Staatstheater Stuttgart Opernsanierung in Stuttgart: Chaostage der Politik

Das Opernhaus Stuttgart ist ein Sanierungsfall Foto: dpa

Vier Jahre länger – oder doch fünf? Zwei Milliarden – oder doch mehr? Die Erweiterung des Staatstheater-Areals und die Sanierung des Opernhauses in Stuttgart wird zum Debakel mit Ansage.

Es ist eine gefährliche Botschaft, die der Verwaltungsrat der Staatstheater Stuttgart am Montag offiziell verkündet hat: Die Projektgesellschaft Württembergische Staatstheater soll prüfen, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, um bei der Sanierung des Opernhauses Stuttgart spürbar einzusparen. Der Schritt ist politisch notwendig, rückt aber die Falschen ins Scheinwerferlicht.

 

Gemeinsam tragen und finanzieren das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart das mit 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern größte Dreispartenhaus der Welt. Ob die Oper Stuttgart mit dem Staatsorchester, das Stuttgarter Ballett oder das Schauspiel Stuttgart – jeweils spielt man in der Champions League. Und jeweils vor bestens besetzten, im Ballett gar ständig ausverkauften Rängen. Auch wichtig: Das Staatstheater-Feuerwerk an Begleitveranstaltungen für jedes Alter und alle Herkünfte ist ebenfalls häufig ausgebucht.

Ein mutiges Dennoch reicht nicht

Seit mehr als 20 Jahren hat dieser Hochtourer einen höchst wirksamen Antrieb: ein trotziges, mit allem Mut gespicktes Dennoch. Wer für Oper, Ballett, Schauspiel oder die Staatstheater als Ganzes arbeitet, gibt mehr als alles, obwohl die Arbeitsbedingungen von Übungsräumen bis hin zur Bühnentechnik in vielen Bereichen offiziell als untragbar gelten. Das Wort Bestandsschutz ist längst zum Hohn geworden – eine Armada von Wundpflastern bezeichnend, die gegen lecke Dachbereiche so wenig hilft wie bei der Überbrückung längst verbotener Uraltkabel.

Der bauliche Glanz trügt Foto: lg/Leif Piechowski

Die Erweiterung der Staatstheater Stuttgart am Standort Oberer Schlossgarten bildet lediglich arbeitsrechtliche Mindeststandards ab, die Generalsanierung des Opernhauses verhindert schlicht, dass die Bühne von Oper und Ballett wegen Sicherheitsmängel geschlossen werden muss. Und doch steht es aktuell schlecht um das von Ministerpräsident Winfried Kretschmann als „Jahrhundertprojekt“ ausgerufene Duo Erweiterung und Sanierung. Was passiert da?

Sehr einfach dies: Das Land ist mit seinem Part des „Jahrhundertprojekts“ voll im Zeit- und Kostenplan, auf dem Areal der früheren Zuckerfabrik in Stuttgart-Bad Cannstatt entsteht ein neues Werkstatt- und Kulissengebäude. Die Stadt tritt derweil mit einer Nummer aus einer Vorabend-Satire vor die Kamera: Für das am Nordbahnhof geplante Interim-Theater hat man schlicht den Tiefbau in höchst schwierigem Gelände vergessen. Macht mal eben vier bis sechs Jahre Bauzeit-Plus – Eröffnung 2033 oder später statt 2029 – , von den Mehrkosten gar nicht zu reden. Ein Desaster.

Politisches Panikorchester

Es hagelt Forderungen, abzuspecken oder gar schlicht das Projekt zu stoppen. Zu bestaunen ist ein politisches Panikorchester, das die Staatstheater fahrlässig in die Uralt-Schleudermaschine der Debatten um goldene Wasserhähne schickt.

Ja, es geht um viel Geld. Um sehr viel Geld. Schon eine Milliarde Euro für das Gesamtprojekt sorgte für politischen Wankelmut. Nun sollen es bis zu zwei Milliarden Euro werden können – und die Ersten gehen von der Fahne. Die Landes-SPD, unter dem früheren Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid Impuls- und Taktgeber der Seriosität im Staatstheater-Thema, redet von Projekt-Abbruch, die Landes-CDU denkt scheinbar an einen möglichen Wahlkampf-Schlager für die Landtagswahl 2026.

Gemeinsam für die Realisierung kämpfen

Von allem aber wäre das Gegenteil richtig. Ja, die Stadt hat einen Fehler mit größter Wucht gemacht. Das Interim aber ist der Schlüssel für das Gesamtprojekt. Im politischen Schulterschluss gemeinsam mit der Bürgerschaft für die Realisierung zu kämpfen, kann die einzige Antwort sein. Nur so bleibt das Prüfen von Einsparmöglichkeiten im Ganzen glaubhaft.

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