Sabine Antesz geht dankbar, aber mit Wehmut in den Ruhestand. Sie hat über 24 Jahre das Haus der Familie als Geschäftsführerin geleitet, in einer Doppelspitze mit Corinna Wirth.

Die Doppelspitze im Haus der der Familie bleibt. Mit dem Ausscheiden von Sabine Antesz im Juli tritt an ihre Stelle der 41 Jahre alte Michael Rozek. Der Betriebswirt bildet dann mit Corinna Wirth die fünfte Leitung in der mehr als 100 Jahre alten Einrichtung in Stuttgart, die 1917 gegründet wurde und einst als Mütterschule startete. „Den Raum mitgestalten zu dürfen“, darauf freut sich Rozek, der lange im Handel, im Bereich E-Commerce tätig war und nun seit zwei Monaten schon miterlebt hat, mit wie viel Energie und Leidenschaft Antesz ihre Aufgaben ausfüllt. Menschen zusammenbringen, die unterschiedlich sind, das gelinge hier, weiß Antesz. Rozek, der mit einem Mann verheiratet ist, hat den Wechsel vom Job als Betriebswirt in diese „sinnstiftende Tätigkeit“ gerne vollzogen und all die Bereiche kennen gelernt, in denen die Einrichtung tätig ist.

 

Einrichtung ist in ganz Stuttgart tätig

Längst ist aus dem Haus der Familie, das anfangs nur Kurse zur Geburtsvorbereitung und Elternbegleitung mit Vorträgen und Seminaren vom Nähen über Kochen bis zur Entspannung und Bewegung anbot, mehr geworden. Die Einrichtung mit Stammsitz in Bad Cannstatt ist für ganz Stuttgart tätig. „Vor 24 Jahren war es die Einrichtung für Familienbildung in Stuttgart“, sagt Antesz. Heute gibt es mehrere Angebote. Doch die Sozialpädagogin hat ihr Haus breit aufgestellt. So wurde etwa auch das „Welcome“-Angebot eingeführt, bei dem Ehrenamtliche Familien unterstützen, wenn ein Kind geboren ist. Koordinatorinnen, auch eine mit Migrationshintergrund, helfen bei der Begleitung der Ehrenamtlichen. Aus einem Team mit bis zu 60 Ehrenamtlichen sind in den 13 Jahren drei Teams geworden. Am Anfang sei das Projekt spendenfinanziert gewesen, heute fast zu 100 Prozent von der Stadt finanziert, weil es niedrigschwellig frühe Hilfe biete, so Antesz.

Seit 13 Jahren Stammsitz in Bad Cannstatt

Vor 13 Jahren ist das Haus der Familie, welches ein Verein ist und durch den evangelischen Kirchenkreis getragen wird, aus dem Stuttgarter Süden nach Bad Cannstatt in die Elwertstraße gezogen beim Neckarpark. „Das Café ist das Herz“, sagt Antesz. Der Raum für Begegnung werde intensiv von Eltern unterschiedlicher sozialer Schichten genutzt. Bei den offenen Angeboten ist das Haus sehr flexibel und geht auf den Bedarf ein. Auch die Coronapandemie hat den Ort nicht zum Erliegen gebracht: Antesz stellte zehn Online-Kurse auf die Beine. Sogar ein Testzentrum war im Gebäude eingerichtet. Familien zu unterstützen, habe sie beflügelt, sagt die 65-Jährige. „Ich habe immer Energie zurück bekommen.“

Das Haus der Familie erfüllt auch im Auftrag der Stadt Stuttgart die Möglichkeit des begleitenden Umgangs, wenn Eltern sich getrennt haben und ein Elternteil das Kind nur in Begleitung sehen darf. Da ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, für das Wohl des Kindes. „Das war einer der berührenden Momente, zu sehen, wie wertvoll es für das Kind ist, hier neutralen Boden zu haben“, sagt Rozek.

Corinna Wirth (li.) und Michael Rozek mit der scheidenden Sabine Antesz. Foto: Haus der Familie

Neben einem Mini-Kindergarten für zehn Kinder, der aber keine anerkannte Kita ist, werden auch Ferienfreizeiten angeboten. So gibt es viele Standbeine. Antesz hatte sich mit Corinna Wirth damals aus frauenpolitischen Gründen in Halbzeit als Doppelspitze beworben. Heute arbeiten beide zu 75 Prozent. Antesz ist zufrieden mit dem Erreichten. Rozek übernimmt den Personalbereich und die Finanzen mit Wirth und wird auch seine Erfahrungen bei der Digitalisierung und Marketing mit einbringen. Er hofft, dass noch mehr Männer im sozialen Bereich tätig werden.