Wenn der Zug mit den Flüchtlingen schon unterwegs ist: Landesbranddirektor Hermann Schröder organisiert mit der Stabsstelle des Stuttgarter Innenministeriums Unterkünfte, Busse und Betten. Das muss manchmal sehr schnell gehen.

Stuttgart - Von Mitternacht bis vier Uhr in der Früh. Das muss reichen. „Und dazwischen klingelt noch zweimal das Telefon.“ Viel Schlaf findet Landesbranddirektor Hermann Schröder gegenwärtig nicht. Schon seit Wochen geht das so. Doch der 58-Jährige hat sich gut im Griff, wirkt eher aufgekratzt denn erschöpft. Manche Menschen wachsen mit der Aufgabe. Bei Schröder scheint das der Fall zu sein. Er ist der Mann, der in Baden-Württemberg die Flüchtlingskrise managt. Er ist der Chef des für die Unterbringung der Flüchtlinge eingerichteten Lagezentrums im Innenministerium. Am Montag stellte Innenminister Reinhold Gall (SPD) gemeinsam mit Schröder die Stabsstelle – immer schon wartet der nächste Termin – in eiligen Sätzen vor.

 

In dem Raum geht es eng zu. Feuerwehrleute, Polizisten, Offiziere der Bundeswehr, Verwaltungsbeamte und Rettungsdienstler sitzen Schulter an Schulter. Sie telefonieren, konferieren, organisieren. Der Landesbranddirektor verfügt über etwa vierzig Mitarbeiter, die dafür Sorge tragen, dass die Flüchtlinge, die Tag für Tag im Südwesten eintreffen, ein Dach über den Kopf bekommen, verpflegt, medizinisch behandelt und registriert werden. Eine stete Herausforderung. Innenminister Reinhold Gall sagt: „Wir arbeiten im Krisenmodus.“ Aber er hat ja Schröder – „ein alter Haudegen in diesem Metier“, lobt Gall.

Organisationsversagen? Gall widerspricht

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte dem Landesbranddirektor vergangene Woche sogar allerhöchste Weihen angedeihen lassen, als er sagte: „Ich danke Gott jeden Tag, dass wir Hermann Schröder haben.“ Das klang durchaus ehrlich. Vielleicht spielte aber auch eine Rolle, dass Schröder auch schon CDU-Fraktionschef in Dossenheim (Rhein-Neckar-Kreis) gewesen war. Das bremst die Christdemokraten bei ihren Angriffen auf das Krisenmanagement der grün-roten Landesregierung. Betrübt berichtet etwa CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf in seinen Reden vom „Organisationsversagen“ der Landesregierung. Das Wort kommt ihm leicht von den Lippen; er kann sich auf den Freiburger OB Dieter Salomon berufen, der bekanntlich den Grünen angehört, auch wenn das nicht immer leicht zu erkennen ist.

Innenminister Gall findet derlei Kritik ungerecht, der Landesbranddirektor Schröder nicht minder. Schröder sagt, wenn er um 22 Uhr angerufen werde mit der Botschaft, dass wieder ein Zug mit Flüchtlingen unterwegs sei, dann sei die Aufgabe nicht ganz trivial, diese Menschen unterzubringen. „Bisher ist es aber immer gelungen.“ In einem Fall machten seine Mitarbeiter eine leer stehende Lagerhalle ausfindig und mieteten sie binnen Stunden an – etwas, was im normalen Leben eher Monate als Wochen oder gar Tage dauert.

Was natürlich die Frage aufwirft, ob ein solch flottes Gebaren nicht den Landesrechnungshof auf den Plan ruft. Schröder lacht. „Wir wägen ab und protokollieren das, dann kann man uns schon mal nicht grobe Fahrlässigkeit vorwerfen.“ Betten gebe der Markt kaum noch her, berichtet er. Selbst auf Wasserrohre für die Ertüchtigung älterer Quartiere müsse man teils Woche warten. Auch Busse seien nicht mehr leicht zu bekommen.

Von Bayern auf die Südwestschiene

Für die Zugänge der Flüchtlinge aus Bayern übernahm Baden-Württemberg die Koordinierung auf der „Südwestschiene“, die auch die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen sowie das Saarland umfasst. Als Drehkreuz dient der Mannheimer Hauptbahnhof. Über diese Südwestschiene kommen derzeit etwa 1400 Flüchtlinge täglich an. Knapp die Hälfte entfällt auf Baden-Württemberg, 28 Prozent auf Hessen, 18 Prozent auf Rheinland Pfalz. Ins Saarland kommen die restlichen knapp fünf Prozent der Asylbewerber. Etwa 700 Flüchtlinge pro Tag gelangen auf direkten Weg nach Baden-Württemberg. Sie melden sich bei einer Landeserstaufnahmestelle.

Ziel ist, Flüchtlinge mit guten Bleibeausichten möglichst schnell auf die Kommunen zu verteilen, jene mit schlechter Bleibeperspektive aber in den Landesunterkünften zu belassen. Das Patrick-Henry-Village in Heidelberg dient dafür als Drehkreuz. Dort soll, so der Plan, ein Anteil von etwa Dreiviertel der Flüchtlingen registriert werden.