Mit einem Staatsvertrag stellt Baden-Württemberg als erstes Bundesland die Beziehung zu hier lebenden Sinti und Roma auf neue Beine. Die Minderheit sieht das als „historisches Ereignis“.

Mit einem Staatsvertrag stellt Baden-Württemberg als erstes Bundesland die Beziehung zu hier lebenden Sinti und Roma auf neue Beine. Die Minderheit sieht das als „historisches Ereignis“.

 

Stuttgart - Als erstes Bundesland stellt Baden-Württemberg die Zusammenarbeit mit den hier lebenden Sinti und Roma per Staatsvertrag auf eine neue Grundlage. Der Vertrag „enthält das klare Bekenntnis zur Anerkennung der baden-württembergischen Sinti und Roma und legt eine verbindliche Förderung der Minderheit fest“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Donnerstag in Stuttgart. So sieht das Papier vor, dass die Minderheit ab 2014 jährlich 500.000 Euro erhält. Das ist mehr als eine Verdopplung der bislang gezahlten 208.000 Euro. Ebenso wird ein „Rat für die Angelegenheiten der deutschen Sinti und Roma“ geschaffen.

„Der Staatsvertrag ist ein historisches Ereignis“, betonte der Landesvorsitzende Deutscher Sinti und Roma, Daniel Strauß. Mit dem Geld sollen die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit, kulturelle Arbeit und die Integration von Sinti und Roma ohne Pass finanziert werden. In das neue Beratungsgeremium werden Vertreter des Landes und der Sinti und Roma berufen. Darin soll über die Minderheit betreffende Fragen beraten werden.

Rund 12.000 Sinti und Roma leben im Südwesten

In Baden-Württemberg leben rund 12.000 Sinti und Roma, die neben den Friesen, den Sorben und den Dänen eine der vier anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland sind. „Sinti und Roma sind ein Teil von Baden-Württemberg. Dieses Land ist unsere gemeinsame Heimat“, betonte Kretschmann. Der Ministerpräsident erklärte, das Land unterstreiche mit dem Vertrag die besondere historische Verantwortung gegenüber Sinti und Roma, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) sagte, das Thema Ausgrenzung sei für Sinti und Roma noch heute aktuell.

Mit dem Staatsvertrag schlägt Baden-Württemberg im Vergleich der Bundesländer einen Mittelweg ein: Schleswig-Holstein hat den Schutz von nationalen Minderheiten in der Landesverfassung verankert. Andere Länder wie Rheinland-Pfalz und Bremen haben Rahmenvereinbarungen mit Sinti und Roma geschlossen. Eine Verfassungsänderung kam den Angaben zufolge für Baden-Württemberg nicht infrage, da es hier neben Sinti und Roma keine weiteren nationalen Minderheiten gibt. Eine Rahmenvereinbarung hingegen ging den Betroffenen nicht weit genug.