Die Landeshauptstadt muss die Eröffnung des neuen Rosensteintunnels bei der Wilhelma von 2020 auf 2021 verschieben. Die Schuld weist sie der maßgeblichen Baufirma zu. Deren Chef sieht es ganz anders.

Stuttgart. - Wer ist schuld daran, dass es bei den Bauarbeiten für den neuen Autotunnel unter der Wilhelma viel zu langsam voran geht? Darüber ist nun ein öffentlicher Streit ausgebrochen – nachdem sich die Stadtverwaltung und die Baufirma Wolff & Müller Ingenieurbau GmbH bereits früher über Verzögerungen bei einem Bauabschnitt am Leuze-Knoten gestritten hatten.

 

Thomas Escher, der Geschäftsführer des Unternehmens, wies am Mittwoch auf Nachfrage unserer Zeitung Vorwürfe aus dem Rathaus zurück. Man sei zwar etwa 18 Monate in Verzug, aber nicht, weil man zu langsam gearbeitet oder zu wenig Arbeiter und Geräte eingesetzt hätte. Ursache seien vielmehr Planungsmängel und mangelhafte Erkundung des Baugrunds seitens der Stadt. Zudem habe die Stadt Stuttgart in Zusammenhang mit Planänderungen, die bei solchen Projekten in gewissem Umfang unumgänglich seien, „Entscheidungen nicht oder nur mit großer zeitlicher Verzögerung getroffen“. So bald man die nötigen Entscheidungen und Baufreigaben habe, „können und werden wir mit allen Mittel versuchen, Zeit aufzuholen“, sagte Escher, dessen Unternehmen hier in einer Arbeitsgemeinschaft mit der Marti Deutschland GmbH und der Marti Tunnelbau AG tätig ist. Er hoffe, dass es nicht wieder zu einem Rechtsstreit mit der Stadt komme.

Tiefbauamt hält Verzögerungen bis Herbst 2021 für möglich

Zuvor hatte Technik-Bürgermeister Dirk Thürnau (SPD) unserer Zeitung gesagt, es gebe Probleme beim Zeitplan für den B-10-Autotunnel zwischen Pragsattel und Neckarknie beim Mineralbad Leuze. Der Bürgermeister hat sich notgedrungen vom Plan verabschiedet, den Rosensteintunnel im vierten Quartal 2020 freizugeben. Das Bauwerk werde aus heutiger Sicht frühestens Mitte 2021 in Betrieb gehen können – obwohl die Stadt ihre Forderungen nach Beschleunigung der Arbeiten mit allem Nachdruck bei der Wolff & Müller Ingenieurbau GmbH anmelden will. Zuvor hatte man im Tiefbauamt schon errechnet, dass es auch Herbst 2021 werden könne, wenn die Baufirma nicht konstruktiv mitwirke.

Die Verwaltung kritisiert, die Bauarbeiten „im Verantwortungsbereich der Firma Wolff & Müller innerhalb der Arbeitsgemeinschaft B 10-Rosensteintunnel“ würden sich seit Monaten hinschleppen. Dabei geht es um den Bereich am Tunnelende in der Neckartalstraße und den Innenausbau.

Bei Gericht ist bereits ein Rechtsstreit anhängig

Um den Tunnel 2020 eröffnen zu können, hat das Tiefbauamt für eine Interimsphase bereits einen anderen Wendebereich für Autofahrer von der Uferstraße in Richtung B 14 und Innenstadt geplant. Das rührt daher, dass es auch schon im Baubereich B 10/B 14 beim Mineralbad Leuze Bauverzögerungen gegeben hatte, die Stadt den Bauvertrag mit Wolff & Müller gekündigt und den Zeitplan für den Leuze-Knoten um zwei Jahre bis Ende 2023 verlängert hatte. Seit der Kündigung im März 2017 gibt es einen Rechtsstreit. Das Unternehmen macht Nachtragskosten in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe geltend – wegen „Planänderungen während der Baumaßnahme“. Die Stadt wies die Forderung zurück und will ihrerseits knapp 13 Millionen Euro aus einer Abschlagszahlung zurück.

Wie sich die Kosten für die Gesamtmaßnahme Rosensteintunnel und Leuze-Knoten entwickeln werden, ist unklar und hängt auch von den Rechtsstreitigkeiten ab. Zuletzt war die absehbare Summe auf fast 300 Millionen Euro gestiegen. Beim Projektstart im Jahr 2012 waren gut 190 Millionen Euro veranschlagt.