in seine Zukunftspläne investieren. Der Kauf einer Immobilie oder eines Grundstücks in der Türkei könnte jetzt allerdings komplizierter werden, befürchtet Hüseyin Tak: „Da muss man alle Dokumente übersetzen und beglaubigen lassen.“ Etwas ärgerlich seien solche Hürden schon. Immerhin dürften Italiener oder Franzosen ja auch beide Staatsbürgerschaften behalten. Ob er das ungerecht findet? „Mal ja, mal nein, je nach Stimmung“, sagt der 22-Jährige: „Man hat ja auch noch andere Sorgen.“ Eins ist für ihn auf jeden Fall klar: sollte es ihm irgendwann möglich gemacht werden, wieder den Doppelpass zu bekommen, werde er ihn umgehend beantragen.

„Beide wären mir lieber“

Da würde auch Yasin Öz nicht zögern: „Beide wären mir natürlich lieber.“ Unter dem Zwang der Optionspflicht hat sich der 23-jährige Werkzeugmechaniker, der in Tübingen geboren wurde und nach wie vor dort lebt, für den deutschen Pass entschieden. Die Eltern hätten ihm diese Wahl nahegelegt, weil er sich das Leben damit leichter machen würde: „Ich fühle mich auch Deutschland verbundener als der Türkei.“ Und auch wenn es Yasin Öz „eigentlich gar nicht so wichtig“ ist, welche Nationalität in seinem Pass verankert ist, hatte er bei der Entscheidung ein etwas mulmiges Gefühl. Er fragt sich, ob er für die Verwandten, die er fast jedes Jahr in der Türkei besucht, dann „der Deutsche“ ist. In seiner Heimat wiederum werde er nicht als Deutscher wahrgenommen, „weil ich halt typisch türkisch aussehe“. Ob sich durch die Einbürgerung etwas für ihn ändern wird? „Ich glaube nicht, ich hoffe nicht“, sagt Yasin Öz.

Eins aber weiß er sicher: der deutsche Pass allein vermittle ihm bestimmt kein neues Gefühl der Zugehörigkeit. „Integriert habe ich mich auch vorher schon gefühlt.“