Der Weg zur Arbeit und eigene Freizeitgestaltung gehören zum Leben vieler Gefangener dazu.

Heimsheim - In unserer Serie „Stadt hinter Mauern“ werfen wir einen Blick hinter die Mauern der Justizvollzugsanstalt Heimsheim und stellen die unterschiedlichen Arbeitsbereiche und Abteilungen einmal genauer vor. Mitarbeiter berichten von ihren Aufgaben und ihren Erfahrungen und von den Herausforderungen des Gefängnisalltags. Heute: Der Vollzug in seinen unterschiedlichen Facetten.

 

Es ist 5.40 Uhr. Für die meisten Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Heimsheim beginnt spätestens jetzt der Alltag. Ein Frühdienstbeamter beginnt mit dem Aufschließen der Zellen und überprüft, ob die Gefangenen alle da und am Leben sind. Dann wird das Frühstück ausgeteilt.

Um 6.10 Uhr ist bereits das Arbeiterabrücken. Alle Gefangenen, die in den Werkbetrieben der JVA arbeiten, gehen dann geschlossen und unter Aufsicht in den großen Komplex, in dem sich unter anderem die Druckerei und die Schlosserei befinden. Ihre Abwesenheit wird in der Regel auch dafür genutzt, die Zimmer der Gefangenen zu durchsuchen. Mittags kommen die Männer zurück in ihre Zellen zum Essen, am Nachmittag geht es wieder zur Arbeit.

Abgesehen von den stets verschlossenen Türen ein relativ normaler Arbeitstag. Der endet allerdings nicht wieder direkt in der Zelle. Jeder Gefangene hat Anspruch auf eine Stunde Hofgang und eineinhalb Stunden zusätzlich Freizeit außerhalb seiner Zelle, die er einigermaßen individuell gestalten kann. Da gibt es zum Beispiel die Freizeitgruppen, die von Ehrenamtlichen angeboten werden, in jedem Stockwerk gibt es außerdem Küchen für die gemeinsame Nutzung sowie kleine Freizeiträume.

So in etwa sieht ein üblicher Wochentag im klassischen Regelvollzug aus, wie ihn viele wahrscheinlich vor Augen haben, wenn sie an das Leben im Gefängnis denken. Wobei es auch hier natürlich Ausnahmen gibt. Wer arbeitsunfähig ist, krank oder im Rentenalter, muss natürlich nicht in die Betriebe gehen und bleibt auch tagsüber die meiste Zeit in seiner Zelle. Andere arbeiten in der Wäscherei oder in der Küche und haben andere Arbeitszeiten. Wieder andere gehen statt zur Arbeit zum Schulunterricht. Wenn es gerade keine ausreichenden Arbeitsangebote gibt, bekommen die davon Betroffenen Ausgleichsangebote im Sport.

Doch es gibt noch ganz andere Arten des Vollzugs. Nicht wenige Gefangene sind drogenabhängig und müssen von den anderen separiert werden. Oder sie sind gefährlich und benötigen deshalb besondere Aufsicht. Je nach Abteilung und Stockwerk zeigt sich dann ein ganz eigenes Bild vom Vollzug, und es herrschen zum Teil ganz unterschiedliche Bedingungen.

Ein Leben in Abhängigkeit

Die Zahl der Drogensüchtigen im Gefängnis ist hoch. Verständlich, dass in der JVA Heimsheim sogar ganze Abteilungen allein auf das Thema Drogensucht ausgerichtet sind. So gibt es zum Beispiel eine Therapie-Vorbereitungsabteilung für Männer, die von den Drogen wegkommen wollen. „Die werden hier von den anderen separiert“, erklärt der Vollzugsbeamte Marco Hietscholt, Leiter der Abteilung. „Denn Dealer suchen die Süchtigen sonst gezielt auf.“ Auf dem gleichen Stockwerk befindet sich die sogenannte Substituiertenabteilung. Dort leben heroinsüchtige Gefangene, die für einen direkten Entzug ungeeignet sind und die deshalb Ersatzdrogen wie Methadon erhalten, – mit dem langfristigen Ziel, die Einnahme nach und nach zu reduzieren. Manche bleiben jedoch ein Leben lang auf die Ersatzdrogen angewiesen.

Seit wenigen Wochen gibt es für die Betroffenen eine eigene Abteilung, vorher waren sie über die übrigen Stockwerke verteilt. „Da musste man sie immer einzeln einsammeln, das war fast schon so eine Art Völkerwanderung“, formuliert es Marco Hietscholt. „Jetzt bekommen sie das Methadon alle an einem Platz, das bringt sehr viel weniger Unruhe.“ Das Verhalten der Männer in der Substitution kann ganz unterschiedlich sein, hat Hietscholt die Erfahrung gemacht: „Da sind einige dabei, die das so weit im Griff haben, dass sie ganz normal arbeiten gehen und ihren Alltag gemeistert kriegen.“ Genauso gebe es die ganz Lethargischen, die nicht arbeiten können und deren Alltag sich allein um die Frage dreht, wie sie doch irgendwie an Drogen kommen. „Mit denen kann man auch keine Absprachen treffen wie mit anderen Gefangenen, das macht die Zusammenarbeit kompliziert.“