Abgeordnete aller Parteien, Landräte, Bürgermeister und Initiativen protestieren gegen das deutsch-schweizerische Luftverkehrsabkommen, doch der CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer ignoriert den Protest vollkommen.

Waldshut - Es passiert nicht so häufig, dass die südbadische Provinz eine Rolle in der Bundespressekonferenz in Berlin spielt. Am vergangenen Freitag war dies der Fall, als es um das deutsch-schweizerische Luftfahrtsabkommen zum Fluglärm ging. Der Staatsvertrag war Anfang Juli vereinbart und im September von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und seiner eidgenössischen Kollegin Doris Leuthard unterzeichnet worden.

 

Anlass er Aufregung war ein Bericht des „Südkurier“ aus Konstanz. Ramsauer, hieß es dort in großer Aufmachung, habe das Ratifizierungsverfahren mit der Schweiz gestoppt. Der Grund seien die großen Proteste in der Region und der Widerstand der CDU-Abgeordneten in Baden-Württemberg gegen das Abkommen. Die Sprecherin des Ministeriums zeigte sie sich „erfreut“, dass sie richtigstellen könne. Der Bericht sei „falsch“. Wörtlich: „Es ist eine Ente“.

„Alle Landräte und Regionen waren sehr zufrieden“

Nachfrage dazu: Es gebe also die CDU- und auch FDP-Abgeordneten also gar nicht, die damit drohten, dem Vertrag im Bundestag nicht zuzustimmen? Antwort der Sprecherin: „Mir ist vor allem bekannt, dass damals alle Landräte und alle Regionen sehr zufrieden waren, dass man diesen langjährigen Streit endlich beilegt, und zwar zu Gunsten diesseits und jenseits der Schweizer Grenze.“ Das Abkommen werde wie vorgesehen in den Ratifizierungsprozess gehen und im Bundestag hoffe man auf eine Mehrheit.

Nichts sehen, nichts hören, nichts wissen. So könne man die Wirklichkeit auch ausblenden, kommentieren Beobachter fassungslos das Statement aus dem Hause Ramsauer. Tatsächlich braut sich seit längerem Ungemach über dem Minister zusammen, der vollmundig „mehr Ruhe über dem deutschen Himmel“ versprochen hatte. Offenkundig jedoch ignoriert Ramsauer den breiten Widerstand im Südwesten .

Stopp der Ratifizierung und Nachverhandlungen gefordert

Nach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatten der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobel, die CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (Konstanz) und Thomas Dörflinger (Waldshut) sowie die FDP-Landeschefin und Bundestagsabgeordnete Birgit Homburger (Konstanz) den Vertrag als nicht zustimmungsfähig bezeichnet und Nachverhandlungen gefordert. Von einem „Aufruhr“ wollte das Ministerium nichts wissen. Tatsächlich? Der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel will nun gar eine parteiübergreifende Allianz gegen den Staatsvertrag schmieden. „Wir wollen erreichen, dass der Vertrag gar nicht erst dem Bundestag zur Ratifizierung vorgelegt, sondern neu verhandelt wird“, sagte Schmiedel.

Die Abgeordneten befürchten wie auch die Landräte und Bürgermeister der drei vom Züricher Fluglärm am meisten betroffenen Kreise Waldshut, Konstanz und Schwarzwald-Baar, dass die Schweiz künftig An- und Abflüge ganz nach ihrem Gusto gestalten kann. Fluglärmgegner rechnen sogar mit jährlich 160 000 Flugbewegungen und mehr.

Da die Höhe für Anflüge von 3600 Metern über dem Meer auf 3000 und von 2020 an auf 2400 Metern abgesenkt werden sollen und waghalsige Manöver wie der gekröpfte Nord- und Ostanflug erlaubt werden sollen, werde es künftig am westlichen Bodensee viel mehr Fluglärm als bisher geben, hieß es weiter. Landesverkehrsminister Winfried Hermann drängt in einem Schreiben an seinen Kollegen Ramsauer zu allen offenen Fragen auf „transparente und überzeugende“ Klarstellung. „So lange das nicht der Fall ist, kann das Land dem Staatsvertrag nicht zustimmen.“