Das Amt für Umweltschutz hat Bedenken gegen eine Neckarwelle wegen der schlechten Wasserqualität. Gemeinderäte wollen das Projekt dennoch nicht aufgeben. Stuttgarter können im Bürgerhaushalt für das Projekt abstimmen.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Surfen werde sie in diesem Leben wohl nicht mehr, sagt Marita Gröger. Die 70-jährige SPD-Stadträtin aus Bad Cannstatt hat sich trotzdem von Beginn an für das Projekt Neckarwelle eingesetzt. Selten habe sie eine ehrenamtliche Gruppe gesehen, die so solide vorgearbeitet habe, sagt Gröger. Doch darum geht es ihr gar nicht allein: „Das ist ein ganz wichtiges Projekt für den Stadtbezirk Untertürkheim.“ Der brauche diesen Zulauf unbedingt, um nicht abgehängt zu werden. „Dafür reicht die Grabkappelle am Württemberg allein halt nicht aus“, sagt Gröger. Jungen Leuten dort etwas zu bieten, hält sie unbedingt für notwendig.

 

Die Stadt prüft derzeit, ob die Flusssurfwelle auf einem Seitenarm des Neckars auf Höhe des Inselbades in Untertürkheim genehmigt werden kann. Entscheidend ist wohl letztlich, wie das Umweltamt als Untere Wasserschutzbehörde sowie das Landesund das städtische Gesundheitsamt die Qualität des Neckarwassers einschätzen. Das Projekt könnte nur genehmigt werden, wenn keine Gefährdung der Allgemeinheit zu erwarten ist. Das Wasser im Neckar ist aber nicht frei von Krankheitserregern, so dass Surfer sich unter Umständen mit Keimen infizieren können. Im Neckar gilt deshalb seit 1978 ein Badeverbot. Rudern, Kanufahren und Stand Up Paddling sind erlaubt.

Bedenken wegen Keimen im Wasser hat es von Beginn an gegeben

Der Verein Neckarwelle hat im vergangenen Jahr im Auftrag der Stadt eine umfangreiche Machbarkeitsstudie durchgeführt. „Wir können bisher gar nicht sagen, wir kippen das Projekt oder nicht. Wir prüfen noch“, sagt Sven Matis, Pressesprecher der Stadt Stuttgart. Sollte das Wasser nicht sauber genug sein, dann könne die Welle wohl unter diesen Bedingungen nicht gebaut werden. Diese Bedenken bezüglich der Wasserqualität gab es bereits zu Beginn des Projektes. Die Surfer des Vereins Neckarwelle argumentierten stets damit, dass sie sich nicht lange im Wasser aufhielten.

Marita Gröger hält das für eine „merkwürdige Geschichte in Stuttgart“, denn in Hannover, in Nürnberg, sogar in dem „kleinen Pforzheim“ kriege man so eine Surfwelle zügig hin. So hat zum Beispiel das Umweltamt der Stadt Nürnberg die „Dauerwelle“ an der Pegnitz direkt hinter einer Kläranlage genehmigt. Gröger wünscht sich, dass man da als Stadt Stuttgart doch mal etwas „innovationsfreudiger“ ist. „Man muss doch den jungen Leuten auch mal was bieten – und auch eben abseits des Breitensports“, sagt die SPD-Stadträtin und verweist auf die Downhill-Strecke in Heslach. „Das ist auch gefährlich. Wenn dort einer gegen den Baum knallt, wer haftet da?“

Gemeinderäte fordern eine Verbesserung der Wasserqualität im Neckar

Auch bei den Grünen ist man der Meinung, eine schlechte Wasserqualität müsse „nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Neckarwelle nicht realisiert wird“, sagt Fraktionssprecher Andreas Winter. Man warte nun erst einmal die Prüfung rechtlicher Aspekte ab. „Dazu wollen wir uns eben das Beispiel Nürnberg oder das anderer Städte genauer anschauen.“ Ganz generell hätten sich die Grünen natürlich gewünscht, dass „die Wasserqualität des Neckars bereits heute unbedenklich für all diejenigen ist, die sich auf unserem Fluss tummeln wollen“.

Hannes Rockenbauch von der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-Plus teilt in dem Punkt die Meinung der Grünen: „Es ist in unserer Verantwortung dafür zu sorgen, dass der Neckar die Qualität hat, die wir brauchen.“ Sonst wäre es ein „Schlag ins Gesicht all derer, die sich für die Neckarwelle eingesetzt“ haben. Er wolle sich als Politiker zwar nicht anmaßen, die Entscheidung eines Amtes zu hinterfragen, aber wundere sich über die Differenz in der Bewertung der Wasserqualität schon ein wenig. „Aber für uns ist das Projekt nicht gestorben.“

Neckarwelle ist wieder als Vorschlag im Bürgerhaushalt

Das Projekt Neckarwelle war im Jahr 2017 beim Bürgerhaushalt unter den Top 20 gelandet. Aufgrund der Popularität der Idee gründete die Initiative um Sprecher Volker Sellmeier einen Verein und begann mit den Planungen. Auch in diesem Jahr können Stuttgarter beim Bürgerhaushalt wieder über die Surfwelle abstimmen – und zwar vom 12. März an bis 1. April.