Die CDU und die Grünen sind grundsätzlich für einen finanziellen Leistungsanreiz – aber sie wollen nur dann im Gemeinderat zustimmen, wenn es ohne zusätzlichen personellen Aufwand möglich ist, die Leistungen der Beschäftigten permanent bewerten zu lassen.

Stuttgart - Im Gemeinderat deutet sich eine Mehrheit für die Einführung eines Bonus-Systems in der Stadtverwaltung ab. Sowohl die Grünen als auch CDU und Freie Wähler halten es im Grundsatz für gut, engagierte Mitarbeiter besser zu bezahlen als Kollegen, die nur die von ihnen verlangte Leistung „mittlerer Güte“ erbringen. Allerdings machen die Fraktionssprecher die Zustimmung zum Vorhaben von Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) davon ab, dass es ohne zusätzlichen personellen Aufwand möglich ist, die Leistungen der Beschäftigten permanent bewerten zu lassen. Die Freien Wähler gehen noch weiter und fordern zusätzliche Mittel für die Motivationsspritzen, damit bei der Beurteilung durchgefallene Mitarbeiter nicht weniger Geld bekommen als heute.

 

Seitdem die Tarifpartner das Leistungsentgelt 2008 erstmals beschlossen haben, schüttet die Stadt das fürs Bonussystem gedachte Geld pauschal zu 100 Prozent aus – mit der „Gießkanne“. Der Gesamtpersonalrat (GPR) vertritt die Auffassung, der Aufwand für eine differenzierte und gleichzeitig leistungsgerechte Ausschüttung stünde in keinem Verhältnis zum Nutzen – diese Erkenntnis war irgendwann einmal auch bei Wölfles Vorgänger Klaus-Peter Murawski gereift. GPR-Chef Markus Freitag sagt, bei einer Einführung des Leistungsentgelts bekämen einige Mitarbeiter weniger als bisher. Die Ungleichbehandlung verschlechtere das Betriebsklima und die öffentliche Dienstleistung würde leiden. Das Personal würde eher motiviert, wenn man die Rahmenbedingungen verbessere.

Karlsruhe zahlt einen Bonus von 800 bis 1000 Euro im Jahr

Bürgermeister Wölfle hat die Kritik des GPR zurückgewiesen und betont, er habe nur eine Debatte angeschoben; unter anderem damit, dass er Erkenntnisse anderer Kommunen kommuniziert. So fahre etwa Karlsruhe sehr gut mit der Sonderzahlung, die sich überschlägig auf etwa 800 bis 1000 Euro brutto im Jahr beschränkt. Dort würden 97 Prozent der Beschäftigten ein Leistungsentgelt erhalten. Verärgert reagiert der Bürgermeister auf Andeutungen, die kommunalen Führungskräfte seien nicht ausreichend kompetent und/oder nicht willig, die Arbeitsleistung ihrer Untergebenen zu bewerten. Am Dienstag werden die Protagonisten im Personalbeirat erstmals miteinander über das Thema diskutieren.

Die stärkste Fraktion im Rathaus will das Thema „ergebnisoffen“ diskutieren. Man halte leistungsbezogene Komponenten „für ein interessantes Instrument“, meint CDU-Chef Alexander Kotz. Allerdings nur, falls der Aufwand in einem richtigen Verhältnis zum Nutzen und der Höhe des leistungsbezogenen Anteils der Vergütung steht. Die Union verlangt Erfahrungsberichte anderer Kommunen. So sieht es auch Peter Pätzold von den Grünen. Er weist darauf hin, dass der Gemeinderat bisher de facto auf die Einführung der im Tarifvertrag verankerten Zulage verzichtet habe und schließt daraus, dass es erlaubt sei, nun über eine Änderung nachzudenken, denn generell sei es ein gutes Mittel, „um verdiente und engagierte Mitarbeiter auch über einen ideellen Dank hinaus eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen“. Da andere Kommunen dieses Instrument anwenden würden, müsse ja etwas dran sein.

SPD, FDP und Freie Wähler sind gegen die Leistungsprämie

Auch Rose von Stein (Freie Wähler) glaubt, die Belegschaft durch finanzielle Anreize motivieren zu können. Der Ansatz sei „richtig und nachvollziehbar“, schließlich müsse es Engagierte frustrieren, nicht mehr Geld zu bekommen als weniger Ambitionierte. So könne man Mitarbeiter bei der Stange halten, die bei mangelnder Qualifikation keine oder nur geringe Beförderungschancen hätten. Von Stein betont aber, dass dieser Paradigmenwechsel in der Verwaltung nicht zu Lasten einzelner Mitarbeiter erfolgen könne: „Es ist ausgeschlossen, dass künftig jemand weniger bekommt als heute, damit andere mehr bekommen.“

Skepsis äußerte FDP-Chef Bernd Klingler wegen des hohen Aufwands für die Bewertung; er werde dies aber noch in der Fraktion besprechen. Ablehnend stehen dagegen SPD und SÖS/Linke Plus dem Plan gegenüber. Auch die Sozialdemokraten wollten motivierte Mitarbeiter, sagt Stadtrat Udo Lutz, der bei seinem Arbeitgeber Bosch seit vielen Jahren mit derlei Modellen konfrontiert ist. Man sei aber der Ansicht, dass eine Politik des Gehörtwerdens am Arbeitsplatz, ein störungsfreier Betrieb sowie verständnisvolle und die Teamarbeit fördernde Dienstvorgesetzte die Beschäftigten stärker motiviere als eine in unterschiedlicher Höhe ausgeschüttete Prämie. Lutz weist zudem auf die Schwierigkeit hin, in der Verwaltung überhaupt Kriterien zu finden, mit der die Leistungen bemessen werden können.

Linke-Chef Thomas Adler sagt, seine Fraktionsgemeinschaft teile die Ansicht des Personalrats; er fordert, für diese Wahlperiode beim alten System der Pauschalvergütung zu bleiben. Der Aufwand für die Bewertung stehe „in keinem Verhältnis zum hypothetischen Nutzen“. Wegen fehlender Kriterien müssten „Nasenprämien“ verteilt werden – der Vorgesetzte entscheide also nach Sympathie. Falls die Motivation der Belegschaft als unterdurchschnittlich betrachtet würde, liege das nicht am Mangel an Boni, sondern an der dünnen Personaldecke. Die bisher im Raum stehenden 31 Stellen für die Bewältigung des Verwaltungsaufwands zur Bewertung des Personals seien anderswo sinnvoller eingesetzt.