Das Abkommen mit der Schweiz wird in Südbaden angefeindet. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer soll die geplante Ratifizierung des Vertrages im Bundestag stoppen.

Konstanz - Der Widerstand gegen den deutsch-schweizerischen Staatsvertrages zum Fluglärm in den betroffenen südbadischen Landkreisen wird immer größer und heftiger. Jetzt fordern 25 Oberbürgermeister und Bürgermeister in einer in ihrer Art bisher einzigartigen Resolution von der Bundesregierung, dass die Ratifizierung des Vertrages „unverzüglich gestoppt“ und alle „weiteren Verfahren zum Staatsvertrag eingestellt werden“ sollen. Ähnlich lautende Erklärungen haben zuvor bereits die Stadtoberhäupter der Landkreise Waldshut und des Schwarzwald-Baar-Kreises abgegeben. Bundes- und Landtagsabgeordnete unterschiedlicher Parteien hatten ebenfalls ihr negatives Votum deutlich gemacht und Nachverhandlungen gefordert. Die grün-rote Landesregierung ist ebenfalls nach anfänglicher Akzeptanz deutlich auf Distanz zu dem Ergebnis der Verhandlungen gegangen.

 

Die Oberhäupter der Städte und Gemeinden im Kreis Konstanz sind deshalb in hohem Maße alarmiert, weil sie befürchten, dass durch die Regelungen des Staatsvertrages künftig neben dem bereits stark vom Fluglärm belasteten Landkreis Waldshut auch der Landkreis Konstanz eine steigende Anzahl von Flugbewegungen aufgebürdet bekommt. Bisher werden jedes Jahr rund 105 000 Anflüge auf Zürich-Kloten über deutsches Territorium abgewickelt.

Deutsche Verordnung regelt bislang die Flugzeiten

Die von der Bundesrepublik einseitig erlassene 220. Durchführungsverordnung (DVO) aber reglementiert die Flugzeiten werktags auf 7 bis 21 Uhr und Sonn- und Feiertags auf 9 bis 20 Uhr. Ursprünglich hatte Deutschland von der Schweiz die weitere Absenkung der Flugbewegungen auf 80 000 pro Jahr gefordert. Darauf fußt auch die so genannte Stuttgarter Erklärung vom November 2009, die bisher die rigorose Haltung der betroffenen südbadischen Landkreise bis nach Berlin gegenüber der Schweiz vorgab.

Würde der Staatsvertrag in beiden Ländern ratifiziert, würde es keinerlei Beschränkungen der An- und Abflüge mehr geben, kritisieren die Bürgermeister. Da auch die Höhe für die Anflüge auf den Flughafen Zürich von 3600 Metern über dem Meer auf 3000 Meter und vom Jahr 2020 an sogar auf 2400 Meter abgesenkt werde, werde sich der Fluglärm nicht wie versprochen verringern, sondern vervielfachen.

„Die Schweiz kann machen, was sie will“

Fluglärmgegner hegen die Sorge, dass durch den neuen Staatsvertrag pro Jahr die Zahl der jährlich über deutschem Gebiet abgefertigten An- und Abflüge auf 160 000 oder 180 000 steigen wird. Die Neuregelung sei so abgefasst, dass alle Anflüge über deutsches Gebiet angelegt werden könnten. „Die Schweiz kann machen was sie will“, schimpft auch der Waldshuter Altlandrat Bernhard Wütz, der sich „aus Sorge um die größte Tourismusregion Deutschlands“ aus dem Ruhestand wieder in die Diskussion eingeschaltete hat.

Die südbadischen Landkreise fühlen sich von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) im Stich gelassen. Die neu ausgehandelten Schutzzeiten von werktags 6.30 bis 18 Uhr und sonn- und feiertags von 9 bis 18 Uhr seien ebenfalls das Papier nicht wert. Denn sie würden nur noch für die Pisten 14 und 16 gelten. Abseits dieser Einschränkung sei die Nutzung des Flughafens praktisch unbegrenzt möglich. Die Bürgermeister monieren die Informationspolitik, denn zunächst hatten die Landräte aller drei betroffenen Landkreise dem Abkommen zugestimmt. Ramsauer solle sich vor Ort der Kritik stellen und die Ratifizierung des Vertrages aussetzen. Der Minister aber plant, den Staatsvertrag noch in diesem Jahr durch den Bundestag zu bringen. Der Bundesrat soll Anfang 2013 zustimmen.