Konkurrenz mit freien Betrieben ist kaum ein Thema. Die geringe Bezahlung stößt aber auf Widerstand.

Heimsheim - In unserer Serie „Stadt hinter Mauern“ werfen wir einen Blick hinter die Mauern der Justizvollzugsanstalt Heimsheim und stellen die unterschiedlichen Arbeitsbereiche und Abteilungen einmal genauer vor. Mitarbeiter berichten von ihren Aufgaben und ihren Erfahrungen und von den Herausforderungen des Gefängnisalltags. Heute: Arbeit hinter Gittern.

 

Wie kaum ein anderes System innerhalb des Strafvollzugs steht das Arbeitswesen auch in der Kritik. Dabei ist der Wettbewerb auf dem freien Markt, anders als man es erwarten könnte, weniger ein Problem. Denn die JVA wird vom Staat betrieben, trotzdem konkurrieren ihre Produkte und Dienstleistungen mit ganz normalen Betrieben. Eine nicht ganz einfache Situation. Der Heimsheimer VAW-Geschäftsführer Lars Klapper betont: „Wir betreiben hier kein Lohndumping“, die Preise der JVA-Betriebe seien vergleichbar mit denen in Freiheit. „In der Region sind wir gut vernetzt und unterstützen kleine Betriebe zum Teil auch und arbeiten zusammen.“

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart kann das bestätigen. „Wir gehen davon aus, dass sich das VAW mit seinen Angeboten bei Produktion und Preis an Wettbewerbsbedingungen hält und somit IHK-Mitgliedsbetrieben keine unfaire Konkurrenz entsteht“, sagt eine Sprecherin der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart. „Angesichts des Fachkräftemangels könnten Unternehmen davon profitieren, dass Insassen Tätigkeiten erlernen und Qualifikationen erwerben, die sie später im Berufsleben einsetzen können.“

Gewerkschaft setzt sich für Gefangene ein

Was dagegen tatsächlich auf massive Kritik stößt, sind der Umstand, dass die Gefangenen oft keine Wahl haben, ob sie arbeiten oder nicht, sowie die niedrige Bezahlung. Wohl der größte Kritiker ist die Gefangenengewerkschaft, eine bundesweite Organisation, die sich für Arbeiter in Gefangenschaft einsetzt. „Wir sagen, wenn ein Gefangener etwas für eine externe Firma produziert, dann muss er den Mindestlohn erhalten“, erklärt Manuel Matzke, Bundessprecher der Gefangenengewerkschaft. „Sie leisten hier immerhin die gleiche Arbeit wie andere.“ Welchen Lohn die Insassen erhalten, ist von Bundesland zu Bundesland verschieden, innerhalb eines Landes aber einheitlich. Mit dem Mindestlohn hat die Bezahlung grundsätzlich wenig zu tun.

Dass die Insassen dafür nichts für Unterkunft und Verpflegung ausgeben müssen, ist für Manuel Matzke kein Argument. „Diejenigen könnten stattdessen entsprechende Haftkosten zahlen, das wäre alles umsetzbar.“ Nicht nur wäre das ein wichtiges Signal für die Betreffenden, nämlich, dass Arbeit sich lohnt. „Mindestlohn bedeutet aber auch die Einbeziehung in die sozialen Leistungssysteme“, sprich: Rentenkasse, Krankenversicherung und so weiter. Dass die Gefangenen dann auch ganz andere Möglichkeiten zur Entschädigung der Opfer haben, machten sich viele dabei auch nicht klar.

Klischee vs. Realität

Klischee
Gefangene sind Zwangsarbeiter.

Realität
Auch wenn der Gesetzgeber lieber von „Arbeitspflicht“ spricht – die Betitelung ist nicht falsch. Denn wer in einem Gefängnis in Baden-Württemberg arbeitsfähig ist, muss auch arbeiten. Wer sich weigert, muss mit Bestrafungen rechnen, zum Beispiel Kürzung der Freizeit oder der Fernseher des Insassen wird einkassiert. Das Grundgesetz erklärt die Zwangsarbeit für Strafgefangene sogar explizit für zulässig. Die Grenzen zwischen Arbeitspflicht und Zwangsarbeit sind nicht ganz eindeutig. Einige Bundesländer haben die Arbeitspflicht mittlerweile abgeschafft, in Baden-Württemberg herrscht aber die Auffassung, dass eine geregelte Arbeit – in Verbindung mit einem geregelten Tagesablauf und dem Zusammenarbeiten mit anderen – für die Resozialisierung der Gefangenen wichtig ist. Die Gefangenengewerkschaft setzt sich entschieden gegen die Arbeitspflicht ein und fordert eine grundsätzliche Abschaffung.