Außenminister Maas fordert in China Aufklärung über Lager für Muslime. Doch Peking reagiert erbost über die deutlichen Worte.

Peking - Deutliche Worte von einem deutschen Spitzenpolitiker. „Mit Umerziehungslagern können wir uns nicht abfinden“, sagte Heiko Maas am Montag in Peking bei seinem ersten Besuch als Außenminister in China. Er bezog sich damit auf die Einrichtungen, in denen die Regierung des Landes die Bewohner der westlich gelegenen Region Xinjiang zu korrekt denkenden Bürgern „weiterbilden“ will. Während Menschenrechtsgruppen von „Internierungslagern“ sprechen, sieht ein Sprecher der chinesischen Regierung darin „berufliche Ausbildung zur Deradikalisierung“.

 

Protestschreiben an die Bundesregierung

China zeigt sich daher überaus erzürnt, dass der deutsche Bundestag die Unterdrückung des muslimischen Volks der Uiguren in der vergangenen Woche überhaupt beraten hat. Die Botschaft in Berlin hatte daraufhin ein Protestschreiben an die Bundesregierung und eine Reihe einzelner Abgeordneter gerichtet und ihnen vorgeworfen, sich in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen. Das Vorgehen in der Provinz Xinjiang diene nur dem Kampf gegen Terrorismus und Extremismus.

Die Menschenrechtsverletzungen wurden durch den Streit jedoch auch das beherrschende Thema beim Besuch des deutschen Außenministers – es trat also das ein, was Peking eigentlich vermeiden wollte. Maas forderte nun mehr „Transparenz“ bezüglich der Lager und ein ordentliches Verfahren, um zu überprüfen, was wirklich dort geschieht. Tatsächlich ist bisher unklar, was die Behörden genau in Xinjiang machen. Es gibt kaum gesicherte Informationen, weil die Behörden des Landes allen unabhängigen Beobachtern und Journalisten den Zugang zu den betreffenden Gebieten verwehren. Gespräche mit Einheimischen sind so fast unmöglich. Der Zugang zu den Umerziehungslagern ist Beobachtern aus dem In- und Ausland komplett verwehrt. Recherchen anhand von Satellitenbildern und glaubwürdigen Zeugenaussagen belegen jedoch, dass es die Lager gibt. Dort sitzen mindestens einige Zehntausend, möglicherweise sogar fast eine Million Männer und Frauen ein.

Kampf gegen den Terror?

Die Existenz der Camps gibt die chinesische Regierung inzwischen auch offen zu, sie erklärt die Lager allerdings zu Ausbildungsstätten, die den Uiguren eine Chance bieten, sich von islamistischem Gedankengut abzuwenden. Das sei wichtig, um einen Vorstoß des Islamischen Staates in das eigene Territorium abzufangen. Terroranschläge in Xinjiang hätten in den vergangenen Jahrzehnten bereits Tausende von Menschenleben gekostet.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht in der Perfektionierung des Polizeistaats in Xinjiang dagegen eine „bösartige Kampagne gegen ethnische Minderheiten“, die die jungen Leute umgekehrt gerade radikalisiere. Familienväter seien bereits seit Monaten von ihren Frauen und Kindern getrennt, die Lager seien Gefängnisse. Ein falscher Witz oder respektloses Verhalten gegen einen Polizisten reiche, um Opfer des „Verschwindens“ zu werden.

Der Minister gibt sich diplomatisch

Diese offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen waren dann auch Thema im Bundestag. Außenminister Maas bemühte sich trotz der gegenseitigen Unstimmigkeiten in der Uiguren-Frage jedoch in Peking um einen diplomatischen Ton. Schließlich braucht er die Zusammenarbeit der chinesischen Regierung für zahlreiche andere Fragen, die er für Deutschland als wichtig einstuft. Ganz vorne steht für ihn hier die Rüstungskontrolle. Weil die USA drohen, sich aus dem Vertrag zur Einschränkung von Mittelstreckenraketen INF zurückzuziehen, will er China für ein neues, weiter reichendes Abkommen ins Boot holen. US-Präsident Donald Trump hatte sich – nicht zu Unrecht – beklagt, dass die Militärgroßmacht China nicht an den Vertrag gebunden sei und eifrig Mittelstreckenraketen stationiere.

Europa wolle den Vertrag retten und möglichst viele Länder einbeziehen, sagte Maas. Auf dem Programm standen daher auch Wohlfühl-Termine. So nahm Maas an einem Basketballtraining des Teams von Alba Berlin mit deutschen und chinesischen Kindern an der Deutschen Botschaftsschule in Peking teil. Ein Basketball-Verein veranstaltet dort regelmäßig Schulturniere für Kinder aus beiden Ländern.